Erstmals seit Dezember Schüler in Zöschen können wieder gemeinsam im Unterricht sitzen
Der Stoff ist bis zu den Ferien dennoch nicht mehr zu schaffen.
Zöschen - Wieder mit der ganzen Klasse Unterricht zu haben, sei schön, sagt Lisa Goldberg-Knura, aber auch anstrengend: „Man ist es gar nicht mehr gewohnt, in so großen Gruppen zusammenzusein.“ Seit Dezember saß ihre achte Klasse nicht mehr gemeinsam in der Gemeinschaftsschule Zöschen. Kontakt gab es nur in den Gruppen des Wechselunterrichts oder über Videochats. Von Mitte April bis zu den Pfingstferien war die Schule, wie alle im Kreis, wegen der hohen Inzidenz komplett dicht. Fernunterricht. Seit Montag nun dürfen oder müssen die Schüler erstmals seit einem halben Jahr wieder täglich zum Unterricht kommen.
Endlich wieder Schule: „Die Motivation war jetzt wirklich am Boden“
Schulleiter Henrik Amende hat die erste Gelegenheit, die sich ihm bot, genutzt, um wieder den Regelbetrieb auszurufen – natürlich mit Hygienemaßnahmen wie Tests und Masken im Gebäude. „Die Schüler brauchen das“, begründet der Pädagoge. „Die Motivation war jetzt wirklich am Boden.“ Das hätten alle berichtet: Schüler, Lehrer, Eltern. Die Jugendliche hätten weniger der gestellten Aufgaben abgegeben, die Qualität sei gesunken. Ihnen habe einfach ein geregelter Tagesablauf gefehlt. „Wir haben hier eben nicht 300 Schüler, die alle lernwütig sind.“
Lisa und ihre Klassenkameradin Melina Dittmer zeigen beide durchaus Lernbereitschaft. Bei der Bewertung der vergangenen Monate sind sie sich allerdings uneins. Melina kann dem Heimunterricht deutlich mehr abgewinnen. Sie habe sich zu Hause ihren Alltag gebaut, die Aufgaben so gut es ging erledigt, notfalls die Eltern gefragt. Oder man habe sich über Videochats unter den Schülern gegenseitig geholfen. „Es hat mein Lernverhalten verändert. Man weiß, dass man Aufgaben nicht aufschieben kann.“ Mit der Zeit sei der Fernunterricht zur Normalität geworden.
Homeoffice mit Internetproblemen und viel Ablenkungen
Lisa widerspricht vehement: „Ich finde, es ist immer schwieriger geworden. Mir fehlte von Anfang an, seit wir Corona haben, die Motivation. Mathe verstehe ich zum Beispiel nicht ohne Erklärung. Da brauch ich einen Lehrer, der es erklärt.“ Beim ersten Lockdown hätten sich viele Mitschüler noch gefreut, dass keine Schule ist. Jetzt seien viele Schüler an dem Punkt, an dem sie merken, dass es ohne schwer ist. „Man merkt, dass die Lehrer doch nicht so doof sind.“ Man habe sie gar vermisst, erzählt Lisa.
Sie ist wegen Internetproblemen zu Hause und der Sorge, dass sie dort den vielen Ablenkungen erliegen würde, selbst im jüngsten Lockdown täglich nach Zöschen gefahren, um die Aufgaben zu erledigen. Teilweise saß die Teenagerin mit ihrer Schwester und Schulleiter Amende allein in der Schule. Der erklärt, dass man in den verbleibenden Wochen zwar Zurückhaltung bei der Benotung üben wolle, ansonsten aber bis zu den Sommerferien voll mit dem Unterricht durchziehe. Es gilt, viel Stoff aufzuholen. Lisa und Melina berichten, dass sie in Mathe sogar noch Inhalte aus der siebten Klasse nachholen müssen.
„Die Motivation zur Schule zu gehen, ist größer als früher“
In anderen Fächern sei es nicht ganz so gravierend. „Aus dem zweiten Halbjahr ist wenig da“, schätzt der Schulleiter ein: „Die Kollegen versuchen jetzt, Schwerpunkte zu setzen, um das, was besonders wichtig ist, noch rüberzubringen.“ Er rechnet jedoch damit, dass es mindestens ein Jahr dauern wird, die Rückstände aufzuholen. Bei den jetzigen Neunten werde es schwer, dass vor dem Abschluss noch zu schaffen.
Für jene Schüler, die beim Lernen zu Hause besonders große Probleme hatten, bietet die Gemeinschaftsschule seit Montag Förderunterricht an. Über ein Sonderbudget des Landes bindet die Schule Externe, die nun in Kleingruppen von maximal vier Schülern, Nachhilfe in den Kernfächern geben sollen. Während der regulären Unterrichtszeit. Die Schüler würden aus anderen Fächern wie Musik rausgenommen: „Das ist zu verkraften“, sagt Amende, der froh darüber ist, dass endlich wieder halbwegs normales Leben in seine Schule eingekehrt ist. Eine geteilte Freude, denn zumindest in diesem Punkt sind sich Lisa und Melina einig: „Die Motivation zur Schule zu gehen, ist größer als früher.“ (mz)