Schloss Dieskau Schloss Dieskau: Die Rückkehr einer alten Adelsfamilie

Dieskau - Eine Oase der Ruhe und ländlichen Beschaulichkeit, wie man sie heutzutage in Großstadtnähe kaum vermutet, finden Besucher unweit von Halle im Schloss Dieskau.
Gerade der ausgedehnte Landschaftspark, der gerne auch als „kleiner Bruder“ des Wörlitzer Parks bezeichnet wird, zählt zu den bedeutendsten Gärten aus der Zeit der Aufklärung in Sachsen-Anhalt.
Gleichzeitig lässt sich bei einem Besuch in Dieskau aber eine Geschichte von Verfall und Aufbau nachvollziehen. Eine Geschichte, die für Thymo von Rauchhaupt noch lange nicht abgeschlossen ist.
Als Besitzer des Schlosses ist er seit fast 20 Jahren darum bemüht, die dreigeschossige Renaissance-Anlage in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Was nicht einfach ist, wenn man bedenkt, in welchem Zustand sich das Bauwerk noch Jahre nach der Wende befand.
„Als mir das Schloss 1997 zum Kauf angeboten wurde, war die gesamte Anlage eigentlich eine Ruine. Die Gemeinde dachte gar über einen Abriss nach“, sagt der Schlossherr.
Dass er dennoch das Wagnis einging und sich dem Mammutprojekt widmete, dies führt von Rauchhaupt in erster Linie auf seine Familiengeschichte zurück
Eine prägende Adelsfamilie
Nur wenige Adelsgeschlechter prägten das ländliche Umland von Halle über Jahrhunderte so wie die Familie von Rauchhaupt. Orte wie Reideburg, Oppin und Hohenthurm gehörten zu ihrem Besitz.
Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verließ ein Teil der Adelsfamilie die alte Heimat, und noch kurz vor der politischen Wende im Herbst 1989 dachte kaum einer an eine Chance, hierhin noch einmal zurückzukehren – auch nicht Thymo von Rauchhaupt.
Der Fall der Mauer änderte dies. Und so begann der studierte Gemälde- und Möbelrestaurator den Traum vom eigenen Schloss zu leben. Doch trotz aller Bemühungen war es ihm und seiner Familie nicht möglich, eines jener Schlösser zu erwerben, die sich einst im Besitz der Familie befanden.
„Dann kam das Angebot, Schloss Dieskau zu kaufen, und ich musste nicht lange überlegen, das Schloss wieder flott zu machen.“ Inzwischen gibt es ein Restaurant und regelmäßig Veranstaltungen – von Konzerten bis zu Führungen. Letztere sind allerdings nur nach Voranmeldung möglich.
Bei einem Rundgang bekommt man Einblick in die Geschichte des Gemäuers, dem man bis heute die Wunden der Zeit deutlich ansieht. So gelangt man während eines Rundgangs nicht nur in die intakten Räumlichkeiten des Untergeschosses, auch präsentiert der Hausherr die Teile der Anlage, in denen gerade die Frevel der jüngeren Vergangenheit noch überdeutlich sichtbar sind.
Im Ostflügel etwa ließ die Jugendorganisation FDJ, die aus dem Schloss ein Schulungsheim machen wollte, Betondecken einziehen. Auf die historische Bausubstanz wurde dabei nicht geachtet. „Zum Glück kann man sagen, hat die Wende noch viel Schlimmeres verhindert“, sagt von Rauchhaupt.
Kulturhistorische Höhepunkte
So sind, wenn auch noch nicht restauriert, die kulturhistorischen Highlights im Südflügel von diesen Maßnahmen verschont geblieben. Das Schloss Dieskau birgt etwa die älteste gotische Blockstube in Sachsen-Anhalt sowie einen Raum mit einzigartigem Deckenstuck, dessen zwölf kassettierte Felder religiös-emblematische Darstellungen zeigen.
Auch legen regionale Überlieferungen den Schluss nahe, dass die Mutter Georg Friedrich Händels, Dorothea Taust, 1651 in der Hauskapelle getauft worden ist.
Wie das Schloss, das heute im Rohbau zu Dreivierteln fertig gestellt ist, einmal aussehen kann, wenn die Restaurierung abgeschlossen ist, davon zeugen die Räumlichkeiten im Westflügel.
Etwa der Rote Salon, der Teil der Gastronomie ist. Hier empfängt Familie von Rauchhaupt dienstags bis sonntags ihre Gäste. Bei gutem Wetter ist die große Terrasse vor dem Restaurant-Café mit Blick in den Park ein besonderer Anziehungspunkt.
Und auch wenn Park und Schloss bezüglich der Eigentumsverhältnisse heute keine Einheit mehr bilden, gehören sie als Ensemble doch untrennbar zusammen.
Große Parkanlage
In der Epoche der Aufklärung, zwischen 1778 bis 1784, entstand die 67 Hektar große Parkanlage. Die berühmten Wörlitzer Anlagen standen Pate bei der Gestaltung.
Vor allem ging es dem Erbauer Carl Christoph von Hoffmann um die Realisierung eines neuen, bürgerlichen Lebensstils. So ließ er antike und moderne Elemente verbinden, kombinierte den damals dominierenden englischen Stil mit fernöstlichen Motiven.
Die Aue des Reidebaches wurde geschickt eingebunden und durch naturnah angelegte Teiche, in denen bis heute Fische gezüchtet werden, betont.
Nach 1945 verwilderte das Kleinod. Doch seit 1998 wird der Park durch die Gemeinde wie den Förderverein „Park Dieskau“ wiederhergestellt. So können Besucher heute wieder einen Eindruck davon gewinnen, wie sich der preußische König Friedrich Wilhelm III. nebst Gemahlin Louise gefühlt haben muss, als er im Jahr 1799 durch den mit Urnen, Kleinarchitekturen und Obelisken versehenen Park wandelte. Es muss eben nicht immer nur Wörlitz sein, wenn man einen Gartentraum erleben will.
