Milchviehanlage Steigra Milchviehanlage Steigra: Moderne Technik hält Einzug im Stall

Jüdendorf - Das Kalb mit der Marke 05771 am Ohr hat Durst. Es begibt sich gemächlich in eine Box am Rande des Geheges, denn dort steht die elektronische „Kälbermama“. Der Fütterungsautomat erkennt anhand des Mikrochips im Halsband des Kalbs, um welches es sich handelt und ob für dieses noch Milchersatz fließen darf. Dann rattert der Automat los, mischt die Ration Milch an, schiebt einen Nuckel raus und das Kalb kann loszutschen.
Die „Kälbermama“ ist eine von mehreren technischen Neuerungen, die das Agrarunternehmen Steigra im Zuge der Sanierung der Milchviehanlage in Jüdendorf hat installieren lassen. Drei Jahre hat der Umbau des bestehenden Großstalls sowie der Neubau von Kälber- und Jungtierstall bei laufender Produktion gedauert. „Das ist nun alles abgeschlossen“, sagt Thomas Lappstuch, Geschäftsführer des Genossenschafts-Unternehmens. Mehrere Millionen Euro wurden investiert, um die Anlage zukunftsfähig zu machen. Dabei standen das Tierwohl, die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter und Umweltauflagen im Fokus.
„Wir standen vor der Entscheidung, die Anlage zu sanieren oder zu schließen“
„Wir standen vor der Entscheidung, die Anlage zu sanieren oder zu schließen“, sagt Thilo Wille, Lappstuchs Vize. „Die Bedingungen für Tier und Mensch waren nicht mehr zeitgemäß“, fügt Karin Heinichen, Leiterin der Milchproduktion, an. Beispielsweise hätten Mitarbeiter fast sieben Stunden zum Melken gebraucht. „Und das war auch Stress für die Tiere“, sagt sie weiter. Darum wurde das alte Melkkarussell durch ein neues ersetzt. Statt zuvor 26 Plätzen stehen nun 40 zur Verfügung. „Die Melkzeit hat sich halbiert“, erklärt Lappstuch.
Außerdem hätten sich Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter verbessert - etwa, dass sie nun auf einer höhenverstellbaren Arbeitsbühne stehen. In dem neu geschaffenen Anbau, in dem sich das Melkkarussell befindet, wurden auch Umkleide- und Aufenthaltsräume sowie Duschen für die Angestellten geschaffen. Durch die verkürzte Melkzeit konnten laut Heinichen die Arbeitszeiten attraktiver gestaltet werden. „Die eine Hälfte ist nun fürs Melken reserviert, die andere für die Tierbetreuung“, sagt sie. Wille fügt an: „Es gibt jetzt bei uns keinen reinen Melkplatz mehr.“ Die Arbeit sei abwechslungsreicher geworden.
Umbauarbeiten am und im Stall haben die Kühe live miterlebt
Die Umbauarbeiten am und im Stall haben die Kühe live miterlebt. „Wir dachten am Anfang, wir müssen sie vor Lärm und Dreck abschotten“, so Heinichen. Nach zwei Tagen hätten die Tiere die Schutzfolien allerdings heruntergerissen. „Sie wollten aus einer gewissen Distanz zusehen.“ Zusehen, wie durch das Entfernen von Mauern ein offener und lichtdurchfluteter Stall entsteht.
Ursprünglich sei der Stall als sogenannter Warmstall errichtet worden, ausgelegt für 1.200 Tiere, sagt Wille. Die Tierzahl habe man nun um 500 reduziert, um größere Bewegungsräume für die Kühe zu schaffen. Das sei förderlich für die Gesundheit der Tiere, so Heinichen. Zudem wurden Liegematten im Stall erneuert, die der Weide nachempfunden sind. Dank installierter Tageslichtlampen scheint für die Kühe im Stall die Sonne. Sollte es zu sehr regnen oder viel Wind gehen, reagieren die automatischen Rollos. Und ein Fütterungscomputer stellt aller paar Stunden das Futter bereit.
Die veränderten Haltungsbedingungen sollen auch zu einer Leistungssteigerung bei der Milchmenge führen. Und die habe sich mittlerweile schon erhöht, so Heinichen. Derzeit geben die Kühe ihren Angaben zufolge 18.000 Liter Milch täglich.
„Der Betrieb ist für die Zukunft fit gemacht worden - so, dass er noch mindestens 20 Jahre bestehen kann“, sagt Wille, der den Umbau maßgeblich begleitet hat. (mz)

