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Fußball Fußball: Von Ajax nach Farnstädt

Von Michael Bertram 15.07.2013, 18:51

Farnstädt/MZ - Nur mit Shorts und Badeschlappen bekleidet schleicht Heiner Backhaus aus der Kabine zurück auf den Platz. Er lächelt, klopft einigen Mitspielern nach dem gelungenen Einstand bei seinem neuen Verein, dem Landesligisten SV Blau-Weiß Farnstädt, ganz lässig auf die Schultern - von Starallüren keine Spur.

Dabei könnte der 31-Jährige ganz anders auftreten, hat der Ex-Bundesligaspieler doch bereits in vier Ländern die Meisterschaft gewonnen, die Champions-League-Quali gespielt und in einem Supercup sogar den damaligen italienischen Pokalsieger Juventus Turin geschlagen. Backhaus ist ein Weltenbummler, spielte seit 1998 bei rund 20 Vereinen aus zehn Ländern.

„Ich bin ein Alphatier und damit hatten einige Trainer sicherlich ein Problem“, gibt der im Ruhrpott aufgewachsene Fußballer zu. „Vielleicht wollten mich deshalb auch einige wieder loswerden.“ Backhaus lächelt, betont zugleich, bei keinem Verein ernsthaft Schwierigkeiten gemacht zu haben. „Ich wollte einfach immer raus und weit weg“, erzählt er.

"Sprachprobleme hatte ich nie"

Seine Reise um die halbe Welt beginnt bereits mit elf Jahren, als er dem Elternhaus, in dem er es alles andere als leicht hatte, den Rücken kehrt und ins Jugendinternat von Schalke 04 geht. Dort lernt Backhaus das Kicken und steigt sogar zum Junioren-Nationalspieler auf. Als die Knappen Oliver Reck von Werder Bremen verpflichten wollen, schicken sie Backhaus im Tausch an die Weser - seine „schlimmste Auslandsstation“, wie er heute scherzhaft erzählt. „Wenn man im Pott mit Multikulti aufgewachsen ist, dann kommt man mit den kühlen Hanseaten einfach nicht klar“, erklärt er.

Umso dankbarer ist Backhaus, als er nach Australien ausgeliehen wird, wo er mit Melbourne Victory prompt die Meisterschaft holt. Mit dem Titel im Gepäck startet der Nachwuchsspieler in Deutschland einen zweiten Anlauf, im Profibereich Fuß zu fassen, was ihm 2001 gelingt: Nach seinem Zweitligadebüt für Hannover 96, wechselt er ein Jahr später zum Ligakonkurrenten Union Berlin. Doch Backhaus kann sich wieder nicht durchsetzen. Ihn zieht es erneut ins Ausland, diesmal nach Zypern. Später sollen weitere Stationen in Hongkong, Vietnam, Saudi-Arabien und im Libanon folgen. „Sprachprobleme hatte ich nie“, sagt der Mittelfeldspieler, der schon als Kind von gleichaltrigen Spielkameraden mit Migrationshintergrund Italienisch und Griechisch gelernt habe. Heute spricht Backhaus neben seiner Muttersprache zudem noch Englisch, Spanisch, Portugiesisch und Holländisch.

Seine schönste Zeit erlebt Backhaus beim FC Valetta in Malta, wo er von den Fans verehrt wird. Als Stammspieler führt er das Team 2008 nach Jahren wieder zum Titel. Bei einem Pokalsieg gegen das mit Stars wie Buffon und Del Piero gespickte Juventus Turin, erzielt Backhaus zudem einen wichtigen Elfmeter. „Als ich ging, begleiteten mich die Fans mit einem Autokorso zum Flughafen“, erinnert er sich an einen „Gänsehaut-Moment“. Diesen erlebt er auch, als er vor 40 000 fanatischen Zuschauern mit dem libanesischen Spitzenklub Al Nejmeh die Qualifikation für die Champions League spielt.

"Die Ansprüche der Zuschauer dort sind riesig"

„Früher waren Ausländer in diesen Ländern begehrte Exoten“, sagt Backhaus. „Heute wirst du nur noch geholt, wenn du wirklich besser bist als ein Einheimischer.“ Dass man ihn für seine Meistertitel in Malta, Zypern, Hongkong und Australien belächelt, könne er nicht nachvollziehen. „Die Ansprüche der Zuschauer dort sind riesig, wenn du nur einen Fehlpass spielst, geht schon ein Raunen über die Tribüne“, erzählt er.

In den vergangenen Jahren ist der Weltenbummler sesshaft geworden, spielte bis auf seinen letzten Klub, Rabat Ajax aus Malta, bei drei Vereinen in Leipzig, wo er seinen Lebensmittelpunkt hat. „Ich mag die Menschen und fühle mich hier sehr wohl“, sagt Backhaus. Bleibt nur zu hoffen, dass ihm sein Zuhause nicht wieder zu eng wird.