Faustball Faustball: Hier ist man unter sich
MERSEBURG/MZ. - Alles in der Albrecht-Dürer-Halle in Merseburg läuft eigentlich ganz normal ab. Wie bei jeder anderen Sport-Trainingsstunde huschen Kinder durch die Halle, Übungsleiter und Trainer betreuen Gruppen, Eltern sitzen am Spielfeldrand. Die Sportart Faustball, die hier trainiert wird, scheint auf den ersten Blick also nicht so verschieden von anderen Sportarten zu sein. Doch der Schein trügt: Die Altersspanne in der Halle ist breit gestreut. Alle Nachwuchssportler trainieren in dieser einen Übungsstunde gemeinsam. Bei anderen Sportarten benötigen Vereine zwei, drei oder sogar vier Hallenzeiten, um all ihren Nachwuchssportlern ein Training anzubieten.
Dass die Faustballer vom TSV Leuna und MSV Buna Schkopau - übrigens die beiden einzigen Saalekreisvereine, die diese Sportart anbieten - in der einen Hallenzeit alle Nachwuchssportler auf einmal auf dem Parkett haben, kommt nicht von ungefähr. Faustball ist eine Sportart, für die es in Sachsen-Anhalt nicht rosig aussieht.
Günter Krieger (67) vom MSV Buna Schkopau sagt: "Wir sind heute eine unpopuläre Sportart." Seit 1960 spielt er Faustball und steht mit seinen 67 Jahren noch aktiv auf dem Feld. Ganz früher, damit meint er die Zeit vor dem 2. Weltkrieg, habe es allein in Merseburg fünf Faustballvereine gegeben. Heutzutage sei die Atmosphäre sehr familiär.
Das kann Horst Jung (72) , der Faustballer, Trainer und Abteilungsleiter vom TSV Leuna, nur bestätigen. Die Mitgliedergewinnung sei schwierig: "Entweder wir bekommen das Kind, weil die Eltern schon Faustball spielen. Oder wir locken die Eltern zum Faustball, weil die Kinder damit angefangen haben", sagt Jung. Die Faustballabteilung des TSV hat 14 Mitglieder, neun Erwachsene und fünf Kinder.
Lena Giesecke (12) ist eine der 58 Mitglieder, die der MSV Buna Schkopau derzeit hat. Seit etwa viereinhalb Jahren spielt Lena Faustball. "Es macht Spaß", sagt sie, "da kann ich mich richtig auspowern." Handball hat sie mal in der Schule ausprobiert, aber sie blieb dann doch beim Faustball. Bei ihr bestätigt sich die Familiensport-These: "Meine Schwester Conny (9) und meine Mama Susann spielen auch Faustball."
Dass es aber auch anders gehen kann, erzählt Simon Günther (9) vom MSV. Niemand außer ihm spiele in seiner Familie Faustball. Wie er eigentlich dazu gekommen, weiß er nicht mehr. "Es gefällt mir, dass ich mich beim Faustball austoben kann", sagt Simon. Mit seiner älteren Schwester Nancy spiele er ab und zu mal zu Hause, beide machen aber auch noch Karate.
Bevor ihr Sohn Tim (18) mit Faustball begonnen hat, kannte Yvonne Lessing-Giedo (44) die Sportart nicht. Sie habe ihren Sohn damals bei der Schul-Arbeitsgemeinschaft angemeldet. Man müsse keine Sportkanone sein, sagt die 44-Jährige. "Mein Sohn war etwas beleibter", erzählt sie. Es komme beim Faustball auf die richtige Technik an, darum könne man die Sportart von ganz jung bis ins hohe Alter spielen. Und verlernen tue man die Technik auch nicht so schnell. Yvonne Lessing-Giedo musste die Technik auch lernen, denn sie gab ihrem Sohnemann immer fleißig Tipps, bis es dem zu bunt wurde und er die Mutter herausforderte. Ihr Mann begann dann nach ihr. Ebenso "verrückt" ist es bei Familie Vogelpohl, zu der Sarah (14) gehört. Mama, Papa, Bruder: alle spielen beim MSV Buna Faustball. Seit achteinhalb Jahren ist Sarah aktiv. "Ich habe vorher keine andere Sportart gemacht, will ich auch jetzt nicht mehr, denn Faustball macht mir Spaß", sagt sie. Der MSV und der TSV Leuna versuchen gemeinsam einen weiteren Aufwärtstrend in ihrer Sportart zu erreichen - sie kooperieren, bilden im Nachwuchs Spielgemeinschaften. Die Mitgliederzahl habe sich schon verbessert, sagt Jung, ein echter Schub sei es aber noch nicht. Sie versuchen allen Kindern einen Spielbetrieb zu bieten, nehmen weite Fahrtstrecken auf sich, garantieren jedem Kind auch einen Einsatz im Spiel und unterbreiten Ferienangebote. Die Bildung von Schularbeitsgemeinschaften, wie in der Merseburger Johannesschule, habe sich bewährt, so Jung, aber eine verstärkte Werbung sei für den Faustballsport immer noch von Nöten.
Bei Interesse nehmen sie Kontakt zu den Abteilungsleitern auf: Lutz Vogelpohl 0151 / 15 10 47 40 (MSV Buna) und Horst Jung 03461 / 81 14 39 (TSV Leuna)