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Einzige Waldorf-Kita im Saalekreis Einzige Waldorf-Kita im Saalekreis: Warum Matschen hier erwünscht ist

Von Michael Bertram 07.12.2019, 14:00
Jeden Tag gehen die Kinder der Schkopauer Waldorfkita nach draußen. Dort können sie frei spielen und - wenn sie es denn wollen - im Matsch tollen.
Jeden Tag gehen die Kinder der Schkopauer Waldorfkita nach draußen. Dort können sie frei spielen und - wenn sie es denn wollen - im Matsch tollen. Sieler

Schkopau - Gleich mehrmals holt der kleine Junge mit seiner Schaufel aus. Mit Schwung schlägt das blaue Arbeitsgerät auf dem mit riesigen Matschpfützen bedeckten Boden auf. Dreck spritzt durch die Gegend, landet in Gesichtern, auf Händen und den Klamotten. Als unangenehm empfinden das weder die Kinder noch die Erzieher im Waldorfkindergarten in Schkopau. „Die Kinder lieben das und wir gehen mit ihnen jeden Tag bis Mittag raus - egal, ob die Sonne scheint oder es in Strömen regnet“, sagt Leiterin Antje Koch.

Erst seit 2007 gibt es die Einrichtung in Schkopau, ihr pädagogisches Konzept ist deutlich älter: Waldorf feiert in diesem Jahr 100-jähriges Jubiläum. Als der Begründer der Idee, Rudolf Steiner, 1919 für die Arbeiterkinder der Zigarettenfabrik Waldorf Astoria die erste Waldorfschule eröffnete, stellte er das bis dahin etablierte Bildungswesen auf den Kopf.

Bis heute kennen die Waldorfschulen keine Noten

Das Kind und dessen individuelle Entwicklung rückten in den Mittelpunkt. Lernen sollte ohne Druck erfolgen. Bis heute kennen die Waldorfschulen keine Noten und auch kein Sitzenbleiben. Freiheit und Kreativität stehen ganz oben auf dem Lehrplan.

„Auch wir wollen die Kreativität der Kinder fördern“, sagt Antje Koch mit Blick auf ihre Kindertagesstätte. Jeden Morgen, wenn die Kinder nach und nach in der Einrichtung eintreffen, steht freies Spiel auf dem Programm. „Alle Kinder halten sich dann in diesem Raum auf und suchen sich in den einzelnen Bereichen je nach ihren Wünschen eine Beschäftigung“, sagt sie. Koch steht in einem großen Gruppenraum.

„Wir setzen auf bio und bieten nur vegetarische Kost an“

Hinter Vorhängen sind die Matratzen für den Mittagsschlaf zu sehen, davor stehen die Tische für das Frühstück und Mittagessen. Letzteres wird übrigens in Halle, am Sitz des Trägervereins frisch zubereitet. „Wir setzen auf bio und bieten nur vegetarische Kost an“, sagt Koch. Das habe keinen direkten ideologischen Grund. „Biofleisch ist nur zu teuer, um es den Eltern so regelmäßig ins Rechnung stellen zu können.“ Also verzichte man ganz auf Fleisch in der Einrichtung.

In einer Ecke des Raums steht eine Werkbank, wo die Kinder schrauben und hämmern können. Auch wird hier kaputtes Spielzeug repariert. Spezielle Leitern dienen als Klettergelegenheiten. Typisches Spielzeug, bunt und meist aus Plastik, fehlt praktisch komplett. Stattdessen zeigt Koch auf große Körbe mit Naturmaterialien wie Holzscheiben und Tannenzapfen. „Die Kinder spielen gern damit und werden eben tatsächlich kreativ“, sagt die Kita-Chefin.

Aktuell besuchen 27 Kinder die Einrichtung in Schkopau

Ebenfalls im pädagogischen Konzept verankert ist Eurythmie. Es ist die von Steiner entwickelte Bewegungskunst, bei der die Kinder zur Musik ihren Gefühlen und Gedanken Ausdruck verleihen sollen. Es soll ein Ausgleich zum anstrengenden Lernen und erschöpfenden Spielen sein.

Aktuell besuchen 27 Kinder die Einrichtung in Schkopau. „Die Nachfrage ist groß“, sagt Koch. Im kommenden Jahr sollen weitere Plätze entstehen. „Nur ein kleiner Teil der Elternschaft sucht sich unsere Einrichtung bewusst wegen des Waldorfkonzepts aus“, meint sie. Aber doch gebe es stets einige, die dann als Abc-Schützen auf eine Waldorfschule in Halle wechseln. (mz)

Antje Koch ist die Leiterin der Einrichtung, die weiter wachsen soll.
Antje Koch ist die Leiterin der Einrichtung, die weiter wachsen soll.
Katrin Sieler