1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Saalekreis
  6. >
  7. Dorfgeschichten: Dorfgeschichten: In siebenter Generation in Wölkau

Dorfgeschichten Dorfgeschichten: In siebenter Generation in Wölkau

Von Melain van Alst 02.12.2017, 14:00
Karin und Günter Reinhardt haben in Wölkau ein Autohaus.
Karin und Günter Reinhardt haben in Wölkau ein Autohaus. Peter Wölk

Wölkau - Nach zwei Kurven sind Autofahrer so schnell wieder draußen, wie sie drin waren. Links und rechts der Landesstraße 183 stehen noch ein paar Häuser. Wölkau gehört zu Kreypau und damit zur Einheitsgemeinde Leuna. Verlässt man den Ort, schließt sich fast unmittelbar auch Bad Dürrenberg an.

Die Merseburger Straße führt täglich viele Autofahrer durch den kleinen Ort, der unscheinbar daher kommt. Ins Auge fällt noch das Damwild, das hin und wieder neben der Straße grast und ein paar Meter weiter ist das Autohaus der Familie Reinhardt.

Wölkau: Hier wurde Landwirtschaft betrieben

Karin Reinhardt holt eines der Bücher hervor, die ihr Vater über Jahrzehnte zusammengestellt hat. Eines zur Familiengeschichte und eines zur Geschichte von Wölkau. Die alten Fotos zeigen, dass da, wo heute das Autohaus steht, früher ein Hof war. „Hier wurde Landwirtschaft betrieben. Meine Vorfahren hatten ein paar Tiere und Felder“, sagt Karin Reinhardt. Das Schwarz-Weiß-Foto zeigt den Hof um 1911 und den regen Betrieb, der damals dort herrschte.

Wölkau - das sind damals wie heute wenige aber große Grundstücke. Vor allem in Richtung Saale liegen noch ein paar Höfe, manche sind verkauft, andere zerfallen. Dahinter kommt nur noch Feld. „Landwirtschaft war früher die Hauptarbeit hier“, sagt Karin Reinhardt. Auch ihre Familie habe über Generationen hinweg von der Landwirtschaft gelebt. Doch zu DDR-Zeiten ging der Hof in die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) über. „Einiges wurde abgerissen und der Hof heruntergewirtschaftet“, sagt Karin Reinhardt, geborene Reuter.

In siebter Generation wohnt die Familie Reuter in Wölkau

In siebter Generation wohnt die Familie Reuter in Wölkau und auf dem Hof. Es lässt sich nicht mehr genau zurückverfolgen, aber Christian Ernst Friedrich Reuter, der von 1745 bis 1813 lebte, hat den Hof einst gekauft. Noch heute ist er in Familienbesitz. Doch mit der Wende war die Landwirtschaft Geschichte. Es galt sich neu zu erfinden, wenn man den Hof halten wollte. „Das muss ja auch alles gepflegt werden“, so Karin Reinhardt.

Die Entscheidung fiel noch 1990: Mit Ehemann Günter Reinhardt, der gelernter KFZ-Mechaniker ist, hat sie ein Autohaus aufgebaut. Anfangs haben sie genutzt, was da war, und über die Jahre den Hof nach und nach saniert, das neue Autohaus entstand 1995. Aus den Ställen wurden Gebäude für die Werkstatt. Über die Jahre ist das Unternehmen gewachsen und sichert gleichzeitig das Überleben des Hofes. „Anders sind solche Grundstücke gar nicht mehr zu halten“, so Reinhardt. Viele hätten damals die Höfe abgegeben oder seien fortgegangen.

Heute wohnen noch 70 Menschen in Wölkau

Heute wohnen noch 70 Menschen in Wölkau. Ein Dorfleben als solches gibt es nicht mehr. Die Kirche, die zu den ältesten im Kreis gehört, wird schon lange nicht mehr für Gottesdienste genutzt. „Sie wurde auch bei dem Hochwasser 2013 durch Druckwasser beschädigt.“ Zwar wurden Arbeiten daran durchgeführt, aber das Dorfzentrum ist sie schon lange nicht mehr. Aufzeichnungen aus dem Jahr 1929 zeigen, dass Wölkau damals ein lebendiges Örtchen war.

Aufgelistet sind damals der Schmied, auf den noch heute das Schild an der Ecke hinweist. Aber auch eine Schule hat es gegeben. In Wölkau haben Lehrer gewohnt, es gab sogar Hebammen. Laut Verzeichnis haben neben den Landwirten auch ein Standesbeamter und Landjäger im Dorf gewohnt. Und eine Gaststätte hat es einst in Wölkau gegeben, ebenso wie eine Feuerwehr. Beides ist verschwunden. Die Feuerwehr ist nun in Kreypau.

Reinhardts haben einen Weg gefunden, das was früher war, zu erhalten und neu zu nutzen. Sie hoffen, dass das auch in der nächsten Generation so bleiben wird. (mz)

Der Hof der Familie Reuter im Jahr 1911
Der Hof der Familie Reuter im Jahr 1911
Repro/Peter Wölk
Idyllisch wirkt der kleine Ort Wölkau an der L183.
Idyllisch wirkt der kleine Ort Wölkau an der L183.
Peter Wölk
Das Familienwappen
Das Familienwappen
Peter Wölk