Burgenlandbahn Merseburg-Querfurt Burgenlandbahn Merseburg-Querfurt: "Hauptsache sie fährt"

Querfurt - Auf den letzten Kilometern vor Querfurt verlieren die Haltepunkte der Burgenlandbahn ihre Bedeutung. Bedarfshalte nennt man die Stationen zwischen Mücheln und der Quernestadt, an der die Züge nur dann halten, wenn jemand ein- oder aussteigen will. Meistens rattert die kleine Bahn einfach nur durch, denn auf der zweiten Hälfte der Strecke Merseburg-Querfurt ist die Zahl der Fahrgäste mehr als übersichtlich. Im 11-Uhr-Zug ist das Personal fast in der Überzahl, nur vier Passagiere, inklusive MZ-Reporter, sind noch an Bord. Lohnt es sich also überhaupt, die Linie wie erklärt bis 2032 zu erhalten? Denn bis dahin wurde der Streckenbetrieb von der Nahverkehrsservicegesellschaft (Nasa) neu ausgeschrieben (die MZ berichtete). Eine Testfahrt soll Aufschluss geben.
Sorge um Streckenrabatt
Glücklich darüber, dass es weitergehen soll, zeigt sich zumindest eine 83-Jährige, die ihren Namen jedoch nicht in der Zeitung lesen will. „Überall wird gekürzt und gestrichen“, sagt sie. „Da ist es doch einmal positiv, dass diese Linie erhalten werden soll.“ Die Seniorin kommt gerade aus Merseburg, von der Wassergymnastik. Mit der Burgenlandbahn fährt sie jetzt nach Frankleben, wo sie wohnt. „Wenn ich nach Merseburg fahre, dann mit dem Zug“, erzählt sie. Womöglich aus alter Verbundenheit, denn zu DDR-Zeiten hatte sie für die Reichsbahn gearbeitet. „Ich war Zugmelderin, deshalb schaue ich auch heute noch allen Zügen hinterher.“ Dank ihrer früheren Arbeit kann sie zudem Rabatte nutzen, wenn sie mit der bislang von der Deutschen Bahn betriebenen Burgenlandbahn fährt. „Was daraus wird, wenn ein anderer Anbieter den Zuschlag erhält, steht in den Sternen“, klagt sie. „Aber trotzdem: Hauptsache, sie fährt überhaupt noch.“
Es sind stolze Preise, die die Bahn verlangt. Denn 6,10 Euro kostet die 46-minütige Fahrt von Merseburg nach Querfurt. Den Vergleich mit dem Bus verliert der Zug: Zwar ist die Bahn laut Plan zwei Minuten schneller am Ziel, eine Busfahrt kostet jedoch 1,50 Euro weniger. Es gibt wahrscheinlich viele, die sich deshalb eher für die Straße und gegen die Schiene entscheiden. Laut Angaben der Nasa sollen es an einem normalen Wochentag trotzdem 250 bis 350 Fahrgäste sein, die die Verbindung nutzen, die quer durch den Saalekreis führt.
Dankbar, dass der Zug noch fährt, ist auch Susanne Unger. Ausgerüstet mit großem Rucksack und Wanderkarte ist die Berlinerin auf dem Weg nach Mücheln. „Ich pilgere auf dem Jakobsweg, aber die Blasen an den Füßen schmerzen zu sehr“, erzählt sie. Erschöpft sitzt sie im Zug und betrachtet die vorbeiziehende Landschaft. Die letzten Kilometer ihrer Etappe fährt sie nun ganz entspannt mit dem Zug. „Das ist ja ein generelles Phänomen, dass viele kleine Bahnhöfe nicht mehr angefahren werden“, sagt sie, zeigt aber auch Verständnis für manche Stilllegungen. „Das muss ja auch irgendwie finanziert werden - und wenn dann nur eine Handvoll Leute mitfährt?“
Die Bahn erreicht den Halt in Braunsbedra. Fast alle Fahrgäste steigen aus. Der Empfang ist nicht besonders schön. Durch die marode Betondecke, die wartenden Passagieren auch als Unterstand dienen soll, tropft das Wasser. An der nassesten Stelle befinden sich Elektroinstallationen. Auf den Treppenstufen, zum nach Urin stinkenden und komplett beschmierten Tunnel zur Straße, vergammeln achtlos weggeworfene Essensreste. Auf den Betonstufen sprießt Unkraut.
Investitionen gefordert
Der Bahnhof der Stadt dürfte wohl als einer der hässlichsten im Saalekreis durchgehen. Die Stadt hatte in der Vergangenheit bereits Verbesserungen eingefordert. Die Deutsche Bahn verwies auf die ungewisse Zukunft der Strecke und beschränkte sich lediglich auf die Verkehrssicherung. Jetzt, da der Betrieb langfristig neu ausgeschrieben wurde, könnte sich jedoch etwas tun. Das hat auch das Land zuletzt gefordert - nicht nur in den Ausbau der Strecke für Geschwindigkeiten von 80 Stundenkilometern müsse investiert werden. Auch einige Stationen bräuchten eine Schönheitskur.
Nachdem sich die Jakobspilgerin in Mücheln verabschiedet hat, wird es im Zug einsam. Auf dem Weg nach Querfurt rauscht die Bahn über das Land. Nachdem es laut hupend über einige unbeschrankte Bahnübergänge geht, zieht links eine lange Reihe leerer Kirschbäume am Bahndamm vorbei, rechts fällt der Blick auf die vielen Windkraftanlagen der Querfurter Platte. Im alten Bahnhof von Langeneichstädt steht eine Frau am Fenster und winkt dem Zugführer zu. Mehr Zeit für Nettigkeiten bleibt nicht, schon nach wenigen Sekunden geht es weiter.
Einige Minuten schneller als geplant erreicht der Zug schließlich den Querfurter Bahnhof, der ein ebenfalls trostloses Bild abgibt. Die nächsten wenigen Fahrgäste betreten das Abteil für die Rückfahrt. „Froh sind wir schon, dass die Ausschreibung erfolgt ist“, sagt ein Zugführer. „Mal sehen, was die Neuvergabe für uns als Personal bedeutet“, zeigt er sich noch ungewiss.
(mz)
