Annenkapelle in Kötschlitz Annenkapelle in Kötschlitz: Tränen aus Freude und Leid

Kötzschlitz - „Wenn die Steine reden könnten, sie hätten viel zu erzählen. Von Freudentränen bei Hochzeiten und Taufen, aber auch von Tränen des Leids bei Todesfällen“, sagt Antje Böhme über die Annenkapelle in Kötschlitz. Kein Wunder, feiern die Kötschlitzer in diesem Jahr doch das 500-jährige Bestehen ihrer kleinen Kirche. „Sie hat eine sehr wechselvolle Geschichte, in der es auch immer wieder Zeiten ohne Gottesdienste gab“, führt Böhme, die seit drei Jahren als Pfarrerin für Wallendorf und die umliegenden Gemeinden im östlichen Saalekreis zuständig ist, weiter aus.
Über die Geschichte der Kapelle weiß auch Erhard Gerold vieles zu berichten. Der „Autodidakt“, wie er sich selbst bezeichnet, trägt dafür seit Jahren Dokumente über den Sakralbau zusammen. „Bereits 1333 soll an dieser Stelle eine Kirche gestanden haben. Nachdem die Pest übers Land gezogen ist, war Kötschlitz aber praktisch verwaist, so dass das Gebäude eingefallen ist.“ „Otto von Zweimen wollte jedoch eine Kirche bei seinem Rittergut haben, welches sich hier befunden hat, und ließ deshalb ab 1516 die Kapelle errichten“, fügt Böhme hinzu.
Mehrmals restauriert
Im Laufe dieses halben Jahrtausends wurde das Gebäude mehrmals restauriert, „unter anderem 1883, 400 Jahre nach der Geburt Luthers.“ Von dessen Einfluss auf die Kirchengeschichte zeugt auch eine Skulptur des Reformators. Auf der gegenüberliegenden Seite ziert ein besonderer Altar das Gotteshaus. „Er zeigt die sogenannte Anna selbdritt. Das ist die Heilige Anna, die ihre Tochter Maria, sowie deren Sohn Jesus in den Armen hält.“ Die Skulptur ist ein Sinnbild der Kapelle, denn diese „ist der Heiligen Anna, Patronin der Mütter und Bergleute, gewidmet“, wie Böhme erklärt.
Während der Kriege, die über Deutschland hinweggefegt sind, ist in der Annenkapelle eine Vielzahl wertvoller Dinge abhanden gekommen. „Soldaten haben die Schmuckgegenstände entwendet und die Glocken wurden eingeschmolzen, um Waffen herzustellen“, sagt Gerold, dessen Tochter Andrea Heber sich als Mitglied des Gemeindekirchenrates ebenfalls der Pflege der heimatlichen Kapelle verschrieben hat. „Ohne diese Leute und den Heimatverein wäre die Annenkapelle nicht in einem solch guten Zustand“, zeigt sich Böhme erfreut über die ehrenamtliche Arbeit.
Große Beliebtheit
Denn wie zu Zeiten ihrer Gründung erfreut sich das beschauliche Gebetshaus auch heute noch großer Beliebtheit bei den Kötschlitzern. „Wir veranstalten alle sechs Wochen einen Gottesdienst. Mit rund 15 Leuten ist die Kapelle dabei immer gut besucht. Es ist eine kleine, aber feine Gemeinschaft, die gerne singt“, sagt Böhme.
Wer mehr über die Annenkapelle und ihre Geschichte erfahren möchte, kann diese am Sonntag ab 12 Uhr beim „Tag der offenen Kirche“ besuchen. Dazu bietet Erhard Gerold Interessierten eine Führung durch das Gotteshaus an. 13.15 Uhr gibt es ein Musikalisches Intermezzo mit Gitarre und Gesang, und 14 Uhr wartet ein Festgottesdienst auf die Gäste. Im Anschluss gibt es Kaffee und Kuchen. Und bereits Samstag wird das 500-jährige Bestehen der Kapelle ab 18 Uhr bei einem „besonderen Abendmahl“ mit Rostern und Getränken gefeiert. (mz)