Bürgermeisterwahl 2022 Amtsinhaber Schulze will mehr Zuzug und günstigeres Licht für Bad Dürrenberg
In der Solestadt bleibt der Christdemokrat wohl der einzige Kandidat. Der 35-Jährige sieht in der fehlenden Konkurrenz ein echtes Problem.
Bad Dürrenberg/MZ - Die Buchmacher würden derzeit wohl Bombenquoten gewähren, sollte jemand nicht auf Christoph Schulze als Wahlsieger in Bad Dürrenberg wetten wollen. Denn wenige Tage vor Ende der Einreichungsfrist hat sich außer dem Amtsinhaber noch kein anderer Bewerber gefunden. Zuletzt erklärten aus dem Lager der Liberalen Dirk Taschner und Markus Diessner ihren Verzicht auf eine Kandidatur. Schulze freut die Situation trotz der sicheren Jobperspektive nicht: „So ergibt sich ein verzerrtes Stimmungsbild, gebe es zumindest einen Gegenkandidaten, wäre es realistischer.“
Vor allem hat der Unionspolitiker demokratietheoretische Bedenken: „Die Legitimation ist umso höher, je größer die Wahlbeteiligung ist.“ Doch bei einer Wahl ohne Auswahl fürchtet Schulze, dass nur wenig Bad Dürrenberg ihre Stimme abgeben. Er verweist auf eine ähnliche Situation vor sieben Jahren in Braunsbedra, wo weniger als jeder sechste Wahlberechtigte zur Urne schritt.
Laga, Laga, Laga
Daran, dass Schulze eine zweite Amtszeit anstrebt, bestand derweil nie begründeter Zweifel. Schließlich befindet sich Bad Dürrenberg mitten in der Vorbereitung der Landesgartenschau 2023. Ein Projekt, dass die erste Amtszeit des 35-Jährigen prägte und wohl auch im Fall einer Wiederwahl zumindest die Anfangsphase der zweiten dominieren wird. „Den Weg der Laga müssen wir trotz aller Widrigkeiten, etwa den Unsicherheiten auf dem Baumarkt, gemeinsam mit dem Land zu Ende gehen“, spielt er unter anderem auf die Verschiebung der Schau um ein Jahr durch Corona sowie Bau- und Planungsverzögerungen an. Mittlerweile ist der Zeitplan extrem auf Kante genäht.
Schulze verweist aber auch auf Erreichtes in seinen bisherigen sechseinhalb Dienstjahren. Es sind vor allem bauliche Fortschritte: der Umbau des Kur- zum Rathaus, die Neugestaltung der Heimatstube, die Erneuerung des Querstücks des Gradierwerks sowie mehrerer Straßen und Parkplätze. Vor allem letztere standen bereits im Zeichen des nahenden Großereignisses.
Noch Handlungsspielraum?
Das ist für eine vergleichsweise kleine Kommune wie Bad Dürrenberg ein finanzielles Wagnis. Die FDP begründete ihren Kandidatenverzicht auch damit, dass sie in den nächsten Jahren keine Spielräume mehr sieht, um eigene Projekte umzusetzen. Schulze will das so nicht stehen lassen. In der Haushaltsplanung bis 2025 seien jenseits der Laga-Investitionen von gut vier Millionen Euro eingeplant. „Wenn man weiß, wo man Fördermittel abholen kann, kann man auch Ziele umsetzen.“
Gleichwohl ist Bad Dürrenberg eben auf Fördermittel angewiesen, wenn sich die Stadt bewegen will. Im Vergleich zu den Nachbarn hat sie geringe Gewerbesteuereinnahmen. Im Ergebnishaushalt, der die laufende Einnahmen und Ausgaben der Verwaltung abbildet, klafft ein Millionenloch. Im Stadtrat wird derzeit ein Konsolidierungspaket diskutiert, das aber die Lücke bei weitem nicht schließen könnte. Aus dem Rat gab es deshalb zuletzt kritische Kommentare gen Magdeburg. Auch Schulze stimmt in diesen Chor ein, beklagt zu wenig Geld für die Kommunen. Statt Fördermittel zu verteilen, sollte das Land lieber auf eine bessere Grundausstattung der Gemeinden setzen: „Die wissen, wie sie das Geld einsetzen müssen. Das sollte man ihnen zutrauen.“
Jenseits der Laga möchte Schulze im Falle der Wiederwahl in den kommenden Jahren etwa in vollständige Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf stromsparende LED investieren, ebenso in den kommunalen Wohnungsbestand und eine digitalere Verwaltung. Einen Schwerpunkt will der Politiker, der im Spektrum der CDU als rechts gilt, sich selbst im „konservativen Milieu“ verortet, auf die Entwicklung neuer Wohngebiete setzen. „Wir haben Topanbindungen, wir müssen noch mehr vom Zuzug profitieren.“ Dafür will er die Möglichkeiten des Baurechts ausnutzen, um mehr Bauland auszuweisen. Möglichkeiten sieht der Christdemokrat unter anderem in Tollwitz oder auf der großen Freifläche zwischen Schladebacher und Leipziger Straße.
Fusion denkbar
Und dann ist da natürlich noch das Salinegelände. 40.000 innenstadtnahe Quadratmeter. Auf denen sollte ein neues Stadtviertel entstehen, bis der Investor einen Rückzug machte. „Man müsse als Stadt auch mal Wege versuchen, die letztlich vielleicht in der Sackgasse enden“, kommentiert Schulze hierzu.
Noch offen ist, wo der Weg in der Zusammenarbeit mit Leuna hinführt. Beide Kommunen haben im vergangenen Jahr eine Arbeitsgemeinschaft gebildet, um gemeinsame Themen zu besprechen, arbeiten nun etwa bei den Bibliotheken eng zusammen. Schulze ist in puncto Kooperation Treiber: „Ich würde mir wünschen, dass wir, wo Aufgaben gemeinsam effizienter gelöst werden können, diesen Weg gehen.“ Dann müsse man sehen, wie es sich bewährt und ob nicht auch ein Schritt weiter sinnvoll wäre. Aus zwei mach eins? Der 35-Jährige schließt eine Fusion der beiden Städte auf Nachfrage explizit nicht als Möglichkeit aus.
Zunächst gilt es für den Amtsinhaber aber möglichst viele Bad Dürrenberger davon zu überzeugen, dass er der richtige Stadtchef ist. Dafür will er, auch ohne Gegenbewerber, Infostände anbieten und in seinem Urlaub Flyer in jeden Briefkasten stecken.
Der Schnellcheck: Sekt oder Selters?
Die MZ möchte von jedem Kandidaten wissen, welche persönlichen Vorlieben er oder sie hat und hat ihnen ein paar Entweder-oder-Fragen gestellt. Hier die hoffentlich unterhaltsamen Antworten:
Hund oder Katze? Keines von beiden. Im Zweifelsfall würde ich aber die Katze bevorzugen.
Kaffee oder Tee? Tee
Fleisch oder Gemüse? Fleisch
Ostsee oder Berge? Berge
Fußball oder Schach? Schach
Auto oder Fahrrad? Halbe, halbe. Ich bin ein bisschen vom Fahrrad weg, nachdem mir in meiner Amtszeit schon zwei Fahrräder vor dem Rathaus geklaut wurden.
Buch oder Film? Buch
Gummibärchen oder Schokolade? Eher Schokolade
Die wichtigsten Fakten zur Person
Christoph Schulze hat zwar offiziell Merseburg als Geburtsort im Ausweis stehen, hat aber Zeit seines Lebens in Bad Dürrenberg gewohnt. Er sei stolz auf seine Stadt, sagt er. Das sei seine Motivation. Der 35-Jährige ist diplomierter Verwaltungswirt und historisch interessiert. So ist er etwa seit 2019 ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger, darf also auch archäologische Funde sammeln und dokumentieren. Zudem ist Schulze Mitglied im Verein der Deutschen Sprache, in der Interessengemeinschaft Kriegerdenkmäler sowie, wie er sagt, als Zeichen der Wertschätzung, in weiteren Bad Dürrenberger Vereinen.
Seit 2009 sitzt der Christdemokrat im Stadtrat. 2015 gewann er die Wahl gegen Parteifreund Arpas Nemes. Sein Amt trat er jedoch zunächst unter Vorbehalt an. Da ein Einwohner gegen das Wahlergebnis klagte. Nach einem längeren Verfahren wurde der Einspruch aber abgewiesen.