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Pixelnet Pixelnet: Bilanzen vor dem Börsengang zu gut belichtet?

Von Birger Zentner 05.12.2002, 21:05

Wolfen/MZ. - Vor anderthalb Jahren klopften die Fahnder zum ersten Mal bei der Wolfener Pixelnet AG an. Im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren gegen einen europaweiten Chiphändler-Ring wurden Papiere beschlagnahmt und Unterlagen kopiert. "Aber warum sie bei uns gewesen sind, darauf kann ich mir keinen Reim machen", sagte Matthias Sawatzky, einst Gründer der Chiphandels-Firma Batavia und später in den Vorstand des Wolfener Digitalfoto-Dienstleisters gewechselt.

Am Donnerstag aber klickten doch die Handschellen. Der 58-jährige Sawatzky, vor einem Jahr noch strahlender Chef der einzigen Neue-Markt-Firma Sachsen-Anhalts, sitzt in Untersuchungshaft. Vorwurf der Staatsanwaltschaft in Regensburg: Sawatzky habe die Pixelnet-Bilanzen vor dem Börsengang mit Scheinrechnungen geschönt und Anleger um Millionen geprellt.

Es ist das jüngste Kapitel in der langen Tragödie um das einstige Vorzeigeunternehmen. Dem Höhenflug im Jahr 2000 folgten erst sinkende Aktienkurse, dann Querelen in der Chefetage, die Pleite der Tochtergesellschaft Porst und die eigene Insolvenz im Sommer 2002.

Dabei hatte das als Tochterfirma der Leipziger Lintec AG gestartete Unternehmen die Zukunft der Fotografie mitbestimmen wollen. Seinerzeit waren 3,3 Millionen Aktien zum Preis von 14 Euro verkauft worden. Anleger glaubten, mit Pixelnet in den Wachstumsmarkt Digitalfotografie investieren zu können. Ein Irrtum: Inzwischen dümpelt die Aktie bei 25 Cent dahin.

Die Computerfirma Lintec aus Taucha bei Leipzig zog früh Konsequenzen. Erst hatte sie das angeschlagene Sawatzky-Unternehmen Batavia aus der Nähe von Passau erworben und den Kaufmann an die Pixelnet-Spitze gestellt. Vor einem Jahr aber zog sich Lintec-Chef Hans Dieter Lindemeyer aus der Pixelnet AG zurück. Ein Schritt, der im Vorstand bejubelt wurde. Man könne jetzt an klare Zukunftsstrategien denken, hieß es damals. Doch auch der Abschied von Sawatzky selbst half nichts - Pixelnet schlitterte in die Insolvenz.

Am Donnerstag war an fast allen Fronten großes Schweigen angesagt. Weder von Lindemeyer, zum Zeitpunkt des Börsengangs Aufsichtsratschef, noch vom aktuellen Vorsitzenden Ullrich Franz waren Kommentare zu bekommen. Auch Vorstandschef Gerhard Köhler gab keine Stellungnahme ab. Er war zur Zeit des Börsengangs im Vorstand, schied Ende 2001 aus und kam Mitte 2002 wieder.

Lediglich Insolvenzverwalter Nikolaus Schmidt ließ von sich hören. Es gehe um Vorgänge aus der Zeit vor der Insolvenzverwaltung, "somit entziehen sich diese meiner Verantwortung", heißt es in einer Presseerklärung. Es habe in den letzten Monaten eine gute Geschäftsentwicklung gegeben, sagt auch Orwo-Insolvenzverwalter Volkhard Frenzel. Die Verwalter hoffen, dass sich die erneuten Schlagzeilen um Pixelnet, wo heute noch 60 Beschäftigte arbeiten, und Orwo nicht auf die Verhandlungen mit Käufern auswirken.