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Philipp Schmidt Philipp Schmidt: Phil Stewman ist Gerbstedts Schlager-Baron

Von Antonie Städter 04.05.2013, 15:24
Phil Stewman im Jagdzimmer seines Schlosses
Phil Stewman im Jagdzimmer seines Schlosses Andreas Stedtler Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Das mit dem Schlager war für Philipp Schmidt nie eine Frage. Selbst in Teenie-Zeiten nicht, da traditionsgemäß ja alles mögliche als „cool“ gelten kann - aber nicht die mal sentimental, mal gut gelaunten eingängigen Lieder über das Leben und die Liebe. Im Musikunterricht besang Philipp trotzdem selbstbewusst das Drews’sche „Bett im Kornfeld“. Seine Begeisterung für den Schlager, der damals gerade mit kultig-schrägen Sängern wie Guildo Horn und Dieter Thomas Kuhn auflebte, war so groß, dass ihn auch die belächelnden Blicke mancher Mitschüler nicht abhielten. Und wenn er heute, über zehn Jahre später, Klassenkameraden wiedertrifft, sagen sie oft schulterklopfend: „Cool, dass du das durchgezogen hast.“

Philipp Schmidt heißt inzwischen Phil Stewman, jedenfalls beruflich. Den Künstlernamen hat er sich selbst ausgedacht - eine Kombination aus Rod Stewart und Chris Norman, seine Idole. Der Hallenser ist mittlerweile 27, trägt sportliche Jeans und eine Frisur, die der von Rod Stewart recht nahe kommt. Schlossherr in Gerbstedt im Mansfelder Land ist er auch bereits. Und er arbeitet am großen musikalischen Durchbruch. Seit Jahren. „Ich wollte immer Musik machen“, sagt Stewman, der mehrere Singles herausgebracht hat und auf etlichen Schlager-Samplern zu hören ist. Betreut wird er von dem Produzenten Peter Sebastian und einer Hamburger Plattenfirma, die auch Yvonne Catterfeld entdeckt hat. Montag erscheint seine zehnte Single.

Seine erste Gitarre bekam er mit zwölf vom Opa geschenkt, der in der Freizeit selbst mit einer Volksmusik-Kapelle auftrat. Der 14-jährige Philipp will dann unbedingt Gesangsunterricht am Konservatorium nehmen, fürs Vorsingen wählt er „Wild Wild Angels“ von den Smokies. Doch die Lehrerin ist nicht überzeugt. „Komm’ in einem Jahr noch mal wieder“, sagt sie. „Ich habe ein Jahr wie ein Bekloppter geübt“, erinnert er sich. Er wird angenommen. Hängt sich weiter rein - obwohl die Stimmübungen keinen Spaß machen. „Es war oft ätzend. Aber heute hilft mir das.“ 2002, bei der ersten Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“, gehört er zu den Top 50. 2005 gewinnt er den Nachwuchsförderpreis der Musikhochschule Weimar. Den Oberstufenabschluss im Gesang absolviert er am Konservatorium mit „Sehr gut“.

Seine neue Single „Halleluja - Haut an Haut“ hat nun Matthias Stingl geschrieben, der auch an Hits wie Michelles Grand-Prix-Song „Wer Liebe lebt“ beteiligt war. Ganz Profi, der Stewman längst ist, sagt er den Satz, den sie alle über ihre aktuellen Scheiben sagen: „Es ist der beste Titel, den ich je gemacht habe.“ Dabei wirkt er sympathischerweise nicht so routiniert wie Stars, die auf Promo-Touren stets dasselbe erzählen. Und es klingt nicht wie aufgewärmte Worte, wenn er erzählt: „Es gibt ja verschiedene Arten von Schlager: Malle-Schlager, Schnulzenschlager. Mein neuer Titel ist poppiger, rockiger - eher in Richtung Matthias Reim.“ Bei dem ist er auch schon mal im Vorprogramm aufgetreten.

Vielleicht war die Zeit nie günstiger als jetzt für einen, der ernsthaft im Schlager-Business Fuß fassen will. Der lange als banales Kitsch-Genre verpönte Musikstil hat zuletzt Sängerinnen wie Andrea Berg oder die omnipräsente Helene Fischer zu Ikonen gemacht. Und Schlager-Urgestein Heino, 74, landete mit seinem Album voller Cover-Songs bekannter Lieder von den Ärzten bis Rammstein nun erstmals, über 50 Jahre nach Beginn seiner Musikkarriere, auf Platz eins der media control Album-Charts. Noch vor einigen Jahren wäre undenkbar gewesen, dass auch viele Jüngere Heino toll finden. Nun jedoch konnte er selbst in der digitalen Welt einen Rekord aufstellen: In den ersten drei Tagen nach ihrem Erscheinen wurde seine neue Platte so häufig legal heruntergeladen wie kein Werk eines deutschen Interpreten zuvor. Schlager boomt. Bei den Älteren steht er ohnehin hoch im Kurs. Die Generation 50 plus kauft Musik des Genres neben Klassik und Volksmusik am liebsten, heißt es beim Bundesverband der Musikindustrie. Ein Drittel der Gesamtumsätze in der Branche werde inzwischen durch sie generiert. Zudem gilt die Schlagersparte als wenig betroffen von Raubkopien. „Viele wollen ihren Künstler zu Hause im Regal stehen haben“, sagt auch Phil Stewman. „Bei den Auftritten werden viele CDs gekauft - auch, um eine Widmung zu bekommen.“ Das Schlager-Publikum sei ein dankbares. Er erzählt von einem Auftritt bei einem Fest der Arbeiterwohlfahrt in Gerbstedt - seiner neuen Heimat, seit er Ende 2010 das Schloss kaufte. „Die Omis dort haben mir den Spitznamen ,Schlager-Baron’ gegeben“, sagt er lachend: „Es gibt einen König von Mallorca, warum dann nicht auch einen Schlager-Baron von Gerbstedt?“ Sowieso sei es wichtig, seinen Fans nah zu sein.

Auch sonst passt der Name: Schließlich möchte Stewman in seinem Schloss nicht nur Räume für Hochzeiten anbieten, sondern auch Schlagerpartys dort veranstalten - „gern ab Spätsommer oder Herbst“. Bei der Eröffnungsfete hätte er am liebsten Jürgen Drews dabei, den er schon ein paar Mal getroffen hat. „Wenn es zeitlich passt, ist er bei der ersten Party dabei“, so der junge Schlossherr, der auch bei Autos und Motorrädern ein Faible für Historisches - und einen Wartburg 311 von 1962 in der Garage stehen - hat. Drews habe ihm auch gesagt: „In unserer Branche muss man ein bisschen verrückt sein und was wagen.“

Ein Wagnis war der Schlosskauf auf jeden Fall - aber auch ein großer Traum von Stewman. Er hatte gezielt nach einem Schloss gesucht. „Schon als Kind war ich fasziniert von Burgen und Schlössern.“ Das Gerbstedter Schloss, in dessen Tor seine Initiale „PS“ goldfarben eingearbeitet wurden, sei sein Rückzugsort und Ruhepol. Und ein Ausgleich: Wenn er nicht gerade im Dienste des Schlagers unterwegs ist, zieht sich der Single den Blaumann an und holt sich beim Werkeln die Schwielen an den Händen, die er wie zum Beweis zeigt. Von seiner Familie erhalte er viel Unterstützung - nicht nur dabei, das Schloss wieder herzurichten, sondern auch bei seiner Schlagerkarriere. „Sie haben mich immer bestärkt“, so Stewman, der nach dem Abi in Halle zunächst Musikwissenschaft und später BWL studierte, dann aber doch alles auf die Laufbahn als Sänger setzte.

Natürlich sei auch das Schlagerbusiness „ein knallhartes Geschäft, bei dem es um Verkaufszahlen geht“. Man dürfe nicht auf den Erfolg warten, sondern müsse viele kleine Schritte tun. „Will man die Leute erreichen, muss man auf die Bühne - egal, ob im Autohaus oder vor 2 000 Leuten im Vorprogramm der Puhdys.“ Er hat beides schon erlebt. Und dann zeigt Stewman, der auch in einer Band singt, was er drauf hat: Stimmt seine Gitarre mit einer Smartphone-App, um dann voll Inbrunst und Hingabe sein „Du bist wie ein unendlicher Sommer“ zu singen. Dann noch Reims „Verdammt ich lieb dich“ und Chris Normans „Don’t Play Your Rock ’n’ Roll To Me“. Starke Stimme, Entertainer-Qualitäten - das passt. Und das Beste: Er gibt auch vor zwei Leuten, Journalistin und Fotograf, alles.

Mehr über Phil Stewman unter: www.phil-stewman.de.

Schloss Gerbstedt
Schloss Gerbstedt
Archiv/Winterfeld Lizenz
Bei Phil Stewman einem Auftritt
Bei Phil Stewman einem Auftritt
Archiv/Winterfeld Lizenz