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Osterweddingen Osterweddingen: Vorzeigekommune praktiziert den Aufschwung Ost

21.05.2003, 05:58
Ortschild von Osterweddingen bei Magdeburg. (Foto: dpa)
Ortschild von Osterweddingen bei Magdeburg. (Foto: dpa) dpa

Osterweddingen/dpa. - Straßenbeleuchtung ist für die Einheitsgemeinde Sülzetal am südwestlichen Stadtrand von Magdeburg nicht nur eine Frage der Verkehrssicherheit. In Zeiten knapper Kassen hat das Leuchten der Lampen für Bürgermeister Erich Wasserthal auch einen höchst symbolischen Wert: Während in der fünf Autominuten entfernten sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt aus Kostengründen die Stadtautobahn neuerdings dunkel bleibt, strahlt in der kleinen Nachbargemeinde weithin sichtbar das Licht.

«Wir können unsere Stromrechnung zahlen», kann sich Wasserthal einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen. Für die vergleichweise komfortable finanzielle Situation der Gemeinde sieht er zwei Hauptgründe: Investoren werden behandelt wie Könige, bei den Verwaltungskosten hingegen wird eisern gespart. So ist auch in schwierigen Zeiten ein bescheidener Aufschwung Ost möglich.

Nach Auskunft des Städte- und Gemeindebundes konnten zwei Drittel aller Kommunen in Sachsen-Anhalt in diesem Jahr keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Die Gemeinde Sülzetal mit dem Hauptort Osterweddingen gehört nicht dazu. «Wir haben einen ausgeglichenen Haushalt hingekriegt, und das ist in der derzeitigen Situation schon ganz ordentlich», betont Wasserthal.

Osterweddingen gilt als Vorzeigekommune im Bundesland mit der höchsten Arbeitslosenquote. Dafür ist vor allem das mit 42 Firmen vollgepackte Gewerbegebiet an der Autobahn 14 verantwortlich. Über 5000 Arbeitsplätze sind hier in einem Ort mit etwas über 2000 Einwohnern entstanden. Und was genau so wichtig ist: Es handelt sich fast ausschließlich um mittelständische Firmen, die im Gegensatz zu großen Konzernen regelmäßig Geld in die Kasse spülen. «Die zahlen pünktlich ihre Steuern», bemerkt der Bürgermeister anerkennend.

Gegen den Trend hat die Einheitsgemeinde, zu der neben Osterweddingen noch sieben weitere Orte gehören, so ihre Gewerbesteuereinnahmen 2002 im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt: Von 1,7 auf 3,2 Millionen Euro. Und auch in diesem Jahr soll mindestens genau so viel in die Kasse kommen.

Maßgeblich beteiligt am Aufschwung ist der Bürgermeister, dem die Vermarktung des Gewerbegebietes fast zum Lebensinhalt geworden ist. «Für Investoren bin ich Tag und Nacht zu erreichen», betont Wasserthal.

Natürlich spielten die gute Verkehrsanbindung und die günstigen Grundstückspreise eine wichtige Rolle. Zur Entscheidung trage aber maßgeblich bei, wie schnell Grundstücksfragen, Genehmigungsverfahren oder Fördermittelanträge bearbeitet werden. «Unser Konzept ist die Dienstleistung aus einer Hand», erklärt der Bürgermeister den Erfolg. Jedes Unternehmen werde bei seinen Ämter- und Behördengängen sachkundig begleitet. «Erwartet wird eine schnelle Bearbeitung, und wir kennen die Abläufe und Ansprechpartner.» Auch die um ein Drittel niedrigere Gewerbesteuer als im benachbarten Magdeburg dürfte für Investoren nicht ohne Bedeutung sein.

Aber auch für den erfolgsverwöhnten Wasserthal hängen die Trauben neuerdings höher. Das notorisch klamme Land hat die allgemeinen Zuweisungen an die Kommunen spürbar gekürzt - für seine Gemeinde bedeutet das im laufenden Jahr ein Minus von 600 000 Euro. Auch für die Kindertagesstätten zahlt das Land 400 000 Euro weniger, die die Kommune übernehmen musste. Um das zu verkraften, wurden die Elternbeiträge drastisch erhöht: Statt 95 Euro pro Kind und Monat müssen jetzt 135 Euro gezahlt werden. «Das hat nicht gerade Jubel ausgelöst», sagt der Bürgermeister.

Wichtig sei aber, dass genügend Geld da sei, um Investitionen zu verwirklichen. Zwei neue Kindergärten sollen gebaut und eine Sporthalle rekonstruiert werden. «Das ist schon was, wenn man weiß, dass andere Kommunen nicht einmal ihre Angestellten bezahlen können», meint Wasserthal. Der Zusammenschluss zur Einheitsgemeinde mit den anderen sieben Orten im April 2001 habe nicht nur die Eingemeindung nach Magdeburg verhindert, sondern auch die Verwaltungskosten spürbar gesenkt.