Nachbarschaftsprojekt in Magdeburg Nachbarschaftsprojekt in Magdeburg: Integration am Döner-Drehspieß

Magdeburg/dpa - Döner kennt jeder, doch genauer beschäftigt haben sich mit der türkischen Spezialität wohl nur die wenigsten. Das Nachbarschaftsprojekt „Schöner zusammen leben mit Döner“ will das mit einem interaktiven Döner-Stadtplan für Magdeburg ändern. „Ziel ist keine Restaurantkritik zu erstellen, sondern einen interkulturellen Zugang über das Essen zu schaffen“, sagt der Leiter des Magdeburger Instituts für Caucasica-, Tatarica- und Turkestan-Studien (Icatat), Mieste Hotopp-Riecke.
In dem Projekt werden die verschiedensten Dönerläden in Magdeburg besucht. Die Auswahl ist groß, auch wenn in der Stadt mit ihren 230.000 Einwohnern vergleichsweise wenige Ausländer und nur rund 500 Türken leben. Die Projektteilnehmer bringen dabei zunächst das Wichtigste in Erfahrung: Schmeckt der Döner überhaupt? Mit einer Skala von eins bis fünf bewerten die Teilnehmer den getesteten Döner. Danach stehen die Ladenbetreiber im Mittelpunkt.
„Ich hol mir vom Türken einen Döner“ - so ein gängiges Klischee. Für Hotopp-Riecke Grund genug, mit dem Projekt zu hinterfragen, wer tatsächlich hinter der Theke am Dönerspieß steht. „Natürlich kommen einige Dönerverkäufer aus der Türkei, aber wenn man sich die Mühe macht nachzufragen, dann sieht man, wie kulturell vielfältig das Dönergeschäft ist“, erzählt der Projektleiter. Das „Schöner zusammen leben mit Döner“ untersuche deshalb Stereotype, Nationen, Religionen und Sprachen, die es in der Magdeburger Dönerlandschaft gibt.
Fragen der Projektteilnehmer an die Ladenbetreiber sind unter anderem wie sie nach Magdeburg gekommen sind, was in ihrem Heimatland gegessen wird und was sie antreibt, im Dönerladen zu arbeiten. All diese Informationen sollen letztlich auf einer Internetseite veröffentlicht werden. Derzeit ist die Seite im Entstehungsprozess und deshalb noch nicht online gegangen. „Uns ist es wichtig zu zeigen, wie viel Potenzial an Kultur, Vielfalt und Lebenslust in normaler Nachbarschaft steckt, wenn man sich mal auf die Geschichten der „Fremden“, ihre Erfahrungen und Freuden und Sorgen einlässt“, erklärt Hotopp-Riecke.
„Das Projekt sorgt für Transparenz und trägt zur Integration bei. Das finde ich gut“, sagt der 28-jährige Steffen Hübner beim Besuch eines Döner-Geschäfts. Der gelernte Kaufmann ist nicht nur Projektteilnehmer, sondern hat sich schon intensiv mit dem Thema Döner beschäftigt. Denn er ist dabei, eine Dönersuppe auf den Markt zu bringen. Teilnehmerin Idil Gögüs stammt selbst aus der Türkei. „Es ist wichtig zu zeigen, dass nicht nur Türken verantwortlich für den Döner sind“, sagt sie.
Das Nachbarschaftsprojekt hat bereits viele Interessenten und Projektpartner gefunden. Im vergangenen Jahr wurde es in das Programm „Werkstatt Vielfalt“ der Robert Bosch Stiftung aufgenommen und erhielt dafür 7000 Euro Förderung. Weitere Unterstützer sind die Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung Sachsen-Anhalt und der Atdid, der Verein Türkischer Dönerhersteller in Europa. „Wir finden solche Projekte generell gut“, sagt der stellvertretende Vorsitzende von Atdid, Tarkan Tasyumruk. „Der Döner ist in Deutschland ein erfolgreiches Integrationsprodukt“, betont er.
Im Atdid werden derzeit 35 Dönerhersteller aus Europa vertreten. Laut Tasyumruk gibt es deutschlandweit ungefähr 16.000 Stellen, an denen Döner verkauft wird. Projektleiter Hotopp-Riecke zufolge gibt es bereits Anfragen aus anderen Städten, dem Magdeburger Vorbild entsprechend ebenfalls Döner-Stadtpläne zu erstellen.
