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Museum im Harz Museum im Harz: Von Klostuhl bis Mausefalle

Von Sabrina Gorges 16.02.2014, 09:44
Museumsinhaberin Gabriele Knepper steht zwischen ihren Mausefallen und Kuriositäten im Museum in Güntersberge im Harz.
Museumsinhaberin Gabriele Knepper steht zwischen ihren Mausefallen und Kuriositäten im Museum in Güntersberge im Harz. dpa Lizenz

Güntersberge/dpa - Früher waren Mäuse echte Plagegeister. Sie fraßen die gehorteten Vorräte in den Speisekammern auf und trieben die Menschen in den Wahnsinn. Sie ließen sich allerlei Mittel gegen die Nager einfallen: Diese wurden zum Beispiel mit Korb-, Reusen- und Klotzfallen dingfest gemacht. Man ließ sie in Mini-Galgen laufen, erschoss sie mit einer Kanone und ersäufte sie im „Todesturm“. Wie kreativ und einfallsreich in vergangenen Jahrhunderten an Mausefallen getüftelt wurde, stellt ein Museum im Harz unter Beweis. Gabriele und Karl-Heinz Knepper haben mehr als 300 Fallen zusammengetragen - und sie neben historischen Klostühlen und verrückten Nachttöpfen in einem privaten „Mausefallen- und Kuriositätenmuseum“ arrangiert.

Klausstraße 38,
06507 Güntersberge

Öffnungszeiten
Samstag und Sonntag, 14.00 bis 17.00 Uhr
und jederzeit nach telefonischer Voranmeldung

Führungen
Samstag und Sonntag, 14.00 und 15.00 Uhr

Seit fast 17 Jahren teilt das Paar das Ergebnis seiner Sammelleidenschaft mit Besuchern aus ganz Europa. „Wir präsentieren Alltagskultur. Es sind die Ergebnisse der pfiffigen Ideen unserer Vorfahren“, sagen sie. Mit welchem Liebhaberstück die Sammelwut der Beiden begann, wissen sie nicht mehr. Auch die Zahl der Exponate vermögen sie nicht zu schätzen. Fakt ist: Es fing vor mehr als 30 Jahren an.

Nun sind sie „Zugehuckte“. So nennt man in der Region jene, die zugezogen sind. „Wir kommen aus Sachsen und haben im Harz das passende Gehäuse für unsere Sammlung gefunden“, sagt Gabriele Knepper. 15 Jahre lang bereiten sie das mehr als 300 Jahre alte Fachwerkhaus im Harzgeroder Ortsteil Güntersberge auf sein Dasein als museales Kleinod vor.

1997 eröffneten sie „Das verrückteste Museum des Harzes“. So steht es auf einem Flyer. Der ausgebildete Opernsänger und die gelernte Augenoptikerin räumten ihre Mausefallen in antiquierte Regale und rückten Klostühle und Nachttöpfe ins rechte Licht. Seit dem Jahr 2000 gibt es die Galerie der stillen Örtchen. Deren Mittelpunkt: Ein etwa 500 Jahre alter Kinderklostuhl aus der Zeit Martin Luthers (1483-1546). „Der Pfostenstuhl wird von Holznägeln zusammengehalten. Unter das Loch in der Sitzfläche hat man einen Nachttopf geschoben.“

Der kniehohe Stuhl befindet sich im „Mausefallen- und Kuriositätenmuseum“ in guter Gesellschaft. Es gibt ein als Wäschetruhe getarntes Reiseklo mit Wasserspülung, auf dem gut betuchte Damen und Herren um 1850 ihr Geschäft verrichteten. In Reih und Glied stehen Klostühle aus der Zeit des Biedermeier und des Jugendstil. Es gibt ein Bidet aus dem 18. Jahrhundert und einen gepolsterten Klostuhl mit zartem Rosenmuster, der vor mehr als 160 Jahren in einem Boudoir, also einem Ankleidezimmer, gestanden hat.

Gefunden und gekauft haben die Kneppers die meisten Gegenstände bei Flohmarktbesuchen in ganz Deutschland. „Einmal haben wir ein altes, bemaltes Urinal beim Inhaber einer Sanitärfirma gegen ein hochwertiges Porzellangedeck getauscht“, erinnert sich Knepper. Den Wunsch großer Museen, Stücke der üppigen Privatsammlung in Sonderausstellungen integrieren zu wollen, hat das Paar bisher immer abgelehnt.

„Zu uns kommen jedes Jahr mehrere Tausend Besucher. Da können wir die Filetstücke nicht weggeben“, sagen sie. Aktuell ruht die Sammelwut. Viel zu sehr ist das Ehepaar mit dem Museum beschäftigt. „Wir könnten immer weiter machen, aber uns fehlt mittlerweile die Zeit für ausgedehnte Bummel über Flohmärkte und durch Antik- und Trödelgeschäfte.“

Museen wie das der Kneppers stellen aus Sicht des Museumsverbandes Sachsen-Anhalt keine Konkurrenz zu dessen Mitgliedshäusern dar. „Sammeln ist die älteste Leidenschaft der Welt“, sagt der stellvertretende Verbandsvorsitzende Ernst Görgner. „Wenn man diese vergnügliche Angelegenheit mit anderen teilt, ist da nichts gegen zu sagen.“ Anders als in Neroth in der Eifel, wo es auch ein Mausefallenmuseum gibt, stehe in Güntersberge die wissenschaftliche Aufbereitung nicht im Vordergrund. „In Neroth ist das Handwerk der Mausefallenmacher beheimatet. Diesen gesellschaftlichen Bildungsauftrag verfolgt man im Harz eher nicht“, sagt Görgner.