Tod im Leipziger Rockermilieu Tod im Leipziger Rockermilieu: Vier Hells Angels vor Gericht

Leipzig - Die Leipziger Eisenbahnstraße ist berüchtigt. Als Drogenumschlagplatz. Als Kriminalitäts-Hotspot. Doch was sich vor gut einem Jahr dort zugetragen hat, sprengt den Rahmen alles Gewohnten: Eine Rockerfehde zwischen den Banden Hells Angels und United Tribuns eskaliert, es fallen Schüsse. Am Ende ist ein 27-Jähriger tot, zwei weitere Rocker sind lebensgefährlich verletzt.
Verschärfte Sicherheit: Ex-Mitglieder der Leipziger Hells Angels vor Gericht
Am Montag kommen nun vier Ex-Mitglieder der Leipziger Hells Angels vor Gericht - darunter auch der ehemalige Boss der örtlichen Rocker-Gang. Der Vorwurf: gemeinschaftlicher Mord. Dem mutmaßlichen Schützen wird zudem versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. 36 Gerichtstermine sind bis in den Januar angesetzt. Bei dem Verfahren gelten nach Angaben des Gerichts verschärfte Sicherheitsvorkehrungen.
Was sich genau am 25. Juni 2016 im Leipziger Osten abgespielt hat, ist immer noch unklar. Die Staatsanwaltschaft will Details bis zum Prozess unter Verschluss halten. Das ist er bisherige Stand: Ein damals 30-jähriger Hells-Angel-Rocker soll Schüsse auf mehrere Mitglieder des Rocker-Clans United Tribuns abgegeben haben. Die anderen Angeklagten sollen sich mit „Gewalttätigkeiten“ beteiligt haben. Ihr mutmaßlichen Ziel: den Tötungsplan vollenden.
Es ging wohl um Rache. Laut Staatsanwaltschaft suchten die Hells Angels wahrscheinlich gezielt die Auseinandersetzung, um sich für einen früheren Übergriff der United Tribuns zu rächen. Das sächsische Innenministerium warnte nach den Schüssen vor weiteren Racheakten. Es bestehe „ein erhöhtes Vergeltungsrisiko durch die United Tribuns“, zudem könne es zu wechselseitigen Machtdemonstrationen kommen.
Wie gefährlich Rockerfehden sind, ist den Sicherheitsbehörden bekannt: Erst im Oktober 2016 wurde der Bandenführer der Gießener Hells Angels auf dem Gelände des Rocker-Vereinsheims erschossen. Im Mai vergangenen Jahres fielen im Frankfurter Rockermilieu Schüsse auf einem belebten Platz mitten in der Innenstadt. Zwei Männer wurden schwer dabei verletzt. In Leipzig blieb eine weitere Eskalation nach den Schüssen auf der Eisenbahnstraße aus. Ein Trauermarsch von rund 200 Mitgliedern der United Tribuns verlief im September weitgehend friedlich. Die Leipziger Hells Angels lösten sich auf.
Leipziger Boss in Wien gestellt
Der mutmaßliche Schütze wurde noch am Tag der Tat festgenommen, kam unmittelbar darauf in U-Haft. Die drei weiteren Angeklagten folgten in den Tagen und Monaten darauf und sitzen bis heute ohne Unterbrechung im Gefängnis - bis auf einen.
Denn der Chef der Leipziger Hells Angels kam zwischenzeitlich frei - nur um dann im Winter mit neuem Haftbefehl erneut international gesucht zu werden. Der Tatverdacht habe im Sommer nicht untermauert werden können, verteidigte die Staatsanwaltschaft die zwischenzeitliche Freilassung. 10 000 Euro Belohnung wurden für Hinweise auf seinen Verbleib ausgesetzt. Und siehe da: Einen Tag später schnappte die Polizei in Wien den als gefährlich geltenden Boss. Einem Großaufgebot von 100 Mann gegenüber ließ er sich Polizeiangaben zufolge widerstandslos festnehmen, in einem Vereinslokal der Hells Angels. (dpa)