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Robo-Cup Robo-Cup 2016: Fußball-Weltmeisterschaft der Roboter in Messe Leipzig

Von Steffen Höhne 25.06.2016, 10:48
Anne Wissing und Hannes Hinerasky programmieren die Roboter. Vor der WM wird noch einmal viel trainiert.
Anne Wissing und Hannes Hinerasky programmieren die Roboter. Vor der WM wird noch einmal viel trainiert. Jens Schlüter

Leipzig - Zwei Augenkameras und zwei Infrarot-Sensoren auf der Brust, 58 Zentimeter groß, 5,4 Kilogramm schwer: Nao und seine vier Mannschaftskollegen sind Fußball-Roboter. Auch wenn sie noch keine Fallrückzieher können, gelten sie als heiße Titel-Anwärter bei der Robo-Cup Weltmeisterschaft, die ab Donnerstag, 30. Juni, in Leipzig stattfinden wird. Die weltbesten Teams werden auf der Leipziger Messe vor Tausenden von Zuschauern gegeneinander antreten.

Das Nao-Team bereitet sich nicht in einem Geheimlabor von Google im Silicon Valley oder bei Amazon in Seattle, sondern im Keller der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) im Leipziger Süden auf die Meisterschaft vor.

Robo-Cup in Leipzig: Vom 30. Juni bis 3. Juli treffen sich Wissenschaftler aus 45 Ländern, um die Weltmeisterschaft der intelligenten Roboter auszutragen. Diese werden Fußball spielen, Rettungsparcours bewältigen, im Haushalt helfen oder logistische Prozesse lösen. Die Messe erwartet tausende Besucher. Geöffnet sind die Hallen von 9 bis 18 Uhr. Das Ticket kostet zehn Euro, ermäßigt fünf Euro. Mehr Infos unter: www.robocup2016.org

Der Weg zum Trainingslager führt zunächst in die Tiefgarage auf dem Campus. Von dort geht es durch eine Stahltür ins Nao-Labor. Anne Wissing (21) und Hannes Hinerasky (25) sitzen dort an ihren Laptops. Vor ihnen ein neun mal sechs Meter großes Kunstrasenfeld, auf dem die Roboter stehen.

Robotern Leben einhauchen

„Nun beginnt die heiße Phase“, sagt Hannes Hinerasky. In den vergangenen Monaten hat das Nao-Team HTWK, das vor allem aus Informatik-Studenten der Hochschule besteht, hunderte Stunden programmiert. Die einen haben an der Verbesserung des Laufens gearbeitet, andere an der Schießtechnik und der Taktik. Sie haben den Robotern quasi Leben eingehaucht.

Über Codes teilen die „Trainer“ den Robotern mit, was sie zu tun haben. „Wenn das Spiel losgeht, haben auch wir keinen Einfluss mehr auf das Geschehen“, sagt Anne Wissing. Einzig über Auswechslungen, ganz so wie Jogi Löw, können sie dann noch eingreifen.

Herausforderung Laufen

Das Nao-Team HTWK wurde bereits 2009 gegründet. Von Beginn an dabei ist der heutige Team-Leiter Rico Tilgner. Anfangs ging es nur um eine Simulationssoftware für Fußball. Daraus entstand die Idee, dies auch „in echt“ auszuprobieren.

Mit ersten Robotern nahm das Team an den German Open teil und belegte aus dem Stand Platz zwei. „Damals waren wir schon zufrieden, wenn die Roboter beim Laufen nicht umkippten und den Ball irgendwie ins Tor beförderten“, erinnert sich Tilgner. „Das Laufen ist auch heute noch die größte Herausforderung.“ Daneben würden aber auch Strategie und Teamverhalten zu den Schwerpunkten gehören.

Roboter mit eigener Wahrnehmung

Konkurrenz aus Bremen

Die Leipziger haben seit dem Start unter anderem an Weltmeisterschaften in der Türkei, Singapur, Mexiko und China teilgenommen und zweite und dritte Plätze belegt. Sie gehören damit zu den weltbesten Teams - nur die Trophäe fehlt ihnen noch.

Die Roboter für die sogenannte Standard Platform League liefert der Hersteller Softbank Robotics. Rund 5.000 Euro kostet ein Humanoid, die Teams bekommen ihn zum Vorzugspreis. Wie gut die Roboter am Ende spielen, darüber entscheidet allein die Programmierung.

Jedes Team hat nach Worten von Tilgner dabei Stärken und Schwächen: „Wir haben den Ruf der Dribbelkünstler.“ So würden viele Tore dadurch erzielt, dass ein Roboter mit Ball durch die gegnerische Abwehr läuft.

Der härteste deutsche Konkurrent kommt aus Bremen. Das Team „B-Human“ - bereits Weltmeister - ist vor allem für seine Fernschüsse gefürchtet.

Nützliches Nebenprojekt

Für Informatik-Studentin Anne Wissing sind die Robots halb Hobby, halb Studium. „Die Programmierung der Fußballer ist auch Teil meiner Bachelor-Arbeit“, sagt sie. Für das Projekt habe sie sich entschieden, da man vielfältig arbeiten könne und die Ergebnisse sofort sichtbar seien. Ob auf dem Feld ein Messi laufe, sehe man schließlich sofort.

Die Programmier-Sprache C++ hat sie an der HTWK erlernt. Ein Jahr haben die Studenten dafür Zeit. Das ist nicht viel. Die Abbruchquote in der Informatik liegt bei knapp 50 Prozent. Im Nao-Team kann Wissing viele Codes und Kniffe spielerisch lernen, die sie sich sonst mühsam theoretisch beibringen müsste.

Die Roboter haben auch Rico Tilgners Karriere nicht geschadet. Team-Chef ist nur noch eine Nebentätigkeit, sein Geld verdient der Informatiker heute bei Google in München.

Viele Entscheidungen treffen

Um Geld dreht es sich auch beim Nao-Team HTWK. Jahrelang finanzierte die Hochschule das Projekt, nun wurden auch vier Unternehmen als Sponsoren gefunden. Umso leistungsstärker die Roboter werden, desto größer ist auch der Programmieraufwand.

„Im Gegensatz zu Schach bietet Fußball viel mehr Entscheidungsmöglichkeiten“, sagt Hannes Hinerasky. Ein abgefälschter Ball erfordere beispielsweise wieder völlig neue Entscheidungen. Zwar hätten die Roboter über Kameras und Sensoren eine eigene Wahrnehmung, diese müsse aber auf Zufallsereignisse reagieren können.

Roboter gegen Mensch ab 2050?

Studentin Anne Wissing glaubt daher auch nicht daran, dass Roboter den Menschen eines Tages in der Arbeitswelt ersetzen können. „Die Technik kann uns viele Tätigkeiten abnehmen, sie schafft aber auch sehr viel Arbeit.“ Allein der Kontroll- und Wartungsaufwand sei immens hoch und steige mit zunehmender Komplexität.

Dass Roboter einmal besser Fußball spielen als Menschen, ist für das Nao-Team HTWK auch keine Schreckensvision, sondern erklärtes Ziel. Team-Chef Tilgner: „Bis zum Jahr 2050 sollen die Robos so weit sein, um gegen Menschen antreten zu können.“ (mz)