Leipziger Osten Leipziger Osten: Ist die Eisenbahnstraße so schlimm wie ihr Ruf?
Leipzig - Spricht man von der Leipziger Eisenbahnstraße im Osten der Stadt, werden schnell Klischees bedient. Verantwortlich dafür sind vor allem verschiedene Medienberichte. Das Magazin "Taff" (Pro Sieben) und der Focus verliehen der Straße den unrühmlichen Titel "gefährlichste Straße Deutschlands".
Die Berichte bezogen sich auf die Häufung von Straftaten auf der Meile, die sich vom Leipziger Hauptbahnhof in den Osten der Satdt zieht. Aber was ist dran am Mythos der Eisenbahnstraße?
Google bietet als Autovervollständigung für den Suchbegriff "Eisenbahnstraße Leipzig" folgendes an: "Wiki", "Arzt", "Laden mieten" und erst als vierten Begriff "gefährlich".
Viele Körperverletzungen
Ein Blick in die Kriminalitätsstatistik der Stadt Leipzig bestätigt auf den ersten Blick das Image der Straße. Im Jahr 2014 gab es in den Vierteln rund um die Eisenbahnstraße 365 Körperverletzungen, die erfassten Delikte stiegen von 2013 bis 2014 um etwa 11 Prozent – in ganz Leipzig allerdings um 12,5 Prozent.
In die Schlagzeilen geraten immer wieder Auseinandersetzungen zwischen ausländischen Gruppen: Schlägereien, Messerstechereien und auch Drogendelikte gehören dazu. Im Januar 2015 gelang den Behörden ein Schlag gegen die Drogenkriminalität. Bei einer Razzia beschlagnahmten Polizisten Drogen mit einem Verkaufswert in Höhe von 350.000 Euro, darunter Ecstasy, Marihuana, Crystal, Haschisch, MDMA (Amphetamin) und Kokain.
Knapp 10 % (53.776) der Einwohner Leipzigs haben einen Migrationshintergrund. Das Stadtviertel mit dem höchsten Ausländeranteil ist Zentrum-Südost, also nicht etwa eines der Viertel an der Eisenbahnstraße. 14 Prozent der in Leipzig lebenden Migranten leben in den Stadtteilen Neustadt-Neuschönefeld, Volkmarsdorf und Anger-Crottendorf, also rund um die Eisenbahnstraße. Knapp 17 Prozent der Einwohner im Osten Leipzigs haben einen Migrationshintergrund. Aber ist das ein Zeichen für hohe Kriminaliät? Die meisten Straftaten Leipzigs gab es 2014 nicht etwa im Osten, sondern im Zentrum.
Osten bei Studenten und Künstlern beliebt
Wer sich in der Eisenbahnstraße umschaut, wird nicht gleich darauf kommen, dass das die gefährlichste Straße Deutschlands sein könnte. Ein Bericht der Wochenzeitung "Zeit" etwa zeichnete 2016 ein differenziertes Bild des verruchten Leipziger Ostens: "Der Leipziger Osten gehört seit zwei Jahren zu den am raschesten wachsenden Stadtgebieten, knapp 3.000 Menschen sind in diesem Zeitraum hierhergezogen, netto. Zum Großteil junge Leute, Studenten, Kreative, Akademiker. Sie verändern das gesamte Viertel und vor allem eben auch die Eisenbahnstraße." Zieht man wirklich in ein Viertel, in dem man sich laut Focus und Pro Sieben nicht mehr auf die Straße wagen sollte, aus Angst um sein Leben?
So wird auch im Netz die Eisenbahnstraße als verstecktes Kleinod bezeichnet. Und selbst der Guardian hat den Osten Leipzigs auf dem Radar.
Im Osten der Stadt sind die Mieten günstig - noch. Und zu Zeiten in denen Leipzig als die Boom-Stadt des Ostens gilt und alle nach "Hypezig" wollen, steigen die Mieten naturgemäß. Studenten und Künstler finden in den südlichen und westlichen Stadtvierteln immer weniger Rückzugsorte. Der Osten bietet hier noch Raum zur Entfaltung. So ist die Eisenbahnstraße zwar gefährlich, aber eben auch eine Multikulti-Meile mit Entwicklungspotential. (mz/ts)