Eins, zwei, drei - deins! Immobilien Sachsen-Anhalt kaufen: So läuft eine Auktion ab

Leipzig - Und 104.000 zum Dritten, sagt Michael Plettner und lässt den Hammer fallen. Der Auktionator hat soeben ein denkmalgeschütztes Mehrfamilienwohnhaus in Zeitz (Burgenlandkreis) versteigert. Den Zuschlag erhält der Nordhäuser Unternehmer Uwe Schauermann.
Vorangegangen ist ein regelrechter Bieterwettstreit. Beim Mindestgebot 35.000 Euro fängt Plettner an, gesteigert wird zuerst um 1.000 Euro und dann in 2.000er Schritten.
Zunächst gibt es mehrere Interessenten, die Gebote abgeben - eine Frau in einem roten Pullover aus der ersten Reihe hebt immer wieder die Hand. Als die 60.000-Marke überschritten ist, steigern nur noch Schauermann und ein nicht anwesender Bieter über das Telefon. Es geht hin und her.
Einmal wartet Schauermann bis zum dritten Aufruf, um dann erneut kurz die Hand zu heben. Der Telefonbieter wähnte sich vielleicht schon am Ziel. „Da steigt der Adrenalinspiegel schon“, sagt Schauermann nach dem Zuschlag. „Es ist einfach ein sehr schönes Haus, das angebaute Türmchen gefällt mir besonders gut.“ Er will die gut erhaltene Immobilie mit vier Wohnungen noch weiter sanieren und dann voll vermieten. Wo seine Schmerzgrenze beim Kauf gelegen hätte, verrät er allerdings nicht.
Preiswerte Immobilien: Häuser in Zeitz gefragt
Die Sächsische Grundstücksauktionen AG hatte am Freitag zur Frühjahrsauktion in das NH Hotel an der Leipziger Messe geladen. Der große Konferenzsaal ist mit etwa 150 Interessenten bis auf den letzten Platz gefüllt.
Vor Beginn herrscht ein Stimmengewirr, es wird auch englisch, russisch und arabisch gesprochen. Äußerst unterschiedlich sind auch die Gäste: Da sitzen augenscheinlich junge Geschäftsleute im weißen Hemd und blauen Anzug, neben älteren Männern im Holzfällerhemd und Stiefeln. Auch eine Rentnerin mit Rollator hat Platz genommen. Versteigert werden 54 Immobilien aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Ein Leipziger, der seinen Namen nicht in der Zeitung veröffentlichen möchte, ist auch an Objekten in Zeitz interessiert. Er bietet für ein unbebautes 380 Quadratmeter großes Grundstück im Südostteil der Stadt. Das Mindestgebot liegt bei 3.000 Euro, den Zuschlag erhält er für 4.500 Euro.
Zeitz: Niedrige Preise für Immobilien, hoher Leerstand
„Ich denke, das ist ein gutes Geschäft“, sagt der Mann, der seinen Sohn mitgenommen hat, anschließend. Er hat privat bereits mehrere Immobilien in der Stadt gekauft und spekuliert auf eine Wertsteigerung. „Wegen Bevölkerungsrückgang und hohem Leerstand sind die Preise noch niedrig“, erklärt er.
Doch die Lage zwischen Leipzig und Jena werde dazu führen, dass auch Zeitz sich entwickelt, ist der Mann überzeugt. Dass die Messestadt mit ihrem vergleichsweise hohen Preisniveau ausstrahlt, wird noch an einem anderen Objekt deutlich.
Zwei denkmalgeschützte Büro- und Geschäftshäuser in der Zeitzer Innenstadt werden für 522.000 Euro verkauft. Auch hier ist ein Bieterwettkampf mit Geboten über Telefon vorausgegangen. „Das waren wahrscheinlich professionelle Immobilienfirmen aus Deutschland oder dem Ausland, die nicht extra nach Leipzig anreisen“, meint Immobilien-Händler Walter Lock.
Martina Stein verfolgt vom Podium aus aufmerksam die Auktion. Die Vorstandsvorsitzende der Sächsischen Grundstücksauktionen AG trägt ein weiß-schwarz gemustertes Kleid. „Viermal im Jahr führen wir die Auktionen jeweils in Leipzig und Dresden durch“, sagt sie.
Insgesamt würden im Jahr etwa 400 Immobilien angeboten und 90 Prozent davon auch verkauft. „Villen, Mühlen, Bahnhöfe und Weinberge - bei uns finden die Käufer auch außergewöhnliche Objekte“, wirbt Stein für die Versteigerungen. Die Kunden kämen unter anderem aus der Immobilienbranche. „Wir haben aber immer auch viele Privatleute hier, die sich ihren Lebenstraum vom eigenen Haus erfüllen wollen“, sagt Stein.
Rat bei ersteigerten Immobilien: Sanierungskosten beachten
Das Auktionshaus erwirtschaftet damit jährlich Umsätze von 20 bis 22 Millionen Euro - 2017 war bisher das Rekordjahr. Angesichts der starken Konkurrenz durch Immobilien-Portale im Internet, in denen das nächste Objekt nur einen Klick entfernt ist, überrascht die positive Entwicklung.
Für die Versteigerung spricht nach Ansicht von Stein, dass die Häuser schnell und unkompliziert verkauft werden. So werden die Immobilien vom Auktionshaus bewertet und ein Mindestgebot festgelegt.
„Nicht selten landen bei uns Objekte, die bereits ein oder zwei Jahre erfolglos anderswo angeboten wurden“, so Stein. Das Besondere bei der Auktion: Mit dem dritten Hammerschlag wechselt der Eigentümer - noch vor Ort wird bei einem Notar der Kaufvertrag unterschrieben. Stein weist daher darauf hin, dass sich Interessenten vorher das Objekt genau anschauen und prüfen sollen. Vermeintlich niedrigen Preisen stehen mitunter hohe Sanierungskosten gegenüber.
Glücksritter wollen schnellen Gewinn
Immobilienhändler Lock kauft in Leipzig Häuser für amerikanische Geschäftsleute. So hat er für 16.000 Euro ein Einfamilienhaus mit 895 Quadratmeter Grundstück in Osterfeld (Burgenlandkreis) erworben. „Das wollen wir vermieten oder sanieren und dann verkaufen“, erklärt Lock. Hat er keine Angst, für den niedrigen Preis eine Schrottimmobilie zu erwerben? „Notfalls wird das Haus abgerissen und ein neues Haus gebaut“, sagt er trocken.
Der Grat zwischen seriösen Geschäftsleuten und Glücksrittern ist bei der Auktion schmal. Vor zwei Jahren wurde beispielsweise das Schloss Seeburg am Süßen See für 600.000 Euro an eine bulgarische Frachtfluggesellschaft versteigert. Diese wollte die Immobilie entwickeln - ein Club-Hotel war im Gespräch.
Passiert ist aber nichts. Ende 2018 wurde das Schloss auf Immobilienseiten im Internet für nun 1,48 Millionen Euro angeboten. Bei Lokalpolitikern und Bürger im Ort sorgte das für Unmut. Wie es aktuell um die Immobilien steht, ist unbekannt.
Wie die Käufer mit den Immobilien umgehen, darauf hat freilich das Auktionshaus keinen Einfluss. Bei der Versteigerung in Leipzig arbeitet Auktionator Plettner hochkonzentriert, um kein Handzeichen zu übersehen.
Veränderungen bei den Immobilien, die erst nach Druck des Auktions-Katalogs bekanntwurden, führt er detailliert auf, damit potenzielle Käufer umfassend informiert sind. Nur einmal scherzt der Auktionator kurz, als ein schriftliches Eröffnungsgebot um nur zehn Euro über dem Mindestgebot liegt: „Das ist vielleicht etwas zu optimistisch.“ Dann geht die Versteigerung in tausender Schritten los. (mz)

