Zecke, Tigermücke und Co. Zecke, Tigermücke und Co.: Risiko im Landkreis Wittenberg steigt

Wittenberg - Es geht wieder los: An vielen Stellen in Wittenberg und den Ortsteilen werden wie berichtet die Raupen des Eichenprozessionsspinners bekämpft. Auch im Landkreis und im Dessau-Wörlitzer Gartenreich geht es dem Prozessionsspinner an den Kragen. Die Bekämpfung soll dort auch von Hubschraubern aus erfolgen, teilte das neueste Amtsblatt mit.
Mücke auf dem Vormarsch
Wie der Wittenberger Amtsarzt Michael Hable bereits vorige Woche zur MZ sagte, hat sich der Eichenprozessionsspinner im Hitzejahr 2018 stark vermehrt und ausgebreitet. Hable hatte das damit begründet, dass es der Falter warm und trocken mag. Der von Menschen gemachte Klimawandel ist insoweit nicht nur spür-, sondern auch messbar, wie ein Meteorologe dieser Tage ausführte.
Von der Erwärmung profitieren längst auch andere Insekten - exemplarisch nennt Hable die Asiatische Tigermücke, die es inzwischen bis nach Süddeutschland geschafft habe. Den Angaben zufolge musste sie 2017 in Freiburg (Breisgau) sogar bekämpft werden. Die Asiatische Tigermücke überträgt unter anderem das Dengue-Virus, welches das Dengue-Fieber auslösen kann. Unlängst habe es zwei Dengue-Fälle im Wittenberger Krankenhaus gegeben. Die Betroffenen, so Hable, hätten sich allerdings in Thailand infiziert.
Zecken, die eine Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), eine Erkrankung der Hirnhaut und des zentralen Nervensystems, verursachen können, sind hingegen im Süden Deutschlands schon heute ein Problem - und das FSME-Gebiet breitet sich immer weiter Richtung Norden aus. Doch auch mit einer Borreliose-Erkrankung ist nicht zu spaßen. Laut Hable waren im vergangenen Jahr 14 Fälle im Landkreis Wittenberg bekannt.
Die höchste Fallzahl gab es mit 19 vor drei Jahren, keine Erkrankungen sind interessanterweise für 2012 verzeichnet. Was das Aufkommen von Borreliose angeht, so sei die Tendenz steigend, „allerdings muss man dazu sagen, dass nicht alle Erkrankungen gemeldet werden, sondern nur ein Bruchteil“, so Hable.
Doch unabhängig von der genauen Zahl der Neuerkrankungen pro Jahr sei unstrittig, dass es sich bei der Lyme-Borreliose um eine weit verbreitete Krankheit handelt, die ernst genommen werden müsse.
Keine Frostbeule
Hinsichtlich des Borreliose-Infektionsrisikos verweist der Amtsarzt darauf, dieses sei stark von den Witterungsbedingungen abhängig. Doch scheint die Schildzeckenart Ixodes ricinus, um die es geht, keine Frostbeule zu sein. Hable zufolge wird sie ab einer Temperatur von etwa sechs Grad Celsius aktiv.
Typische Lebensräume für Zecken sind nach Auskunft des Wittenberger Amtsarztes Michael Hable u. a. lichte Wälder oder Waldränder sowie Flächen mit hohem Gras oder Büschen. Gute Bedingungen kommen auch in Gärten und städtischen Parks vor. Bei Zeckenbefall sollte die Zecke umgehend entfernt und die Wunde desinfiziert werden. Hable: „Im Gegensatz zur Übertragung von Borrelien durch Zecken auf den Menschen, die erst zirka 24 Stunden nach Beginn des Saugakts erfolgt, gelangen die FSME-Viren bereits bei Beginn des Saugakts von der Zecke in den Menschen. Daher kann das Absuchen des Körpers nach Zecken und deren schnelle Entfernung zwar häufig eine Borreliose verhindern, bietet jedoch wenig Schutz vor FSME.“ Diese Erkrankung ist nicht zu unterschätzen, bei vielen Erkrankten geht sie mit den „spezifischen neurologischen Manifestationen “ der FSME einher: Meningitis = Hirnhautentzündung, Enzephalitis = Entzündung des Gehirns, Myelitis = Entzündung des Rückenmarks. Die gute Nachricht für die hiesige Gegend ist, dass sie (noch) nicht zu den Risikogebieten zählt.
Beim Robert-Koch-Institut gibt es unter www.rki.de weitere Infos zum Thema und über Risikogebiete.
Die Gefahr, durch Zeckenstiche mit dem FSME-Virus infiziert zu werden, bestehe vor allem in Bayern und Baden-Württemberg, in Südhessen und im südöstlichen Thüringen sowie neuerdings auch in vier Kreisen in Sachsen.
Individuelle Bewertung
Nach Schutzmaßnahmen gefragt, antwortet Hable: „Den zuverlässigsten Schutz gegen die FSME bietet die FSME-Impfung.“ Diese sei von der Stiko genannten ständigen Impfkommission empfohlen „und wird von den Krankenkassen bezahlt für Personen, die in Risikogebieten wohnen oder arbeiten und dabei ein Risiko für Zeckenstiche haben, und Personen, die sich aus anderen Gründen in Risikogebieten aufhalten und dabei gegenüber Zecken exponiert sind“.
Doch könne eine Impfung auch für Personen in Nichtrisikogebieten sinnvoll sein - für solche etwa, die aufgrund von beruflichen oder bestimmten freizeitbedingten Tätigkeiten einer besonders intensiven Zeckenexposition ausgesetzt sind - „nach individueller Risiko-Nutzen-Bewertung“, so Hable. In Praxen und Gesundheitsämtern seien Impfstoffe vorhanden, dort impfe man gegen FSME im Rahmen der reisemedizinischen Sprechstunde, „auch bei Reisen in deutsche Endemiegebiete“.
Und wie kann man selbst vorbeugen, wenn es einen doch in die Natur zieht? Zum Teil, so der Mediziner, können Zeckenstiche durch das Tragen heller, geschlossener Kleidung verhindert werden. Auch sollte man Unterholz und hohe Gräser meiden und lieber auf festen Wegen bleiben. Nur begrenzt über einige Stunden schützen indes chemische Stoffe (Repellents).
(mz)