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Winterquartier in Bergwitz? Winterquartier in Bergwitz?: Zwei Zirkusse im Abseits

Von Paul Damm 02.11.2020, 10:34
Mitglieder der Zirkusse Renz und Brunselli auf der Wiese am Bergwitzsee. Die Zelte sind keine Dauerlösung: Ein überdachtes Winterquartier wird gesucht.
Mitglieder der Zirkusse Renz und Brunselli auf der Wiese am Bergwitzsee. Die Zelte sind keine Dauerlösung: Ein überdachtes Winterquartier wird gesucht. Paul Damm

Bergwitz - Die Coronakrise wird für Zirkusse zum Hochseilakt: Seit mehr als sieben Monaten sitzen Ilse Renz vom Zirkus Renz und ihre Tochter Manuela Kaselowsky vom Zirkus Brunselli auf einer Wiese fest. Jeder Tag ohne Show bringt die Artistenfamilie näher an den Ruin. Normalerweise würde sie jetzt durch Deutschland touren, mehrmals pro Woche an einem anderen Ort gastieren und Zuschauer in der voll besetzten Manege zum Staunen bringen. Doch seit Beginn der Coronapandemie Mitte März ist eine Weiterreise nicht möglich. „Man kann sich gar nicht vorstellen, wie schlimm das ist“, sagt Zirkusdirektorin Ilse Renz bedrückt.

Ein halbes Jahr keine Auftritte

Nur eine Show im Frühjahr konnten beide Zirkusse abhalten, bevor sie vom neuartigen Coronavirus überrascht wurden. Zu dem Zeitpunkt befand sich Ilse Renz mit ihrem Zirkus in Kropstädt. Sie sagt: „Fast sechs Monate standen wir dort. Der Bürgermeister war sehr lieb und hat uns nicht weggeschickt.“ Manuela Kaselowsky vom Zirkus Brunselli stand währenddessen unweit entfernt in Bergwitz. Auftritte gab es während dieser Zeit keine. „Unser Zelt ist nicht sehr groß. Vor 10 oder 15 Leuten zu spielen, die wir maximal reinlassen dürfen, macht keinen Sinn“, erklärt Manuela Kaselowsky.

Der Winter steht bald vor der Tür. Weil sie sich jetzt mehr denn je brauchen, haben sich beide Zirkusse zusammengetan und auf dem weitläufigen Festplatz in Bergwitz getroffen. Hier stehen sie nun mit etlichen Wagen, mehr als 20 Tieren und schauen auf den Bergwitzsee. Mehr können sie im Moment nicht machen. „Wir wollen gut über den Winter kommen - das geht nur zusammen“, stellt die 63-jährige Renz klar.

Dass sie in Bergwitz bleiben dürfen, haben sie Marek Staginnus, dem Geschäftsführer des Bergwitzsee-Resorts zu verdanken. Er hat von der misslichen Lage der Zirkusse erfahren und sie mit offenen Armen empfangen. „Sie kommen eigentlich schon seit vier bis fünf Jahren im Winter zu uns. Sie sind hier willkommen“, erklärt Staginnus.

Im Frühjahr habe er noch angenommen, der Zirkus würden dort nur wenige Wochen verbringen, doch aus Wochen wurden letztendlich mehrere Monate. Der Geschäftsführer sagt: „Da in diesem Jahr coronabedingt keine Veranstaltungen auf diesem Platz stattfinden konnten, ist der längere Aufenthalt wirklich kein Problem.“

Zirkus sucht Winterquartier

Zwar hat die große Zirkusfamilie nun Arbeitslosengeld beantragt, doch die geringen Summen reichen vorne und hinten nicht. Die Pferde, Alpakas, Hunde, Ziegen und Kamele wollen auch versorgt werden. Zudem ist die Unterbringung der Tiere in kleinen Zelten keine dauerhafte Lösung. Ilse Renz erklärt: „Wir benötigen dringend Hilfe. Wir suchen ein Winterquartier, das möglichst überdacht ist.“ Infrage kämen ungenutzte Scheunen und große Hallen. Gerne würden sie im Landkreis Wittenberg bleiben, doch auch im näheren Umkreis wäre es möglich.

Ilse Renz wirkt nachdenklich. Gering ist ihre Hoffnung, dass sie im kommenden Jahr mit ihrem Zirkus wieder durchstarten kann. „Und dann? Wir betreiben den Zirkus in siebter Generation. Aufgeben gibt es nicht “, so Renz.

Wie kann man helfen?

Die Coronakrise hat den Zirkusunternehmen stark zugesetzt. Wichtige Einnahmen fehlen, doch die monatlichen Kosten müssen weiterhin gedeckt werden. Deswegen sind sie auf Spenden angewiesen. Sie freuen sich über Lebensmittel, Futterspenden für die Tiere, Reparaturen an Fahrzeugen, den Zelten oder Unterstützung bei den Versicherungsbeiträgen. Zudem sind sie auf der Suche nach einem überdachten Winterquartier, denn sie wissen nicht, wie es sonst weitergehen soll.

››Wer der Zirkusfamilie helfen möchte, kann sich unter [email protected] oder per Tel.: 0176/22624710 melden. (mz)