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Weiterbildung der Spürhunde Weiterbildung der Spürhunde: Empfindlicher als Technik

Von Karina Blüthgen 21.06.2017, 16:53
Weiterbildung für Spürnasen und ihre Herrchen: Der ausgebildete Spürhund nimmt verwendetes Benzin auch nach Tagen noch wahr.
Weiterbildung für Spürnasen und ihre Herrchen: Der ausgebildete Spürhund nimmt verwendetes Benzin auch nach Tagen noch wahr. Thomas Klitzsch

Pretzsch - Die vier Brandstellen sehen nicht gerade einladend aus. Doch die verkohlten Stühle, Reste einer Küchenspüle, Schubladen und anderes sind ein Test für Hundenasen. Sogenannte Brandmittelspürhunde sollen anzeigen, welcher Brand durch einige Liter Benzin verstärkt wurde.

Als wäre das nicht genug, sind die „Feuerchen“ auf dem Gelände der Diensthundeführerschule Pretzsch schon am Sonnabend entfacht worden. Inzwischen haben Sonne und Hitze eigentlich jedes verräterische Duftmolekül aus dem Überresten gequetscht. Sollte man meinen.

Und doch zeigt Schäferhündin „Rakete Käthe von der Holzhäuser Flur“ die korrekte Stelle an, erst zögernd, dann nach nochmaliger Ermunterung durch Hundeführer Riccardo Wilke noch einmal.

„Das Problem sind die hohen Temperaturen, das verlangt den Hunden einiges ab“, sagt Wilke. Doch er ist zufrieden, so wie auch Lutz Gutewort, der Leiter der Einrichtung. „Der Erfahrungsaustausch der Teilnehmer läuft jetzt schon“, freut er sich über die Gespräche zwischen den Tests. „Und das geht heute Abend in diesen drei Tagen darum, voneinander zu lernen, Ausbildungstechniken vorzustellen und sich Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Probleme gelöst werden können.

Zum ersten Mal bildete die Diensthundführerschule Pretzsch das Ziel für das jährliche internationale Brandermittlungsspürhund-Treffen. 44 Hundeführer und über 30 Hunde aus allen Bundesländern Deutschlands, dazu aus Österreich, Luxemburg und Tschechien haben sich zum Erfahrungsaustausch getroffen. Nach dem theoretischen Teil stand am Mittwoch der Praxistest auf dem Programm. Ausdrücklich wurde betont, dass das Treffen keinen Wettkampfcharakter habe. Dass manche Hunde Spuren von Brandbeschleunigern anzeigen und andere nicht, könne an der Erfahrung der Hunde liegen, so Ausbilder Andreas Schmidt. In jedem Fall sei die Nase empfindlicher als die Technik. „Am Montag haben wir mit einem Messgerät getestet, das hat nichts mehr angezeigt.“ In der Diensthundführerschule Pretzsch als zentraler Ausbildungsstätte in Sachsen-Anhalt werden Hunde für den Polizeibedarf in verschiedenen Spezialrichtungen unterrichtet. Vor einigen Jahren wurden auch Hunde für die Justiz ausgebildet, sie sind zum Beispiel auf Rauschmittel und Handys konditioniert. 

Während die Hunde aus Deutschland sich bei einem Fund hinlegen, fangen die tschechischen Spürhunde an zu kratzen, so wie sie es gelernt haben. „Jede Methode hat ihre Vor- und Nachteile“, sagt Martin Chroumal, der Leiter der tschechischen Gruppe aus Prag, über das passive und aktive Anzeigen. Solch ein Vergleich von Ausbildungsmethoden im internationalen Rahmen biete vielfältige Möglichkeiten, Erfahrungen zu sammeln, findet er. „Wir sind jetzt das zweite Mal in Deutschland zu dieser Problematik, das erste Mal waren wir in Sachsen“, erzählt Chroumal.

Hundenasen sind in vielen Bereichen besser als Analysegeräte, weiß auch Silke Cox vom Bundeskriminalamt in Wiesbaden. „Aber das nützt uns vor Gericht nichts“, fügt die Expertin in Sachen Kriminaltechnik hinzu. Nur was belegbar ist, habe in einem möglichen Prozess Bestand. Dennoch, „die Trefferquote liegt bei guten Hunden bei etwa 75 Prozent. Damit kann ich leben.“

Ganz unterschiedliche Aufgaben hat Silke Cox für die Hunde und ihre Hundeführer vorbereitet. Mal müssen sie einen großen Raum nach brennbaren Flüssigkeiten absuchen. Diese sind unterschiedlich alt, dadurch verändert sich der Geruch. Oder die Hunde müssen Spuren in einem Trümmerfeld finden. Am häufigsten werde Benzin, Diesel oder Verdünnung als Brandbeschleuniger verwendet, weiß die Fachfrau.

Und ist beeindruckt von der Leistung einer Hundenase. Das erste Mal war sie mit zwei Brandermittlungsspürhunden in einer ausgebrannten Halle voller Reste von Rattanmöbeln. Binnen einer Viertelstunde hatten die Tiere auf den 600 Quadratmetern Fläche zwei Brandherde gefunden. „Die riechen das noch durch 50 Zentimeter Brandschutt.“

Nanouk hat am Mittwoch irgendwie keinen guten Tag erwischt. Die sechsjährige Hündin springt mehr auf dem benachbarten Grün herum. Ihr „Herrchen“ Gerhard Valeskini nimmt die Sache nicht zu tragisch, sie habe sich wohl erstmal die Füße vertreten wollen. Der 46-jährige Hundeführer ist aus Wien angereist, dort arbeiten vier Hunde jährlich im Durchschnitt 120 Einsätze ab, wobei die Tiere in Österreich sowohl als Schutz- und Stöberhund als auch in ihrer Spezialausbildung gefordert seien.

Dass die Hunde öfter angefordert werden und sich unter realen Bedingungen beweisen können, wünscht sich auch Riccardo Wilke. „Ich weiß nicht warum, aber wir haben nicht so viele Einsätze, als dass wir weitere Erfahrungen sammeln könnten“, bedauert er. (mz)