Weihnachten in Familie Weihnachten in Familie: Andrea und Sarah Abt sind zwei starke Mädels

Elster - Es duftet nach Weihnachten, als Andrea Abt die Tür ihrer Zweiraumwohnung in Elster öffnet. Er kommt von einem Räuchermännchen, das im Wohnzimmer gemütlich vor sich hin schmaucht. Der Weihnachtsbaum ist bereits geschmückt, darunter liegen Adventskalender.
Stolz zeigt Sarah ihren, hinter den Türchen verbirgt sich Zubehör für den Spielzeug-Pferdehof, den sie sich zu Weihnachten wünscht. Wie viele Mädchen in ihrem Alter ist die Zehnjährige vernarrt in Pferde und das Reiten. Auf dem Reiterhof in Braunsdorf darf das zierliche Mädchen hin und wieder auf dem hohen Ross sitzen.
Seit knapp drei Jahren wohnen Andrea und Sarah Abt in Elster. In Wittenberg, wo sie zuvor lebten, hatte Sarah Probleme in der Grundschule. Das lag, wie man so sagt, an der „Chemie“, die zwischen ihr und der Klassenlehrerin nicht stimmte.
„Es war richtig stressig, es gab jeden Tag Zoff“, erzählt ihre Mutter. „Ich habe eine andere Schule für Sarah gesucht, da hat mir ein Bekannter geraten, mich mal in Elster zu informieren.“ Die Schule dort hat beiden auf Anhieb gefallen. Und Sarah hat dort sehr schnell Anschluss gefunden. „Sie fremdelt nicht“, sagt ihre Mama.
Vereinbarung hält
Die 33-Jährige, die aus Bad Schmiedeberg stammt und in Wittenberg das Gymnasium besucht hat, arbeitet als Laborantin in einer Piesteritzer Firma, dort prüft sie unter anderem Gummimischungen. Von Beruf ist sie Bürokauffrau, gelernt hat sie beim Internationalen Bund in Wittenberg. Vom Studium der Betriebswirtschaftslehre hat sie sich kurz nach Beginn verabschiedet, die Mathematik war ihr zu hoch, außerdem war Sarah schon unterwegs.
Die Kleine war gerade ein Jahr alt, als ihre Eltern sich trennten. Sie waren nicht verheiratet, haben sich aber sofort darauf geeinigt, dass Sarah jedes zweite Wochenende mit ihrem Papa verbringen darf. Aber soweit kann sich Sarah nicht zurück erinnern, weshalb sie, als Andrea Abt das erzählt, ungläubig fragt: „So lange ist das schon so?“ Die Übereinkunft hält noch immer.
In Wittenberg hatte Andrea Abt ihre Mutter und Großmutter in der Nähe, die ihr beispringen konnten, wenn es galt, die Kleine aus der Kindertagesstätte abzuholen und zu betreuen. Der Umzug nach Elster war für beide eine Umstellung. Sarah musste lernen, selbstständig zu werden, sie muss morgens allein aufstehen, frühstücken und pünktlich zur Schule gehen.
Zwei Wochen lang hat Andrea Abt das vorab mit ihr geübt - indem sie sich auf dem Dachboden versteckte. „Ich habe sie angerufen, ob sie aufgestanden ist, ob alles in Ordnung ist...“ Eingreifen musste sie nicht. So hat die Mutter das Zutrauen gewonnen, dass Sarah das schafft.
Heiligabend allein
Inzwischen hat Sarahs Vater eine neue Familie und das Mädchen Geschwister. Sarah ist gern mit anderen Kindern zusammen. Und so hat sie sich gewünscht, Heiligabend in diesem Jahr in der Familie ihres Papas zu verbringen. „Es ist nicht das erste Mal“, sagt Andrea Abt, „einmal fiel das Papa-Wochenende mit Weihnachten zusammen“.
Es ist also das erste Mal außer der Reihe. Sicher werde es wieder „komisch“ sein, wie beim ersten Mal auch. Aber: „Ich bin nicht egoistisch“, sagt die 33-Jährige. Vielleicht wird sie den Abend mit ihrer Mutter oder mit der Oma verbringen, vielleicht auch allein. „Wenn ich Stress hatte, bin ich ganz gerne für mich“, sagt sie.
Andrea Abt ist Anhängerin der Gothic-Szene, gern fährt sie zu Pfingsten - hoffentlich 2021 wieder - zum Leipziger Wave- und Gothic-Treffen. Mit der einschlägigen Musik, die neben martialischen auch melancholische Facetten hat, kann sie gut abschalten. Andrea Abt verhehlt aber auch nicht, dass sie sich manchmal einsam fühlt.
Die Bescherung findet in der Mini-Familie dieses Jahr am ersten Weihnachtsfeiertag statt. Wenn Sarah nach Hause kommt, liegen die Geschenke unter dem Baum. Richtig gemütlich machen es sich beide auf der Couch vor dem Fernseher. Am liebsten schaut Sarah Filme der „Ostwind“-Reihe. Da geht es um Pferde und um starke Mädchen. (mz)