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Vogelwelt in Bleddin Vogelwelt in Bleddin: Der Bienenfresser, kunterbunte Rarität

Von Marcel Duclaud 17.05.2019, 16:49
Bienenfresser sind ziemlich bunte Vögel. In Deutschland sind sie selten anzutreffen, jetzt breitet sich die Art offenbar gen Norden aus.
Bienenfresser sind ziemlich bunte Vögel. In Deutschland sind sie selten anzutreffen, jetzt breitet sich die Art offenbar gen Norden aus. Axel Schonert

Bleddin - Das nennt man wohl einen Glücksfall. Axel Schonert spricht gar von einem Riesending, von einem avifaunistischen Knaller, der sich auch noch direkt vor seiner Haustür abspielte. Avifauna meint die Gesamtheit aller in einer Region vorkommenden Vogelarten. Für die Region Wittenberg muss wohl eine weitere hinzugefügt werden.

Und was für eine. Schonert, Ornithologe aus Bleddin, ist es geglückt, zehn Bienenfresser zu beobachten, „eine unglaublich bunte Vogelart“, die in Deutschland sehr selten und im Kreis Wittenberg bislang so gut wie gar nicht zu Gesicht zu bekommen war. Der Klimawandel macht es offenbar möglich. Schonert geht davon aus, dass diese Art, die in Afrika, Asien oder Südeuropa zu Hause ist, langsam ihr Areal nach Norden ausdehnt.

Eben auch bis nach Bleddin. Ein ganzes Wochenende lang haben die bunten Vögel ganze Gruppen von Ornithologen beglückt, die nicht lange zögerten und sich ob der seltenen Beobachtung, die sich schnell verbreitete, in den kleinen Ort in der Elbaue aufmachten. Schonert selbst hatte zunächst den Ruf des Bienenfressers gehört, den er etwa aus Spanien kennt. „Kann nicht sein, habe ich mir gedacht“, berichtet er, „ich vermutete Stare, die gerne andere Vögel imitieren.“

Ein geflügeltes Wort in der Expertenwelt laute: Die ersten Pirole des Jahres sind schwarz.

In dem Fall fand sich aber weit und breit kein Star, dafür über dem Kopf des Vogelkundlers mehrere Bienenfresser. Sie jagten Mauerbienen an einer besonnten Scheunenwand. „Das Nahrungsangebot war offenbar derart reichhaltig, dass die Vögel sogar bis Montag früh blieben.“

Bienenfresser sind gar nicht so klein, wie eine größere Amsel oder ein kleiner Turmfalke, sucht Axel Schonert einen Vergleich. Sie erbeuten im Flug Bienen, Wespen, Hummeln, Hornissen, auch Libellen, Zikaden und fliegende Käfer stehen auf ihrem Speisezettel.

Bevor sie die wehrhaften Tiere fressen, werden die allerdings mit kräftigen Hieben des leicht gebogenen Schnabels auf einer Unterlage getötet und durchgeknetet. Trotz ihres bunten Gefieders können sich die Vögel gut verstecken - in Bleddin nutzten sie hohe Pappeln dafür.

In Deutschland wird zurzeit von etwa 1000 Brutpaaren ausgegangen, vor allem im Südwesten, in Baden-Württemberg lassen die sich finden - interessanterweise aber auch in Sachsen-Anhalt, im mitteldeutschen Trockengebiet, im Regenschatten des Harzes.

In der Region Wittenberg sind vereinzelt schon mal Bienenfresser gesichtet worden, hat Schonert recherchiert. „Zehn Mal in fünf Jahren, da sind Seeadler und Schwarzstörche viel häufiger anzutreffen.“ Bei der Beobachtung jetzt in Bleddin handelt es sich um eine der frühesten im Jahr in ganz Deutschland - die einschlägigen Portale verzeichnen laut Schonert bislang nur fünf Sichtungen von Bienenfressern, die in Afrika überwintern und den direkten Weg in ihre Brutgebiete bevorzugen.

Dass eine so große Gruppe so weit nördlich auftauche, sei jedenfalls „avifaunistisch absolut herausragend“.

Schonert und seine Ornithologenfreunde werden in nächster Zeit sehr genau hinschauen, ob sich womöglich weitere Bienenfresser in der Region blicken lassen. Gesucht wird auch nach eventuellen Brutpaaren in einstigen Kiesabbaugebieten, Bienenfresser bauen sich Höhlen als Brutplätze.

Der Bleddiner nennt die quietschbunten Vögel Profiteure des Klimawandels. Es reichten nur geringe Verschiebungen, um bei der „Großinsektenfauna“ Veränderungen hervorzurufen: „Und kontinuierliche Nahrungsverfügbarkeit ist dann der Schlüssel zum Glück.“ (mz)