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Tiere im Jahresrückblick Tiere im Jahresrückblick: Ein Elch namens Bert

Von Julius Jasper Topp 02.01.2020, 11:14
Elch Bert mit seinem Peilsenderhalsband auf einer Kuhweide bei Coswig. Inzwischen durchstreift er Brandenburg.
Elch Bert mit seinem Peilsenderhalsband auf einer Kuhweide bei Coswig. Inzwischen durchstreift er Brandenburg. dpa

Wittenberg - „In der Einöde von Sachsen-Anhalt lebt seit anderthalb Monaten ein Elch auf der Weide“, hieß es bereits im November 2018 wenig schmeichelhaft für die hiesige Region im Sat1-Frühstücksfernsehen. Das auf den Namen Bert getaufte Tier freundete sich dort mangels Artgenossen mit einer Kuhherde an. Weil dem örtlichen Viehwirt das ganze nicht geheuer war, holte er die Bullen - und damit ist nicht die Polizei gemeint. Zwei Rinder-Jungspunde sollten den Elch von ihrem Kuh-Harem fernhalten.

Bullen sind desinteressiert

Das klappte - zumindest im Fernsehbeitrag - so gar nicht. Die Jungbullen preschten mit großem Elan auf die Kuhherde zu, den am Waldrand äsenden Elch ignorierten sie völlig. Auch als die Kameras aus waren, hatten die Viehhirte nicht viel mehr Glück mit ihren Versuchen, das Tier zu vertreiben.

„Bis Ende September war er noch bei uns unterwegs“, sagt Viehwirt Günther Reichert aus dem Dessau-Roßlauer Ortsteil Natho der MZ. „Allerdings hat er dauernd unsere Elektro-Zäune kaputtgemacht mit seinen langen Beinen.“ Alle Versuche, den Störenfried loszuwerden, seien vorerst gescheitert. Junge Bullen interessierten sich nicht für den staksigen Fremden, auch Jäger hätten ihn nur kurzzeitig verscheuchen können. Bert war auch schon bei Vockerode und Coswig gesichtet worden, wo er sogar eine Art Elch-Tourismus hervorrief.

Später zog es Bert zu einem Landgut in Hundeluft und im sich anschließenden Winter, als die Kühe in den Stall umzogen, entschied er sich dann gegen Sachsen-Anhalt. In die - der Seitenhieb sei erlaubt - Einöde Brandenburgs. Das Bundesland bekommt zwar regelmäßig Besuch von den Paarhufern, die es in größerer Zahl in Polen gibt. Inzwischen sollen etwa 4 000 Tiere in den polnischen Wäldern unterwegs sein, Tendenz steigend. Immer öfter werden auch welche im Westen, meist im dünn besiedelten Brandenburg gesichtet. Elche mit Dauerwohnsitz sind dennoch eine Seltenheit.

Hier interessierte sich auch der RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg) für den Elch. Berts Schritte werden seit Jahren von Wissenschaftlern der Hochschule Eberswalde genau verfolgt, berichtet der Sender im August 2019. Das ist möglich, weil Bert seit Februar 2018 einen Peilsender um den Hals trägt, der alle zwei Stunden ein Signal verschickt. Damals war der junge Elch mehrere Tage bei Kuhherden bei Schlalach im Hohen Fläming zu Besuch gewesen. Dort hatte ihn ein Tierarzt betäubt und ein Forscher aus Eberswalde hatte ihn mit dem gelben Halsband bewährt, sowie ihm seinen Namen verpasst.

Seit er Sachsen-Anhalt und die Regionen Wittenberg und Dessau verlassen hat, scheint sich Bert ein etwa 500 Quadratkilometer großes Gebiet zwischen Trebbin, Beelitz und Treuenbrietzen ausgesucht zu haben. Der mit dem Bert-Monitoring beschäftigte Forscher wird vom RBB mit den Worten zitiert: „Würde er sich nicht wohlfühlen, würde er ein anderes Gebiet aufsuchen.“ Auch schaffe es das auffällige Tier mit zwei Metern Schulterhöhe, sich meist ungesehen durch Brandenburg zu bewegen, berichtet der Sender.

Berts Gespür für Kühe

Eines aber konnten auch die vom RBB befragten Forscher und Experten nicht lösen: Berts ungewöhnliche Liebe zu Kühen und Pferden. Elche gelten nämlich als Einzelgänger, lediglich Jungtiere bildeten manchmal Gruppen. Aus diesem Alter ist Bert allerdings längst heraus.

Im September war nun Brunftzeit - mindestens eine Elchdame machten die Wissenschaftler in Berts ungefährer Nähe aus. Ob sich die beiden getroffen haben und bald mehr Elche durch Brandenburg und vielleicht auch wieder Sachsen-Anhalt streifen, ist noch unklar. Falls es welche sein sollten, die sich gerne zu Kühen und Pferden gesellen, liegt zumindest der Verdacht nahe, dass Bert Vater geworden ist. (mz)