Schlimmer Trend Schlimmer Trend: Warum schicken so viele Eltern kranke Kinder in die Kita?

Elster - Fieber, unbändiger Husten, Durchfall, Erbrechen. Nicht alle Mütter und Väter haben die Einsicht, dass merklich kranke Kinder in der Kindertagesstätte nichts zu suchen haben. Janet Leder, Leiterin der städtischen Kindertagesstätte „Haus der kleinen Elbspatzen“ in Elster, bestätigt, was jüngst im Sozialausschuss des Stadtrates berichtet wurde, als über die Neufassung der Kindertagesstättensatzung beraten wurde: Zu oft werden kranke Kinder in die Einrichtungen gebracht.
Kranke Kinder in die Kita gebracht: Nicht bloß ein Schnupfen
„Wir reden hier nicht über einfachen Husten und Schnupfen, da sind wir schon großzügig“, so die Kita-Leiterin aus Elster. „Aber wenn sich ein Kind absolut nicht fühlt, sich quält und ständig hustet, so dass die anderen Kinder mittags auch nicht zur Ruhe kommen, das geht nicht. Das ist besonders in Zeiten der Grippe grenzwertig und schwierig“, sagt Janet Leder.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich andere Kinder, aber auch das Personal anstecken, ist hoch. „Und es ist unfair den anderen Eltern und Kindern gegenüber.“
„Das ist ein leidiges Thema bei allen Einrichtungen und Trägern“, sagt auch Maike Niendorf, die beim DRK-Kreisverband für die neun Kindertagesstätten zuständig ist, eine davon in Prettin. Sie findet es von den Eltern „unverantwortlich für das eigene Kind. Wenn sie selbst sich nicht fühlen, gehen sie ja auch zum Arzt.“
Freilich hätten die Kita-Leitungen die Möglichkeit, kranke Kinder wieder abholen zu lassen. „Dann werden sie mit Zäpfchen vollgepumpt und sind am nächsten Tag wieder da“, so die Frau vom DRK.
Maximal zehn Tage bezahlte Freistellung im Jahr erhält jeder Elternteil zur Betreuung eines kranken Kindes, bei Alleinerziehenden sind es 20 Tage. Vor allem bei Kleinkindern sei die Zeit schnell aufgebracht. Aber nicht nur wegen des Verdienstausfalls bringen Mütter oder Väter ihre kranken Kinder dennoch in die Kita. Manche befürchten Nachteile im Job, Gesetz hin oder her.
Ärztliches Attest nach Krankheit von Kita-Kindern: Regelung längst außer Kraft
Ein ärztliches Attest, dass ein Kind nach einer Erkrankung wieder tauglich für die Einrichtung ist, dürfen die Einrichtungen nicht mehr verlangen. „Das wurde schon mit der Novellierung vor fünf Jahren aus dem Kinderförderungsgesetz herausgenommen“, berichtet eine Mitarbeiterin aus dem Fachdienst Gesundheit, Bereich Infektionsschutz, in der Kreisverwaltung Wittenberg. „Das sollte dazu dienen, die Kinderärzte zu entlasten.“
Aber selbst nach einer meldepflichtigen Infektionskrankheit sei die „Gesundschreibung“ nicht mehr verpflichtend. Im Infektionsschutzgesetz stehe lediglich „... nach Urteil des Arztes ...“, aber nicht, ob das schriftlich niedergelegt sein muss. Bei Läusen zum Beispiel „muss ich jetzt die Kinder wieder aufnehmen, wenn die Eltern sagen, dass sie das Kind entsprechend behandelt haben“, erzählt Janet Leder.
„Wir sind da in einem richtigen Dilemma“, so die Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes. Auch seitens des Vorbeugenden Kinder- und Jugendgesundheitsschutzes, für den der Kreis verantwortlich ist, gebe es da keine Handhabe.
Manche Kinderärzte würden sich mit Verweis auf den Datenschutz sträuben, eine Bescheinigung auszustellen. Und die Eltern müssen diese aus eigener Tasche bezahlen. Die Kosten, die dafür erhoben werden, liegen nach Erfahrungen von Maike Niendorf zwischen 2,50 Euro und 20 Euro. „Uns sind also die Hände gebunden, da ändert sich auch mit dem neuen Kifög nichts“, so die DRK-Verantwortliche.
Das bedeutet aber auch, dass die Träger in den eigenen Satzungen keine weitergehenden Regelungen treffen können.
Bringen Eltern ihre kranken Kinder in die Kita? Träger appellieren an die Vernunft
Es bleibe also nur, an die Vernunft der Eltern zu appellieren, sagen die Kita-Leiterin, die Vertreterin des DRK und die Mitarbeiterin vom Gesundheitsamt übereinstimmend. Mit Fieber, Durchfall und Erbechen müsse kein Kind in der Einrichtung bleiben. Mit der Praxis, kranke Kinder von den Eltern abholen zu lassen, seien die Kindertagesstätten auf der sicheren Seite. (mz)