Pro-Bet Pro-Bet : Ehrenamtliche Helfer in Wittenberg sind gut vernetzt

Wittenberg - „Wenn du mal in Rente gehst, suchst du dir ein Ehrenamt“, hatte sich Lobheide Honisch geschworen. Seit vier Jahren ist sie ehrenamtliche, vom Gericht bestellte Betreuerin für jene Menschen, die sich aus den unterschiedlichsten Gründen dauerhaft oder zeitweilig nicht um eigene behördliche Angelegenheiten kümmern können.
Es sei eine anspruchsvolle Tätigkeit, die ihr aber auch viel zurückgebe. „Es gibt so viele schöne Dinge zu erleben“, kommt sie fast ins Schwärmen. Keine der fünf Frauen, die sich in Wittenberg zum regelmäßigen Erfahrungsaustausch treffen, hat diese Aufgabe wegen der geringen Aufwandsentschädigung übernommen.
Sie finden vielmehr Erfüllung darin, anderen Menschen helfen zu können und sie vielleicht eines Tages wieder ganz selbstständig zu sehen.
Gründe, eine Betreuung zu benötigen, gibt es viele. Nach medizinischen Diagnosen wie ALS, Multiple Sklerose oder Demenz, Krebs oder Suchterkrankungen sowie bei Menschen mit seelischer Erkrankung kann ein Gericht einen Betreuer bestellen. Das geschieht, wenn keine Angehörigen da sind oder zu weit weg wohnen.
Eine Betreuung bedeute jedoch nicht, dass die betreffenden Personen entmündigt seien. Diese haben immer ein Mitspracherecht, betont Lobheide Honisch. Auch ist der individuelle Aufwand sehr unterschiedlich. Bei manchem reiche ein Besuch einmal im Monat, dann wieder gibt es Phasen, da haben die Betreuer mehrmals in einer Woche Angelegenheiten zu regeln.
Ob es um Arztbesuche, Anträge bei Krankenkassen oder zum Wohngeld geht, die Betreuer helfen beim Ausfüllen und erledigen Wege. „Manchmal müssen sie sich auch streiten, weil sie zu vielen Dingen befugt sind“, weiß Jan Chitralla, Geschäftsführer des Betreuungsvereins Pro-Bet.
Dieser unterstützt die Ehrenamtlichen und bietet Räume zum Treffen und Beraten. Zudem gibt es mehrmals im Jahr Zusammenkünfte bei der Betreuungsbehörde des Landkreises, die die Ehrenamtlichen mit Einführungskursen und regelmäßigen Schulungen auf den letzten Stand bringt.
Im Gegensatz zu Berufsbetreuern, die meist Juristen oder Sozialpädagogen sind und eine professionelle Ausbildung haben, kann grundsätzlich jeder ein ehrenamtlicher Betreuer werden. Renate Birkholz, ausgebildete Sozialpädagogin, war 30 Jahre in der Altenpflege tätig.
„Für dieses Ehrenamt konnte ich meine Grundkenntnisse einsetzen. Aber ich habe schwer dazu gelernt. Früher hatte ich nie mit dem Jobcenter und der Schuldnerberatung zu tun“, erzählt sie.
Für jede Person, die sie betreuen, erhalten Renate Birkholz und die anderen einen Ausweis. In diesem sind ihre Aufgaben, etwa Vermögensangelegenheiten und Gesundheitsvorsorge, klar definiert. „Wenn wir diesen Ausweis vorlegen, müssen Behörden uns Auskunft geben“, sagt Lobheide Honisch. Letztlich, so Jan Chitralla, funktioniere dies ähnlich wie bei einer Vorsorgevollmacht im familiären Bereich.
Allerdings unterstehen die ehrenamtlichen, vom Gericht bestellten Betreuer auch der regelmäßigen gerichtlichen Kontrolle. Das sei wichtig, betont Chitralla, denn letztlich gebe es ein hohes Haftungsrisiko.
Natürlich muss auch die „Chemie“ zwischen Betreuer und dem zu Betreuenden stimmen. Letzterer hat ein Mitspracherecht, wenn es darum geht, wer seine Angelegenheiten regelt. Aber auch der Betreuer kann, wenn vielleicht das Krankheitsbild des zu Betreuenden nicht passt, den Fall ablehnen.
Was alle fünf Betreuerinnen loben, ist das gute Netzwerk in Wittenberg zwischen Ämtern und Behörden, Betreuern und Vereinen. Lobheide Honisch nennt den Verein Pro-Bet gar eine „Oase“, wo man Unterstützung jeder Art und Beratung gefunden habe. Das, so wissen sie, ist in anderen Regionen keine Selbstverständlichkeit. (mz)