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Naturheilkunde in Oranienbaum Naturheilkunde in Oranienbaum: Mixturen vom Kräuterweib Elke du Bois

Von Andreas Behling 30.07.2020, 10:18
Elke du Bois hat in rustikalen Regalen Teemischungen und vieles mehr zu stehen.
Elke du Bois hat in rustikalen Regalen Teemischungen und vieles mehr zu stehen. Andreas Behling

Oranienbaum - Elke du Bois klingt gelöst. „Das Programm ist jetzt komplett“, verkündet die Oranienbaumerin. Für den 8. August hat sie ab 10 Uhr einen kleinen Mittelaltermarkt organisiert. Das dazugehörende Lager wird an der Brückmühle aufgeschlagen. Dort, vor den südlichen Toren Oranienbaums, sind auch Bogenschützen und Ritterkämpfe zu bewundern. Handwerker zeigen wie gefilzt wird und die ersten Drechselbänke funktionierten.

„Für die Kleinen sind Kinderschminken und Bastel-Stationen vorbereitet“, erzählt die Organisatorin. „Für die Großen gibt es eine Taverne und natürlich auch Honigfleisch. Und für alle süße Waffeln.“ Das alles werde musikalisch mit mittelalterlichen Liedern mit Dudelsack und Harfe begleitet. Zwischendurch sorgt eine Feuershow für Magie.

Keine Zauberei ist, was Elke du Bois in einem Trakt der Brückmühle - der Hof wurde 1705 gegründet, besteht dieser Tage also 315 Jahre - pragmatisch, doch auch mit viel Liebe zum Detail eingerichtet hat.

Wissen wandert weiter

Aus einem Stall, in dem früher schwarze Hengste standen, ist ein ganz spezielles Reich geworden. In dem gibt Elke du Bois ihr großes Wissen über Kräuter und deren gesundheitlichen Nutzen an jeden weiter, der sich für die manchmal nahezu vergessenen Heilkräfte interessiert, die sich in der heimischen Pflanzenwelt verbergen. Und wenn die Frau von Wald - so lautet die Übersetzung von „du Bois“ - von sich sagt „Ich kenne mich etwas mit Kräutern aus“, dann ist das vielleicht die Untertreibung des Jahres.

Weil sie wegen der Corona-Krise nicht mehr als Kräuterweib, eine wohlduftend gefüllte Kiepe geschultert, auf den einschlägigen Märkten unterwegs sein konnte, sieht sie in ihrem neuen Refugium den idealen Ort, Kenntnisse und Erkenntnisse zu vermitteln. „Ich muss ja mit dem Wissen irgendwo hin. Ich brauche den Kontakt. Ich möchte agieren“, sprüht die 61-Jährige vor Energie. „Es wäre doch schade, wenn Wissen verloren geht und sich verflüchtigt.“

Die Einrichtung des einstigen Pferde-Domizils - die ab und zu einfliegenden Schwalben schreckt ein ausgestopfter Falke ab - habe relativ zügig gestanden. In den rustikalen Regalen sind verschiedene Tee-Mischungen („Wenn ,Harmonie auf der Tüte steht, dann ist sie dort auch drin“), Gelees, Löwenzahnsirup, Essenzen aus Fichtennadeln und Holundersekt fein säuberlich aufgereiht.

„Alles individuell geerntet, verarbeitet und gemixt. Das ist es, was ich als Manufaktur leisten kann“, unterstreicht die Oranienbaumerin, die ins Schwärmen gerät, wenn sie auf Lieblinge aus der Welt der Kräuter zu sprechen kommt.

Der Spitzwegerich zum Beispiel sei äußerst lindernd im Fall von Mückenstichen. Doch fasse man ihn zu derb an, werde die Salbe, die sich aus ihm gewinnen lasse, unansehnlich braun. „Außerdem schmecken seine gerösteten Samenkörner ganz ähnlich wie Champignons“, findet Elke du Bois, die in jedem Jahr das Auftauchen der Gänseblümchen herbeisehnt. „Verspeise ich die ersten fünf, bringen sie mich gesund durchs Jahr“, verrät sie ein „Betriebsgeheimnis“.

Von der Tüte über das Glas bis zur Flasche ist hier alles gut versiegelt. Gleich nebenan riecht es freilich ausgesprochen würzig. Hier werden Pflanzenstiele und zarte Blüten getrocknet - an Schnüren hängend oder locker auf Tabletts. „Will ich die Farben erhalten, bleiben die Pflanzen in der dunklen Kammer. Die Sonne würde ausbleichen.“

Es sind solche fast simplen Dinge, an die Elke du Bois erinnert. „Ich will die Menschen gar nicht mal unbedingt ins Mittelalter versetzen“, sagt sie. „Aber ich will ihnen dabei helfen, den alten Energien nachzuspüren.“ Für sie sei es immer eine Freude, in die staunenden Augen zu blicken, wenn sie mit ihren Gästen über die Wiesen wandere und dabei erzähle, dass manches Unkraut eben nur das unbekannte Kraut sei, dessen Schätze man erst erschließen müsse.

Dass sie einen Nerv getroffen hat, bekommt die ausgebildete Tierheilpraktikerin oft auf ihrer Facebook-Seite bestätigt. Die Präsenz erreicht inzwischen bis zu 20.000 Menschen.

Sich selbst bezeichnet Elke du Bois als ausgesprochen experimentierfreudig. Sie kann sich Reiki-Meisterin nennen und ist seit 20 Jahren passionierte Landwirtin. Aktuell bewirtschaftet sie 13 Hektar. Was sie ökologisch anbaut und vorsichtig mit den Händen abzupft - etliche Wirkstoffe würden durch den Einsatz von Maschinen verloren gehen -, trägt ein Bio-Zertifikat. „Die genutzten Flächen, die Lagerräume, alles wird genau unter die Lupe genommen, bevor es den Kontrollstempel gibt.“

Mit Essig und Knoblauch

Mit dem Mut, Zutaten der Natur zu kombinieren, hat sie auch ein eigenes Desinfektionsmittel gebraut. Aus der Sprühflasche entweicht ein leicht essigartiger Geruch. Für jemanden mit wirklich gutem Riecher sind zudem Lavendel, Kardamom und Knoblauch zu identifizieren. „Was den eigenen Schutz angeht, der einfach notwendig ist, ist man damit“, schwört Elke du Bois, „auf jeden Fall auf der sicheren Seite.“ (mz)

In der Kräutertrocknung
In der Kräutertrocknung
Behling