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Nach Brand in Bergwitz Nach Brand in Bergwitz: Zehn Tage Ausnahmezustand

Von Alexander Baumbach 04.04.2017, 09:05
Uve Kurtz steht in den Trümmern seiner Praxis
Uve Kurtz steht in den Trümmern seiner Praxis Baumbach

Bergwitz - Zwei Tage ist es her, dass die Orthopädie-Praxis von Uve Kurtz in Bergwitz gebrannt hat. Die Flammen, die vermutlich in einem Serverschrank ihren Ausgangspunkt hatten, fraßen sich an den Wänden entlang durch den Flur.

Ruß und Hitze verteilten sich durch die ganze Praxis. An eine Behandlung ist hier so schnell nicht zu denken. Die Patienten sind verunsichert.

Wie geht es nun weiter mit Terminen? Sind Operationen betroffen? Die Praxis informiert auf ihrer Homepage darüber, dass man an einer schnellen Wiederaufnahme des Betriebs arbeite.

„Alle OP-Termine bleiben, die Operationen werden durchgeführt wie geplant“, heißt es in einem Statement von Uve Kurtz. Die Nachbetreuung sei gesichert. Informationen darüber erhalten Patienten am Operations-Tag. Viele haben am Montag aus der Zeitung erfahren, dass es gebrannt hat. Einige kommen nach Bergwitz – unsicher, was denn nun aus aus ihrer Behandlung wird.

In einer Garage auf dem Grundstück vor der Praxis haben sich fünf Arzthelferinnen von Uve Kurtz provisorisch eingerichtet, fangen die Patienten ab und koordinieren die Termine neu. Das Terminbuch hat Schwester Anett im Kopf. Eine sechste Kollegin arbeitet sich gerade in einem Schnellkurs in einer Ausweichpraxis ein.

Ein Mann kommt zielstrebig auf den Hof, will in die Praxis, stutzt. „Wie machen wir denn das jetzt mit der Vorbesprechung?“, fragt er in die Runde. Zwei Minuten später ist das Problem gelöst, er fährt zufrieden davon.

„Bis zum 10. April ist Ausnahmezustand. Ab dann geht es regulär weiter – nur wo, dass ist noch nicht ganz klar“, erklärt Uve Kurtz gegenüber der MZ. „Alle Sprechstundentermine nach Ostern bleiben ebenfalls. Patienten, die bis Ostern einen Termin haben, werden angerufen“, beruhigt der Mediziner die Gemüter.

Das Praxis-Telefon geht nicht. Das Problem soll in den nächsten Tagen gelöst werden. Bis dahin macht Kurtz Management per Whatsapp. „Ich wüsste gar nicht, was ich ohne die Damen machen würde. Die koordinieren, telefonieren, planen schon die neue Einrichtung. Dieses Team ist goldwert“, lobt er seine Mitarbeiterinnen.

Wo denn neu eingerichtet wird, ist noch nicht ganz spruchreif. Angebote gäbe es. „Bürgermeister Seelig hat seine Hilfe zugesagt, vielleicht gibt es da ganz kurzfristig Räume in der Nähe“, gibt sich Kurtz optimistisch.

„Auch von den Kollegen kommt ganz viel Hilfe. Zur OP-Nachsorge darf ich die Räume von Frau Doktor Gutzmer in Bad Schmiedeberg nutzen. Den ganzen Tag klingelt das Telefon mit Hilfsangeboten – das reicht bis zum Rezeptblock, den mir ein Freund gebracht hat“, erzählt er.

Der Computerexperte erscheint am Unglücksort. In einer Tasche bringt er den größten Schatz der Praxis – die rekonstruierte Patientendatei. Der Laptop wird übergeben. „Geht da auch das Kartenlesegerät dran?“, fragt Schwester Anett. „Richten wir dann ein“, beruhigt der Mann. Die Frau atmet auf.

Die Polizei schätzt kurz nach dem Brand den Schaden auf rund 100.000 Euro. „Das reicht bei Weitem nicht“, sagt der Versicherungsexperte, der sich am Montag einen Überblick über die Lage verschafft. Das Gebäude, das der Stadt Kemberg gehört, soll erst 2014 aufwändig saniert worden sein.

Jetzt wird geprüft, ob eine Spezialfirma die Schäden beseitigt, die im ganzen Haus entstanden sind. Es ist ja nicht nur die Orthopädie-Praxis im Erdgeschoss betroffen – auch im Sanitätshaus von Manfred Cottin im ersten Obergeschoss ist alles mit Ruß bedeckt.

„Auf den ersten Blick sieht man nicht viel, aber schauen Sie mal“, sagt er und hebt einen Seifenspender auf dem Waschbecken hoch: ein weißer Kreis zeichnet sich im Hellgrau des Waschbeckens ab. Verbandsmaterial, Verpackungen – alles ist mit einer dünnen Rußschicht bedeckt.

Auch in die Zahnarztpraxis von Detlef Lüder hat sich der Ruß seinen Weg gebahnt, auf dem Fußboden sind die Spuren des Brandes zu sehen. Lüders gibt sich optimistisch. „Es fallen keine Termine aus. Alles geht seinen Gang“, sagt er. Sicherheitshalber soll eines der beiden Behandlungszimmer von Spezialisten geprüft werden, der Praxisbetrieb sei davon aber nicht beeinträchtigt.

„Außerdem wollte sich jetzt die Physiotherapie von Silke Franz hier erweitern“, erzählt Kurtz. Aber auch da gibt es teilweise Entwarnung. „Wir wollen zwei Räume im Obergeschoss als Schulungsräume nutzen, da sollte diese Woche der Elektriker kommen. Das liegt jetzt erstmal auf Eis – der Betrieb in der Praxis im Nachbarhaus läuft aber wie gewohnt weiter“, erklärt Inhaberin Silke Franz telefonisch gegenüber der MZ. (mz)