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Mord-Prozess endet zum dritten Mal Mord-Prozess endet zum dritten Mal: Mann im Jahr 2012 getötet: Lange Haft für Litauer

Von Thomas Steinberg 02.05.2020, 09:27
Der Transporter des Mordopfers wurde im Januar 2012 zwischen Klieken und Roßlau gefunden
Der Transporter des Mordopfers wurde im Januar 2012 zwischen Klieken und Roßlau gefunden Archiv/Polizei

Magdeburg/Dessau - Im Verfahren um den Tod des Müncheners Ulf M. sind am Donnerstag die drei Angeklagten unter anderen wegen versuchten Mordes und erpresserischen Menschenraubs zu Freiheitsstrafen zwischen zehn Jahren und sechs Monaten sowie zu 13 Jahren verurteilt worden. Verkündet wurde das Urteil vom Landgericht Magdeburg.

Drittes Urteil seit 2014

Es ist das dritte Urteil eines Landgerichts - das erste wurde 2014 gesprochen - in nunmehr sechs Jahren im Fall Ulf M. Er war im Januar 2012 von München kommend auf der A 9 unterwegs und hatte auf dem Rastplatz in Höhe Klieken eine kurze Pause eingelegt. Hier war er von fünf Männern aus Litauen überwältigt und in einen Wald zwischen Klieken und Roßlau verschleppt worden. Sie misshandelten ihn, pressten ihm EC- und Kreditkarten ab und hoben damit Geld ab.

Bevor sie sich auf den Weg nach Litauen aufmachten, pferchten sie den schwer verletzten M. in seinen Transporter und fuhren ihn in ein anderes Waldstück. M. starb an den Folgen seiner Verletzungen. Die Täter kehrten ohne sonderliche Eile in ihre Heimat zurück und legten noch zwei Einkauf-Stopps ein. Ihre Beute belief sich insgesamt auf etwa 4.000 Euro. M. war da bereits von seinen beunruhigten Eltern als vermisst gemeldet worden. Seine Leiche konnte erst nach einigen Tagen gefunden werden.

Mehrere Anläufe

Die beiden ersten Urteile im Fall wurden vom Landgericht Dessau gesprochen und fielen beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe durch. Nach dessen erster Entscheidung musste das gesamte Verfahren völlig neu aufgerollt werden, weil die Karlsruher Richter das Tatgeschehen als unzureichend aufgeklärt ansahen. Nach dem zweiten Prozess wurden lediglich die rechtlichen Schlussfolgerungen im Urteil in einzelnen Punkten für nichtig erklärt. Zur dritten Verhandlung wurde das Verfahren dann nach Magdeburg gegeben, wo sich die zuständige Strafkammer unter Dirk Sternberg vor allem mit den rechtlichen Aspekten zu beschäftigen hatte.

Komplizierte Bewertung

Die juristische Bewertung der Tat galt als extrem kompliziert und bereitete selbst dem Bundesgerichtshof einige Schwierigkeiten. Erwägungen, die im zweiten Urteil angestellt werden, tauchen im ersten nicht auf. Der Fall hat es inzwischen in Examensprüfungen von Jurastudenten geschafft.

Tatsächlich ist es schwer nachvollziehbar, dass, obwohl ein Mensch nach Gewalteinwirkung stirbt, im Urteil lediglich von einem versuchten Mord zur Vertuschung der Tat die Rede ist. Vom Versuch, wenn auch noch von einem Totschlag, war im zweiten Dessauer Urteil erstmals die Rede. Das Argument des Gerichts: Die Angeklagten hätten durchaus den Tod von Ulf. M. gewollt, aber aus ihrer Sicht sich irgendwann von diesem Plan verabschiedet. Dass sie zu diesem Zeitpunkt Ulf M. bereits lebensgefährlich verletzt hatten, hätten sie nicht ahnen können, befand ein Rechtsmediziner. Selbst für einen rechtzeitig eintreffenden Notarzt wäre nicht ohne weiteres zu erkennen gewesen, in welcher Gefahr M. schwebte.

Noch nicht rechtskräftig

Das jetzt in Magdeburg gesprochene Urteil ist nicht rechtskräftig und kann erneut angefochten werden. Ob es dazu kommt, ist völlig offen. Einige Verteidiger zeigten sich zufrieden mit dem Urteil, obwohl das Strafmaß durchweg höher als im zweiten Prozess ausgefallen ist.

Nebenklage und Staatsanwaltschaft hätten vor dem Bundesgerichtshof nur eine Chance, wenn es ihnen gelänge, einen vollendeten Mord nachzuweisen. Dass mittlerweile nach all den Jahren überhaupt ein Urteil wegen Mordes gesprochen wurde, können sie bereits als Erfolg verbuchen. (mz)