Lehrermangel in Dabrun Lehrermangel in Dabrun: Schule wie zu Omas Zeiten

Dabrun - Claudia und Kai Tilliger sind „fassungslos und ohnmächtig“. Es geht um die Grundschule Dabrun. Die Eltern zweier schulpflichtiger Kinder sprechen von einer „desaströsen Situation“. Dabei hatte sich ihre Tochter so auf die Einschulung gefreut. „Die erste Klasse besteht aus 30 Kindern, einer Klassenlehrerin, sie ist ohne festen Stundenplan, ohne pädagogische Hilfskraft, zusammengepfercht in einem viel zu kleinen Unterrichtsraum“, berichten die Eltern.
Noch dramatischer gehe es in der Vierten zu. „Die wird, wie schon zu Omas Zeiten, auf andere Klassen aufgeteilt und erhält ein Arbeitsblatt zum Durcharbeiten und zum Selbststudium“, so die Tilligers.
Das Paar sorgt sich um die Schullaufbahn ihres Sohnes. „Nach Einschätzung der Lehrer sind die Voraussetzungen zum Besuch eines Gymnasiums gegeben. Doch dort spielt es dann keine Rolle, ob der Lehrplan in der vierten Klasse erfüllt werden konnte oder nicht. Dort ist es irrelevant, ob die Grundlagen vollständig erfüllt werden konnten. Wir sind somit durch die Versäumnisse der Behörden doppelt gestraft und unsere Kinder müssen dies nun austragen!“, so die Tilligers.
Laut den Eltern wurden Politiker auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene über die Zustände informiert. Doch außer den Aussagen: „Da muss etwas getan werden!“, „Die Eltern müssen sich stark machen“ bis zu „Wir nehmen uns dem Thema an und müssen da mal drüber sprechen“, sei nichts passiert.
Das sieht der Bürgermeister nicht anders. „Mir platzt gleich der Kragen“, sagt Torsten Seelig (CDU). „Aber mal so richtig“, schimpft der Kemberger über die Ereignisse in seinem Ortsteil. „Ich habe die Info erhalten, dass eine Direktorin kommissarisch eingesetzt wird - für drei Stunden die Woche. Für die vierte Klasse fehlt eine Lehrerin ganz. Ich kann das nicht nachvollziehen“, so der Verwaltungschef.
Dabei habe sich die Stadt der Verantwortung für den Dabruner Schulstandort gestellt - und zwar für eine moderne Bildungseinrichtung, die sich deutlich unterscheide von einer wie aus Omas Zeiten. Die digitale Epoche habe hier schon längst Einzug gehalten. Mit Fördermitteln wurden „digitale Tafeln“ installiert und ein entsprechendes Netzwerk eingerichtet.
„Wir haben hier 360.000 Euro investiert. 75 Prozent kamen vom Land“, so Seelig. Zum anderen erfolgt derzeit der Neubau der Kita Elbspatzen, direkt neben der Grundschule, ebenfalls mit Fördermitteln. Die Baukosten belaufen sich hier laut Seelig auf etwa 1,8 Millionen Euro. „1,2 Millionen Euro kommen vom Bund“, so Seelig. Doch dieses Engagement nutze ohne genügend Lehrer nichts.
Das wird in der Kreisverwaltung kaum anders gesehen. Eine Reaktion kündigt Wittenbergs Vize-Landrat Jörg Hartmann (CDU) an. „Kraft unserer Wassersuppe“, so der Mann auf MZ-Anfrage, „werden wir einen Brief an das Magdeburger Bildungsministerium schreiben.“
Da ist Matthias Lieschke schon weiter. Der Landtagsabgeordnete der Alternative für Deutschland hat über den Fall ein Video gedreht. In dem Clip für die sozialen Medien interviewt er sich selbst. Der Versuch, mit Eltern bei Bildungsminister Marco Tullner (CDU) vorzusprechen und die Proteste zu übergeben, sei gescheitert.
Beim Pförtner, so Lieschke bei Youtube, sollte er die Schreiben abgeben. „Das war ein logistischer Hinweis“, sagt dazu Michael Schulz. Selbstverständlich werde der Mann auch im Sekretariat empfangen. Aber der Minister selbst habe einen vollen Terminkalender, da sei ein kurzfristiges Gespräch nicht immer möglich, erklärt der Sprecher des Ministeriums.
„Ab sofort gibt es in Dabrun eine vierte Klasse“, sagt er am Donnerstag der MZ. Damit wird auch die Situation der Schulanfänger entschärft. Nach seinen Angaben tritt die Regelung am Freitag in Kraft. Die „vorübergehende Lösung“ hat einen Nachteil. Die zweite Klasse werde aufgeteilt. „Die Vierte hat Priorität“, so Schulz, der hofft, dass sich mit einer erneuten Ausschreibung die Probleme klären lassen. So lange bleibt Dabrun eine Schule wie aus Omas Zeiten. (mz)