Jugendamt und Corona Jugendamt und Corona: Freie Träger wirken im Dauereinsatz

Wittenberg - Eigentlich treffen sich die freien Träger der Hilfen zur Erziehung (HzE) vier Mal im Jahr gemeinsam mit dem Jugendamt, doch mittlerweile findet die Dialoggruppe wöchentlich statt. „Wir müssen uns unter den Rahmenbedingungen besonders intensiv abstimmen“, sagt die Fachdienstleiterin für Jugend und Bildung des Landkreises, Ute Helmchen. Der ständige Austausch mit den freien Trägern der Jugendhilfe helfe, Gefährdungslagen rechtzeitig zu erkennen und sofort gemeinsam handeln zu können.
Die Mitarbeiter der freien Träger müssten nun die Arbeit der Kindergärten und Schulen ausgleichen, erklärt sie weiter. „Neue Problemlagen“ entstünden, da nun auch vormittags die Betreuung der Jugendlichen gewährleistet werden müsse und eine Beaufsichtigung der Schularbeiten notwendig sei. „Das ist eine Herausforderung im Hinblick auf das Personal“, sagt sie. An Kurzarbeit sei demnach gar nicht zu denken.
Etwa 400 Familien mit Kindern von null bis 18 Jahren, die Betreuung benötigen, sind dem Jugendamt bekannt. „Wir wollen mit den Familien jetzt ganz eng im Kontakt stehen, um die Kinder im Blick zu haben“, berichtet Helmchen.
Hausbesuche notwendig
Dass kritischen Situationen, insbesondere der Kindesgefährdung, vorgebeugt werden muss, macht auch Tobias Baumgarte, Sachgebietsleiter HzE bei Reso-Witt, deutlich. Der Verein leistet direkt in den Haushalten ambulante Jugendhilfe. „Wir haben regen Kontakt mit den Familien“, erzählt er. Sehr oft, manchmal sogar täglich, stünden seine Mitarbeiter in Verbindung mit den Haushalten.
Einerseits nutze man jetzt Telefon und Video-Chat, oft sei es dennoch nötig, Besuche abzustatten. Baumgarte betont, dass die Mitarbeiter, die bei den Familien sind, es besonders verdient hätten, Erwähnung zu finden. Er finde es schade, dass erst in Zeiten wie dieser auffalle, wie systemrelevant die freien Träger der HzE seien. „Sie verdienen öffentlichkeitswirksam absolute Wertschätzung“, sagt er.
Im Ausnahmezustand
„Das gemeinsame wichtige Thema ist im Moment die Sicherung des Kinderschutzes“, stellt auch Michael Werner, Bereichsleiter der HzE bei der Arbeiterwohlfahrt, klar. Er lobt die vehemente Unterstützung seiner Mitarbeiter, die vorwiegend teilstationär, also beispielsweise als Betreuer von Tagesgruppen, arbeiten. Aufgrund der Ausnahmesituation würden die Kinder, statt in Tagesgruppen, nun eins zu eins von den Mitarbeitern betreut.
Neben der Prävention von Konfliktsituationen helfe man den Familien, zeitliche Strukturen aufzustellen und aufrechtzuerhalten oder gebe Hinweise für eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung trotz Corona. Er freue sich darüber, so Werner, dass die Arbeit der Awo so gut angenommen wird. Häufig bekämen sie positive Rückmeldungen aus den einzelnen Familien.
Auch der Alltag der 24 Kinder und Jugendlichen im „Schloss Wartenburg“ habe sich beträchtlich verändert, berichtet Ramona Kula. Sie ist Verbundleiterin des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks für Sachsen und Sachsen-Anhalt und Leiterin der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung „Schloss Wartenburg“. Trotz der zusätzlichen Belastung sei die Einrichtung soweit nicht von Personalmangel geplagt, sondern gut aufgestellt.
„Ich bin sehr sehr stolz auf meine Mitarbeiter“, berichtet Kula. Vormittags müsse nun die schulische Begleitung abgesichert und nachmittags eine völlig andere Gestaltung der Freizeit vorgenommen werden. Dazu brauche es auf Seiten der Mitarbeiter Elan und Kreativität, doch daran mangelt es laut Kula nicht im Schloss Wartenburg: „Die Kollegen sind sehr engagiert und mit tollen Ideen dabei.“
Kreativität werde auch in den kommenden Tagen gefragt sein: „Ostern wird eine Herausforderung“, sagt Ute Helmchen. In diesem Jahr sei es besonders wichtig, den Jugendlichen ein schönes Fest zu bieten. Auch er sei traurig, so Tobias Baumgarte, dass der traditionelle Osternachmittag mit Programm für die Jugendlichen nicht möglich ist. Stattdessen sind Bastelaktionen geplant, außerdem haben einige Sponsoren dafür gesorgt, dass volle Osterkörbe die Kinder und Jugendlichen erreichen werden.
Die Dialoggruppe
Zu den regelmäßigen Teilnehmern der Dialoggruppe zählen folgende freie Träger der Hilfen zur Erziehung: das Albert-Schweitzer-Familienwerk, der ASB, das Augustinuswerk, die Autismusambulanz, die Awo, das EJF, der IB, Reso-Witt, Salus und das Trägerwerk Soziale Dienste (TWSD). (mz)