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Indoor Soccer Indoor Soccer: Lutherkicker holen Winnicup

12.04.2017, 08:37
Beim Winni-Cup in der Wittenberger Stadthalle kämpften hier die Rischebach-Springer gegen Turnhallen-Kicker.
Beim Winni-Cup in der Wittenberger Stadthalle kämpften hier die Rischebach-Springer gegen Turnhallen-Kicker. Klitzsch

Wittenberg - Das kann im Jahr des Reformationsjubiläum ja kaum anders zu sein: Die Lutherkicker haben am Dienstag in der Wittenberger Stadthalle den Winni-Cup - ein Turnier für Hortkinder im Alter von sechs bis zehn Jahren - verdient gewonnen. Im Finale bezwingen die Steppkes Wörlitz 38 mit 3:1.

Kapitän Ben feuert sein Team nach einer Verletzung von der Bande aus an. Die Wettkampffläche ist ein Soccer-Court, der komplett mit Luft gefüllt wird. Das hat es in einer Wittenberger Sporthalle noch nie gegeben. Für die meisten Kinder, die mehr hüpfen als spielen, ist die Premiere eine unglaubliche Gaudi. Dazu gibt es auch einen gewöhnungsbedürftigen sprungreduzierten Ball.

Die Wittenberger - am Turnier nehmen 24 Mannschaften aus dem gesamten Landkreis teil - kommen mit den Bedingungen eben am besten zu recht. Mike legt mit einem Doppelpack den Grundstein für den Erfolg im Finale. Und der junge Mann macht schon mal im Siegerstatement klar: Toreschießen ist für ihn das normalste der Welt.

Dafür freut sich Eric über sein Finaltor ganz besonders und nennt schon mal einen Leipziger Bundesligaprofi als sein sportliches Vorbild. Die Statements sind schon echt cool, doch die Freude ist natürlich groß. Es gibt in diesem über vierstündigen Wettkampfmarathon unglaubliche Emotionen pur.

Überglücklich sind auch die Silbermedaillengewinner „Wir haben nicht damit gerechnet, dass wir die Vorrunde überstehen“, heißt es von der Teamleitung aus der Wörlitzer Villa Sonnenschein. Doch es wird nicht nur die Gruppenphase, sonder auch das Viertel- und das Halbfinale gemeistert.

Eigentlich müsste zumindest „Irgendeine Mannschaft“ mit dem Schicksal hadern. Sie geben im kleinen Finale alles, können selbst einen 1:3-Rückstand bei drei Minuten Spielzeit mit großem Kampfgeist tatsächlich noch vor Abpfiff ausgleichen.

Doch das „Entdeckerland“ - so nennt sich der Hort der Arbeiterwohlfahrt aus Wittenberg - schafft in der Verlängerung das so genannte Golden Goal. Im richtigen Fußball bedeutet diese längst abgeschaffte Regel, dass das Team, das den ersten Treffer erzielt, gewinnt. Doch Irgendeine Mannschaft - das Trio kommt aus der Kita am Wäldchen in Bergwitz - zeigt sich trotzdem „sehr zufrieden“ mit Rang vier. Auch hier sind strahlende und glückliche Gesichter zu sehen.

„Wir haben mit zwei Erstklässlern und gemischt gespielt“, erläutert Moritz Lüdtke. Der Teamleiter hat durch professionelles Coaching viel aus seinen Kickern herausgekitzelt.

Sein Trio stürzt nicht wie wild - wie es besonders in der Vorrunde oft zu beobachten ist - nach dem Ball. Irgendeine Mannschaft verfolgt einen echten Matchplan mit lautstarken cleveren Anweisungen von der Bande. „Ich bin Fußballer in Bergwitz“, sagt der Erzieher, der also über Kreisoberliga-Erfahrung verfügt.

Auf der Luftanlage muss Fußball-Erfahrung aber nicht unbedingt von Vorteil sein. Diese Erkenntnis gewinnt sogar ein Champions-League-Sieger. Denn bei so vieler Gaudi, wird das Kind im Manne wach. Kurzfristig wird ein Promi-Match vereinbart. Der Veranstalter des Events - läuft als Deutsche Soccer Liga eben mit René Tretschok auf - trifft dabei auf den Kreissportbund, der sich „Die letzte Reserve“ nennt.

Mit dabei ist der Geschäftsführer, der aktiv in Trebitz kickt. Und Stephan Arnhold zeigt Stürmerqualitäten. Sein Widerpart ist kein Geringerer als der Ex-Profi, der so eine Art vom Straßenfußball bekannten letzten Mann - es gibt bei diesem Turnier keinen Torwart - spielt.

Arnhold netzt gegen den Star ein. „Mir fehlen die Worte“, kommentiert der Torschütze. Sein Team - das gemischt gegen ein Männer-Trio agiert - gewinnt sensationell 4:3. Und Tretschok wollte keineswegs freiwillig verlieren. „Der Untergrund ist auch für mich ungewohnt. Das ist keinesfalls mit Rasen zu vergleichen“, so der Fußball-Experte, der sich viel Zeit vor allem für die Kinder nimmt.

Wenn Tränen nach Niederlagen fließen, ist er sofort zum Trösten zur Stelle. Und als das Team Mars 0:11 verliert, belässt er es nicht nur bei Worten, sondern stellt sich für ein Mannschaftsfoto zu Verfügung. „Es geht nicht ums Gewinnen, sondern um das faire Miteinander“, erklärt er.

Natürlich schreibt der Ex-Kicker auch mit großer Geduld Autogramme. Es bildet sich ein lange Schlange, obwohl die Kinder ja kaum die großen Erfolge des gebürtigen Wolfeners kennen können. Tretschok ist schon von der ersten Minute an auf Betriebstemperatur. Bereits bei der Erwärmung, die die Fitness-Trainerin Anna Eilert anleitet, fällt er neben Maskottchen Winni unter den jungen Kickern auf.

Das Aufwärmen nennt der 48-Jährige „sensationell“. „Ich bin jetzt topfit“, erklärt er. Der Ex-Kicker, der eine Fußballschule betreibt und schon Auswahlspieler heraus gebracht hat, betont auch am Dienstag, dass er ein echter Sachsen-Anhalter ist. Seine Frau sei eine Dessauerin.

Was er nicht sagt: In seinen Dortmunder Glanzzeiten - hier gewinnt er den wichtigsten Vereinspokal und wird zweifacher Deutscher Meister - wählte er für den schönsten Tag in seinem Leben nicht das damalige BVB-Gourmet-Stammhaus Lehnhof, sondern die Heirat wird im Wörlitzer Stein gefeiert.

Ob er im nächsten Jahr wieder mit dem Winni-Cup in Wittenberg Station macht, hängt auch von den Sponsoren ab. Geht es nach den 88 begeisterten Kindern, ist die Sache längst klar.

Hattet ihr Spaß und sollen wir wieder kommen? Diese Fragen werden am Dienstagnachmittag mit einem lautstarken „Ja“ beantwortet. „Bewegung ist besser als Sitzen und Langeweile“, findet zumindest Wittenbergs Bürgermeister Jochen Kirchner.

Und in Bewegung bleiben die besten „Luft“-Kicker sowieso. Sie vertreten den Kreis beim großen Bundesfinale vom 20. bis 23. Juli in Prora auf Rügen. Neben den ersten vier Mannschaften haben sich für das einmalige Spektakel auch noch die „Awolinos“ und die „Kollies“ (beide „Käthe Kollwitz“, Wittenberg) sowie „Die Sportkids Apollensdorf Nord“) vom Hort „Benjamin Blümchen“ qualifiziert.

Wittenberg ist bei der aktuellen Winni-Cup-Tour nach Meißen (Sachsen) die zweite Station. Insgesamt wird es 20 in verschiedenen Altersklassen geben. (mz)

René Tretschok gibt Autogramme an Jolina (li.) und Pia .
René Tretschok gibt Autogramme an Jolina (li.) und Pia .
Klitzsch
Das Spielfeld wurde mit Luft gefüllt und stand in der Halle.
Das Spielfeld wurde mit Luft gefüllt und stand in der Halle.
Klitzsch