Fußball-Verbandsliga Fußball-Verbandsliga: Arnstedt gegen Priesteritz im Thriller bei Edelweiß

Piesteritz - Dramatische, packende Minuten am Samstag kurz nach 16.45 Uhr in Arnstedt: Schiedsrichter Alrik Luther pfeift nicht ab, sondern zeigt eine Nachspielzeit von vier Minuten an. „Wir halten das“, ruft FC-Geschäftsstellenleiter Raik Stepputtis den Piesteritzern zu. Die Grün-Weißen führen beim haushohen Favoriten Edelweiß in einem Fußball-Thriller 4:3. Die Hausherren antworten auf den Spielstand mit einem Powerplay, versuchen es aber zu oft ideenlos nur mit langen Bällen.
Trainer wechselt sich selbst ein
„Jetzt wollen wir gewinnen“, fordert der verletzt ausgeschiedene Kevin Redlich. Auf der Bank sitzt längst niemand mehr. Hektik und Anspannung sind groß. Und der Trainer, der seine Elf taktisch hervorragend eingestellt hat, kann von Außen keine Regieanweisungen mehr geben. Heiko Wiesegart hat sich in der brisanten Schlussphase selbst eingewechselt. Er hat auch keine Alternative mehr, als sich Valentin Arlt bei seinem Verbandsliga-Debüt kurz nach seiner Einwechslung eine Verletzung zuzieht. Der Coach ist auch darauf bestens vorbereitet. Innerhalb von wenigen Sekunden wechselt er vom Trainer- in den Spielerlook und ist sofort voll da, unterbindet mit der ersten Ballberührung einen gefährlichen Angriff der Platzherren. Es ist so, als wäre der einstige Kapitän der Elf nie weggewesen. Doch es ist keine Zeit für Fußball-Romantik. Auch nicht für das Ur-Gestein aus dem Volkspark, der bei seinem Kurzeinsatz auch noch die Gelbe Karte sieht. Es geht um wichtige drei Punkte.
Als Luther um 16.51 Uhr die Partie beendet, ist der Jubel grenzenlos. „Wahnsinn“, „geil“, kommentieren die FC-Fans und zücken ihre Smartphones, um den Moment festzuhalten. Es werden Selfies gemacht, die Sieger stellen sich zum Teamfoto. „Wir haben diesen Sieg erkämpft, erzwungen, weil wir ihn unbedingt wollten“, so Wiesegart.
Ungewöhnlich beginnt schon die Partie im neuen, schmucken Stadion mit Tribüne und Sitzplätzen. Beide Teams wollen in weißen Trikots spielen. Die farblich unterschiedlichen Hosen reichen dem Referee nicht aus. Die Piesteritzer müssen sich Leibchen überstreifen. Dadurch sind die Nummern nicht mehr zu erkennen und falsche Stadiondurchsagen zu Torschützen und Ein- und Auswechslungen programmiert. Und es gibt vieles für die 90 Zuschauer zu vermelden. Jörg Steiner nimmt den Ball im Strafraum an und schiebt das Leder unhaltbar in die lange Ecke (7. Minute). Zuvor hat Christoph Düsedau einen Ball im Mittelerkämpft, spielt das Leder auf rechts zu Jonny Karaschewski, der für die Torvorlage sorgt. Die Führung ist verdient. Erst jetzt wachen die Gastgeber auf. Top-Torjäger Matthias Härtl, der bis dato nur durch das Tragen von Handschuhen auffällt, hat die erste Großchance. Im Duell Mann gegen Mann scheitert er aber gegen Keeper Marvin Kleinschmidt (8.). Aber viel lassen die Gäste nicht zu. „Wir stehen gut“, kommentiert Wiesegart nach einer Viertelstunde. Kurz vor der Pause passiert es trotzdem: Härtl spielt Martin Zander mustergültig frei. Die Neuverpflichtung aus Oschersleben umkurvt Kleinschmidt gekonnt (42.). Die Antwort der Gäste ist sehenswert. Brian-Lucas Körnicke erweist sich als Freistoßspezialist. Das Leder kann aber Schlussmann Tobias Witte noch aus dem Winkel kratzen (45.).
In der turbulenten zweiten Halbzeit geben zunächst wieder die Gäste den Ton an. Steiner passt das Leder in den Lauf von Florian Freihube, der das 2:1 mit einem Heber erzielt (50.). „Ich schieße jetzt keinen Elfer mehr, ich mache jetzt nur noch Lupfer“, flachst der FC-Kapitän über den zweiten Treffer dieser Art in seiner Laufbahn.
Peinlicher Fehler der Referees
Die Freude währt nur kurz. Luther, der dicht am Tatort steht, pfeift auf Hinweise seiner Assistentin Hand-Elfmeter. Eine krasse und peinliche Fehlentscheidung! Der MZ-Fotoreporter Detlef Liedmann präsentiert nach der Partie den Videobeweis. Der Schuss im Strafraum geht an den Oberschenkel von Patrick Pfeifer. Es gibt keine Berührung von Hand oder Arm. Ein absichtliches Handspiel - und das wäre Regelverstoß - liegt definitiv nicht vor. „Die Linienrichterin hat überzeugend reagiert. Referees machen eben auch Fehler“, sagt Wiesegart. Zurufe vom Bierstand, das sagt der Übungsleiter aber nicht, können keine Grundlage für Elfer-Entscheidungen sein. Das Vergehen soll zumindest einer im Spielleiter-Trio wirklich gesehen haben. Edelweiß nimmt das Geschenk an. Kapitän Peter Freund verwandelt sicher (57.). Es gibt aber so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit. Nils Kaufmann köpft das Leder unhaltbar in den Winkel. Es ist aber das eigene Gehäuse, und so führt Piesteritz plötzlich wieder (60.). Schließlich krönt Karaschewski seine starke Leistung. Er trifft nach einem perfekt getimten Freistoß von Daniel Gallin zum 4:2 (76.). Die Entscheidung ist das aber noch nicht, weil Edelweiß nach einer Ecke durch Julian Baum auf 3:4 verkürzt (78.). Die Gastgeber drängen auf den Ausgleich. Mit Glück - Härtl trifft aus fünf Metern den Pfosten (80.) - und Geschick, weil jeder Piesteritzer über sich hinauswächst, wird der Erfolg über die Zeit gerettet. Besonders erwähnenswert in der Abwehrschlacht sind die Leistungen von Kleinschmidt und David Möbius. (mz)
Piesteritz: Marvin Kleinschmidt; Patrick Pfeifer, Tom Polaszek, Florian Freihube, Daniel Gallin, Kevin Redlich (31. Brian-Lucas Körnicke), David Möbius, Christoph Düsedau, Jörg Steiner (85. Valentin Arlt, 88. Heiko Wiesegart), Jonny Karaschewski, Michael Müller.
