Coswiger Schloss Coswiger Schloss: So geht es weiter mit dem großen Haus

Coswig - Das Konzert mit Cecilia Bartoli in Coswig kann man wohl getrost in den Wind schreiben. Eher beendet der italienische Opernstar seine Karriere, als dass der Sängerin im Schloss eine Bühne geboten wird. Und auch Dirigent Claudio Abbado wird nun nicht mehr dort auftreten können. Er ist vor vier Jahren gestorben.
Da waren also die Versprechen von Magnolia Albertazzi Casei allzu vollmundig, nachdem sie 2006 das Coswiger Schloss vom „Burgenkönig Herbert Hillebrand“ abgekauft hatte und solche Stars ankündigte. Das damals und seitdem immer wieder prophezeite Kulturschloss, das die Italienerin an der Elbe entstehen lassen will, lässt seit nunmehr zwölf Jahren auf sich warten.
Statt schöner Stimmen hört man scheppernde Dachziegel, es klingt keine Musik sondern pfeifender Wind durch undichte Fenster. Besorgt, resigniert, ungeduldig oder auch erbost blicken die Coswiger auf ihr Schloss.
Große Bindung
Immer wieder befragt wird zu diesem Dauerthema in der Stadt natürlich auch Bürgermeister Axel Clauß. „Das ging gleich mit Beginn meiner Amtszeit los und lässt bis heute nicht nach“, sagt das Stadtoberhaupt. „Die Coswiger haben eine große emotionale Bindung an das Schloss, es beschäftigt sie sehr“, kann er gut verstehen, wo doch der Blick täglich direkt auf das imposante Bauwerk fällt. Clauß sagt aber auch, dass die Stadtverwaltung nicht allzu viel tun kann, um am Zustand etwas zu ändern.
Sophia Augusta, die Witwe Johanns von Anhalt-Zerbst, errichtete das barocke Schloss zwischen 1670 und 1678 als Witwenresidenz auf den Grundmauern einer Burg und späterer Schlösser, die im Schmalkaldischen und im Dreißigjährigen Krieg zerstört worden sind. Ab 1827 wurde das Schloss für Verwaltungszwecke genutzt, der Herzog von Anhalt funktionierte es 1866 als Militärlazarett um. Mit der Internierung von französischen Kriegsgefangenen begann 1872 die Geschichte des Gebäudes als Haftanstalt, die fast 86 Jahre andauerte. Bis zu 900 Inhaftierte waren dort untergebracht. Ab 1958 bis zur Mitte der 1990er Jahre wurde das Schloss als Archiv genutzt. Ab 1998 stand es leer.
Der Komplex sei nun einmal Privatbesitz von Magnolia Albertazzi Casei. Sie kann investieren oder es auch lassen, erst wenn der Bauzustand zur Gefahr für die Allgemeinheit wird, kann ihr der Landkreis Fristen setzen oder muss in Ersatzmaßnahmen tätig werden, wenn diese verstreichen. „Wir haben als Stadt das Problem vor Ort, sind aber eigentlich das letzte Glied in der Kette, ähnlich wie bei der Umgehungsstraße“, meint der Bürgermeister.
Immerhin hat Axel Clauß in den vergangenen Monaten getan, was ihm möglich war, um das Verhältnis zwischen Verwaltung und Eigentümerin wieder auf ein Level des Gesprächs zu bringen. Als er sein Amt antrat, so Clauß, habe völlige Funkstille geherrscht. Er hörte von Hausverboten, die sich seine Vorgängerin und die Schlossbesitzerin gegenseitig ausgesprochen hatten. „Das war zerrüttet. Ich habe zunächst einmal das Pflänzchen der Diplomatie gepflegt“, sagt Clauß.
Er schrieb Albertazzi Casei an, stellte sich vor, inzwischen habe die Mailänderin die Stadt in diesem Jahr schon vier Mal besucht. Laut Clauß bestehe derzeit ein guter Austausch, „allerdings sind wir noch nicht wieder an dem Punkt, wo die Fördermittelgeber mit am Tisch sitzen“. In den zuständigen Magdeburger Ministerien sei man vorsichtig geworden, wenn es um die finanzielle Unterstützung für die baulichen Vorhaben der Schlosseigentümerin geht.
Bestätigen kann das Rolf Häuser, Chef des Bauordnungsamtes beim Landkreis. Die Baustelle Coswiger Schloss begleitet ihn mit wenigen Höhen und vielen Tiefen schon seit Jahren. Vier Architekten hat er in all den Jahren kommen und gehen sehen.
Große Wertschätzung
Aktuell werde das Schloss von baulicher Seite durch Architektin Mara Pinardi betreut. „Ich schätze sie sehr“, sagt Häuser über die Italienerin, mit der er in der Vergangenheit bereits zu tun hatte. Pinardi zeichnete für die Sanierung des Kunsthofes am Markt 4 in Wittenberg verantwortlich. „Das Verhältnis zur Eigentümerin ist mit der neuen Architektin durchaus aufgewertet“, schätzt Rolf Häuser vorsichtig optimistisch ein und wünscht ihr eine längere Verweildauer am Projekt als den Vorgängern.
Zu tun gäbe es schließlich noch genug. Das meiste ist in den Anfangsjahren der Albertazzi-Zeit am Südflügel passiert. Das Land hatte die dortigen Bauarbeiten mit rund 450.000 Euro gefördert. Weil die Arbeiten jedoch nicht endgültig abgeschlossen worden sind, wurde der Förderhahn erst einmal zugedreht. Zumal die Eigentümerin für den Ost- und Westgiebel Rückbauten plante, mit denen die Denkmalschutzbehörde nicht einverstanden war und ist.
So ist seitdem wenig geschehen, und wenn man mal Arbeiten am Schloss beobachten konnte, dann waren es Notsicherungen, die der Landkreis vornehmen ließ, beispielsweise an der Schlossmauer Anfang 2016. 38000 Euro kostete das damals, verauslagtes Geld, auf dessen Rückzahlung durch Albertazzi Casei man immer noch wartet, „Da läuft ein Rechtsstreit“, informiert Rolf Häuser. Andererseits habe die Eigentümerin auch Arbeiten am Dach, die der Landkreis eingefordert habe, selbstständig durchführen lassen.
Die jahrelangen Verzögerungen bei den großartig angekündigten Vorhaben seitens der Italienerin erklärt sich der Leiter des Bauordnungsamtes vor allem damit, dass sich die Eigentümerin beim Kauf des Schlosses wohl erhofft hatte, mit sehr viel mehr Fördermitteln tätig zu werden. Wohl waren die Fördersätze damals günstiger als heute. „Man braucht jetzt mindestens einen Eigenanteil von 20 bis 25 Prozent“, sagt dazu Coswigs Bürgermeister Clauß. Angesichts der kompletten Sanierungskosten sei selbst dieses Viertel enorm hoch. „Jedweder Fortschritt scheitert am Geld. Da kann man zehn Millionen rein stecken und sieht noch nichts“, ahnt er .
Große Pläne
Von der Schlossbesitzerin weiß er nur zu berichten, dass sie nach wie vor an ihrem Konzept festhalte, im Schloss ein Europäisches Kunstzentrum einzurichten, wobei die Ideen dafür noch sehr breit gefächert und wenig konkret seien. Mutmaßlich wird man noch Jahrzehnte Zeit haben, daran zu feilen. Häuser und seine Kollegen wollen demnächst wieder ins Schloss schauen, um alte und neue Schäden aufzunehmen.
Axel Clauß sagt lachend, dass seine zweite Amtszeit wohl gesichert wäre, wenn er das Schloss irgendwie in Gang bringen könnte. Cecilia Bartoli singt derweil bei den Salzburger Festspielen, in Wien, Monte Carlo und Paris.
(mz)