Rollhockey Rollhockey : Marco Nickel geht ohne Angst ins Getümmel

Allstedt - Nein, ein Weichei ist Marco Nickel wahrlich nicht. Im Normalfall hockt oder kniet der 21-Jährige mindestens eine Stunde lang, nur von kurzen Pausen unterbrochen auf Beton oder Parkett. Ein 155 Gramm schweres Hartgummigeschoss im Umfang von 23 Zentimetern fliegt ihm nur so um die Ohren. Immer wieder kommen zu allem entschlossene Männer mit Holzschlägern auf ihn zugerast. Das alles macht dem 21-Jährigen längst nicht mehr viel aus. Marco Nickel ist Torhüter im Rollhockey-Team des SV Allstedt. Ein guter noch dazu. Das wissen seine Mitspieler und längst auch die Spieler der Allstedter Kontrahenten in der 2. Bundesliga.
Bevor sich Marco Nickel jedoch dem Kampfgetümmel - oder besser ins Tor des SV Allstedt - stellt, muss er erst einmal einpacken. Und das im wahrsten Sinn des Wortes. Insgesamt 17 Teile umfasst die Ausrüstung, die er zu einem Spiel oder zum Training mitschleppt. Angefangen vom Helm über den Schläger und die Schoner bis hin zu den Rollschuhen. Runde zehn Kilo, so schätzt der 21-Jährige, sind es schließlich, die er auf dem Spielfeld dann am Körper hat. Die Ausrüstung trägt nicht nur zum Verhindern von Gegentoren, sondern vor allem auch zum persönlichen Schutz bei. Wer einmal einen Spielball abbekommen hat, weiß, wovon er spricht. Marco Nickel macht allerdings nicht viel Aufheben davon.
„Ich habe keine Angst, ich weiß, dass ich geschützt bin. Die Schützer nehmen viel mit. Ich hab nie großartig was gemerkt“, sagt er und gibt dann allerdings doch zu, dass der eine oder andere blaue Fleck schon seinen Körper zierte. Gefährdete Stellen sind die Beuge des Ellenbogens und der Oberarm. Mittlerweile sei er allerdings so gut eingepackt, dass kaum noch ein Ball durchkommt. „Man merkt dann nur noch die Wucht, wenn die Kugel zum Beispiel auf die Maske auftrifft“, sagt er trocken.
Dabei begann die Torhüter-Laufbahn des gebürtigen Sangerhäusers und jetzigen Allstedters eher zufällig. „Angefangen habe ich mit 13 Jahren. Günther Karlstedt, damals Jugendtrainer, hat mich mal auf einer Geburtstagsfeier gefragt, ob ich nicht mal beim Rollhockey vorbeikommen will. Da hab ich mir gedacht: Ich geh da mal hin. Dann hat es mir gefallen und ich bin geblieben.“
Gestartet ist Marco Nickel allerdings als Feldspieler. „Dann hat sich der Torwart verletzt. Wir brauchten einen, der es macht. Und eh die Mannschaft sich auflöst, bin ich ins Tor gegangen. Am Anfang hat es mir nicht gefallen, aber ich habe die Saison im Tor zu Ende gespielt.“
Danach folgen anderthalb Jahre als Feldspieler und eine Wiederholung der Geschichte. Wieder fiel der etatmäßige Torhüter mitten in der Saison aus. Und wieder sprang Nickel notgedrungen, wie er sagt, ein. Diesmal, bleibt er zwischen den Pfosten des Tores bei den Partien der Nachwuchsmannschaft.
Er trainiert zu dieser Zeit, um fit zu bleiben, ab und zu bei den Männern mit, wird dann zweiter Torhüter der Männermannschaft und nach dem Wechsel von Stammkeeper Tim Richter zum Erst-Bundesligisten Calenberg schließlich Stammkeeper. Das war vor der Saison 2014/15.
Längst ist Marco Nickel aus dem Allstedter Zweitliga-Team nicht mehr wegzudenken. Reihenweise hat er schon Gegenspieler der anderen mit seinen Paraden zur Verzweiflung gebracht. Wieder erzählt er ohne viel Aufregung: „Man darf einfach keine Angst vor dem Ball haben. Ich mache mich so groß wie möglich. Vor allem muss man die Augen auflassen, immer schauen, was auf einen zukommt. Außerdem ist Veles Sache des Trainings.“
Problematisch ist dabei nur, dass es in ganz Deutschland kaum Rollhockey-Torhüter, geschweige denn Torwarttrainer gibt. „Man tauscht sich mit den Torhütern aus anderen Mannschaften aus. Vieles probiert und entdeckt man auch selbst“, sagt Marco Nickel.
Mindestens zweimal, manchmal sogar dreimal, wenn es die Arbeit als Großhandelskaufmann in Merseburg zulässt, trainiert der Allstedter Keeper. Schließlich will er seinem Allstedter Team mit den Paraden helfen und seinem großen Traum ein Stück näherkommen. „Irgendwann möchte ich mal in der 1. Bundesliga spielen, irgendwann mal diese Erfahrung machen. Am liebsten natürlich mit meinem SV Allstedt“, sagt er. Er weiß wohl, dass ihm dann noch mehr Bälle um die Ohren fliegen werden.
Das nächste Punktspiel in der 2. Rollhockey-Bundesliga bestreitet der SV Allstedt am Sonnabend. Dann treten Marco Nickel und seine Mitspieler beim VfL Marl Hüls an. Spielbeginn ist um 15.30 Uhr.
(mz)
