Kirchturmuhr in Wippra Kirchturmuhr in Wippra: Die tickt nicht richtig

Wippra - Sie tickt nicht richtig. Die alte Kirchturmuhr in Wippra hat erst kürzlich neue Ziffernblätter und goldene Zeiger erhalten, so dass die Wippraer endlich wieder erkennen können, welche Stunde geschlagen hat. Doch nun zeigt jede der vier Kirchturmuhren eine andere Uhrzeit.
Spezialfirma im Einsatz
Die über einhundert Jahre alten Ziffernblätter waren vollkommen verblasst und die einstigen Zeiger so verostet, dass sie komplett abgenommen werden musste. Vor zwei Wochen rückte nach einigem Hin und Her mit der Denkmalschutzbehörde endlich eine Spezialfirma aus Kölleda in Thüringen an, um die Uhren des Kirchturms zu erneuern.
Jetzt ist die Uhrzeit zwar wieder gut von Weitem zu erkennen. Wer sich jedoch auf sie verlässt, wiegt sich in trügerischer Sicherheit. Beim Vergleich der vier verschiedenen Uhren fällt auf, dass die Zeit um bis zu fünf Minuten variiert.
Ist da bei der Montage etwas schief gelaufen? „Nein, nein“, wehrt Pfarrer Hans-Martin Kohlmann ab. „Es ist vereinbart, dass die Firma Beck aus Kölleda noch einmal wiederkommt, um die alte Kirchuhr nachzujustieren.“
„Bei diesen alten Uhren kommt es schon mal vor, dass sich über die Jahre die Zeigerleitungen abnutzen“, erklärt Turmuhren- und Glockenspezialist Silvio Lisker. Die eigentliche Kirchturmuhr befindet sich ein Stockwerk unter den Ziffernblättern. Durch eine Leitung nach oben ist die Uhr mit einem sogenannten Königsstock verbunden, welcher die Uhrzeit dann auf die vier verschiedenen Ziffernblätter überträgt.
„Es kann bei diesen alten Kirchturmuhren durchaus passieren, dass die Uhrzeit manchmal ein bis zwei Minuten falsch angezeigt wird. Da können wir auch nichts machen. Da ist einfach zu viel Spiel in der Uhr“, so Lisker. Aber bei fünf Minuten sei der Unterschied dann schon zu groß. In etwa vier Wochen soll dieses Problem jedoch behoben werden.
Eine echte Seltenheit
Die Turmuhr ist nicht mehr die jüngste. Bei der Marienkirche handelt es sich um einen barocken Putzbau aus dem 18. Jahrhundert, ausgestattet mit einem geschnitzten Marienaltar aus dem Jahr um 1480. Die Uhr selbst befindet sich seit 1919 im Glockenturm. Dieser beherbergt zudem die beiden über 700 Jahre alten Glocken mit gotischen Schriftzeichen.
Und auch die Uhr ist eine echte Seltenheit. Das mechanische Uhrwerk wurde von der Firma J. F. Weule aus Bockenem in Niedersachsen angefertigt und sorgt nun zuverlässig jede Viertelstunde für den Glockenschlag. Die neuen Ziffernblätter sind originalgetreu nach einem Musterbuch der Firma Weule angefertigt wurden, womit die strengen Auflagen der Denkmalschutzbehörde erfüllt sind.
Bis vor kurzem hatte der Hallenser Gerd Röthling dafür gesorgt, dass auch wirklich alles funktioniert. Einmal in der Woche erklomm er die 65 Stufen des Glockenturms, um die Kirchuhr aufzuziehen. Um die drei Uhrgewichte im Turm nach oben zu ziehen, braucht es insgesamt 240 Umdrehungen.
Die Schleifspuren am Stundengewicht zeigen übrigens an, dass der Turm etwas schief steht. Ab und zu müssen die Räder deshalb geölt werden. Jetzt hat der Wippraer Matthias Kolditz diese ehrenamtliche Tätigkeit übernommen und kümmert sich darum, dass auch in Zukunft alles wie geschmiert läuft. (mz)