Gefährliche Doppelgänger Gefährliche Doppelgänger: Worauf Pilzsammler in der Region achten sollten

Eisleben/Hettstedt - Der Herbst ist traditionell die Zeit, in der sich Pilzsammler, Erfahrene wie Laien, auf den Weg in Wälder und auf Wiesen machen, immer mit dem Ziel, genug Ausbeute für eine Mahlzeit mit nach Hause zu bringen. Doch die Gefahr lauert im Gras:
Der giftige Karbol-Champignon, der seinen ungiftigen Artgenossen zum Verwechseln ähnlich sieht, macht sich breit in Mansfeld-Südharz. Im Saalekreis mussten sogar schon Pilzsammler mit Vergiftungserscheinungen im Krankenhaus behandelt werden.
Nicht tödliche, aber unangenehme Auswirkungen
„Karbol-Champignons gibt es hier sehr reichlich“, bestätigt Pilzberater Uwe Hoffmann aus Hergisdorf. Fast jeden Tag muss er Sammler mit vollen Körben nach Hause schicken, in denen sich kaum essbare Champignons befinden. Der Karbol-Champignon ist zwar nicht tödlich giftig, je nach verzehrter Menge löst er jedoch extreme Übelkeit, Erbrechen und andere Symptome aus.
Wer den Verdacht hat, versehentlich giftige Pilze gegessen zu haben, sollte in jedem Fall einen Arzt aufsuchen, rät Hoffmann. Er selbst wird auch von Ärzten und Krankenhäusern kontaktiert, um im Ernstfall Auskunft zu geben. „Um zu bestimmen, welche Pilze die Vergiftung verursacht haben, sollten immer Putzreste oder sogar ganze Pilze mitgebracht werden.“
Hoffmann hat einen Tipp parat, wie auch unerfahrene Pilzsammler dem Risiko aus dem Weg gehen. Das Tückische: Giftige und ungiftige Champignons wachsen oft nah beieinander. „Wenn man den frischen Karbol-Champignon ankratzt, verfärbt sich die Stelle gelb und es riecht nach Phenol (veraltet: Karbol)“, erklärt der Fachmann. „Ungiftige Champignons bleiben weiß.“
Nicht auf Apps verlassen
Wenn Pilzsammler immer noch Zweifel haben, sollten sie aber jederzeit einen der Pilzberater im Landkreis aufsuchen und immer den ganzen Pilz mitbringen, das heißt mit der Knolle, die im Boden steckt. „Man kann vorher kurz anrufen, damit wir auch zu Hause sind“, rät Hoffmann.
Pilzbestimmungsbücher können laut Hoffmann erste Anhaltspunkte geben, ob es sich bei den gesammelten Pilzen um giftige Exemplare handelt. „Darin sind aber nicht alle Arten abgebildet“, gibt der Fachmann zu bedenken. „Man muss auch die Texte genau lesen und nicht nur die Fotos und Abbildungen ansehen.“ Von dem Gebrauch von Smartphone-Apps zur Pilzbestimmung rät Hoffmann grundsätzlich ab. Sie seien oft zu ungenau.
Nach Dutzenden Anfragen zu möglichen Pilzvergiftungen weist das Giftinformationszentrum von Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf Gefahren beim Pilzesammeln hin. So löse der mit dem Champignon verwechselte giftige Karbol-Egerling Übelkeit und Erbrechen aus.
Noch dramatischer könne eine Verwechslung von Champignon und Grünem Knollenblätterpilz sein: Schon wer 50 Gramm davon esse, setze sein Leben aufs Spiel. Laut Zentrum gab es einen deutlichen Anstieg von Vergiftungs- und Verdachtsfällen seit Mitte September dieses Jahres. 221 wurden konkret erfasst. Seit Oktober kamen 128 Fällen dazu.
„Wir hatten zum Glück in den letzten Jahren keine Fälle von schweren Pilzvergiftungen. Gelegentlich sehen wir Patienten mit unspezifischen Beschwerden im Rahmen einer Unverträglichkeit nach einem Pilzgericht“, erklärt Dr. Frank Schöning, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Inneren Medizin der Helios Klinik Hettstedt.
Doch was sollte man beim Verdacht auf eine Pilzvergiftung tun? Wichtig sei es, sofort einen Arzt beziehungsweise Notarzt zu kontaktieren. Reste der verzehrten Pilze oder Putzabfälle sollten in das Krankenhaus mitgenommen werden. Die Zeitspanne vom Verzehr bis zum Auftreten der Symptome sollte angegeben werden können.
Wichtig sei auch der Hinweis, ob weitere Personen an der Pilzmahlzeit teilgenommen haben. Es ist hilfreich, Angaben über den Zustand der Pilze geben zu können. Auf eigene Faust sollen übrigens Hausmittel gegen Pilzvergiftung keinesfalls eingenommen werden, erläutert Schöning.
Pilzberater Jürgen Peitzsch aus Wettelrode warnte zuletzt in einem Gespräch mit der MZ vor einem Schirmpilz, der dem essbaren Champignon ebenfalls zu Verwechseln ähnlich sieht. Dieser habe jung weiße Lamellen, die sich im aufgespannten Zustand leicht rosa verfärben.
Mit verstärktem Pilzwachstum ist zu rechnen
Beim Champignon dagegen sind die Lamellen jung rosa und werden dann braun bis dunkelbraun. Ein solcher Pilz mit rosa Lamellen, vermutlich der Rosablättrige Egerlingschirmpilz, hatte im Saalekreis ebenfalls für einen Vergiftungsfall gesorgt.
Doch wer mit Vorsicht und Bedacht an das Pilzsammeln geht, wird in den nächsten Tagen wohl sehr erfolgreich beim Sammeln sein. Uwe Hoffmann rechnet mit einem verstärkten Pilzwachstum „Der Boden ist feucht genug und die warmen Temperaturen am Wochenende lassen die Pilze richtig sprießen.“ (mz)
Kontakt zu den Pilzberatern im Landkreis: Uwe Hoffmann, Hergisdorf, Lindenplatz 5a, Tel. 034772/3 07 96, und Jürgen Peitzsch, Wettelrode, Hasselloh 8, Tel. 03464/58 99 18.
