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Bürgerin des Jahres Bürgerin des Jahres: Warum eine Roßlaerin die Auszeichnung nicht annehmen will

Von Helga Koch 29.04.2018, 12:49
Aloys Meier wurde vor fünf Jahren zum Bürger des Jahres auserkoren. Die Laudatio hielt Axel Heller im Beisein der Maikönigin Tina.
Aloys Meier wurde vor fünf Jahren zum Bürger des Jahres auserkoren. Die Laudatio hielt Axel Heller im Beisein der Maikönigin Tina. Rohland

Roßla - „Nein“, sagt Sibylle Calame aus Roßla rigoros, „ich will den Preis nicht.“ Vor wenigen Tagen sei durchgesickert, dass sie zur Maifeier als Bürgerin des Jahres ausgezeichnet werden sollte. „Das widerstrebt mir, weil auch Aloys Meier die Auszeichnung bekommen hat und ich nicht in einem Atemzug mit ihm genannt werden möchte.“

Ein Paukenschlag, wie Ortsbürgermeisterin Nadine Pein (CDU) gesteht. „Das hat mich schon sehr getroffen.“ Frau Calame habe ihr ebenfalls mitgeteilt, „dass sie nicht in einer Reihe mit Aloys Meier stehen möchte“.

Aloys Meier übernahm Deutsche Vacuumapparate Holland-Merten

Der damalige Roßlaer Gewerbeverein hatte den Unternehmer, der Gewerbeflächen zur Roßpassage umgestaltet und die kürzlich geschlossene Firma Deutsche Vacuumapparate Holland-Merten übernommen hatte, 2013 ausgezeichnet. Doch Meier hatte in Roßla auch etliche Grundstücke gekauft, um nichts daran zu machen. Das Deutsche Haus, mitten im Ort gelegen, dürfte der schlimmste Schandfleck sein.

Es ärgert die 74-Jährige gewaltig, dass der Unternehmer ausgerechnet die markante Häuserzeile an der Halleschen Straße immer weiter verfallen lässt. „Dabei steht die Häuserzeile seit Ende 2015 unter Denkmalschutz“, sagt Sibylle Calame.

Zum Beispiel sei die Veranda von Nummer 72 mit Brettern zugenagelt, das Unkraut wachse in die Höhe. Dabei gebe es doch so viele junge Familien, die dringend Wohnraum suchten und mit etwas handwerklichem Geschick die Häuser wieder schön herrichten könnten.

Häuser in Hallescher Straße von Roßla verwahrlosen immer mehr

Dass Calame den Preis ausschlägt, könne sie nachvollziehen, versichert Pein - sowohl als Ortsbürgermeisterin und vor allem auch als Bürgerin von Roßla. „Die Entwicklung der Rosspassage als Einkaufszentrum ist sicherlich anzuerkennen“, sagt Pein.

Doch der Zustand der Immobilien in der Halleschen und der Kyffhäuserstraße lasse sich nicht verleugnen, Meier lasse sie seit Jahren verwahrlosen. „Dass die Roßlaer, die hier aufgewachsen sind und hier leben, das nicht akzeptieren und auch verurteilen, ist für mich verständlich.“

Sie selbst habe schon mehrfach mit ihm gesprochen, doch vergeblich: „Auch mein Vorschlag, die Immobilien zu verkaufen oder über eine Wohnraumsanierung nachzudenken, führte ins Leere“, sagt die Ortsbürgermeisterin.

Verfallene Häuser in Roßla: Denkmalschutz wird eingeschaltet

Sie stimme mit Calame überein, „dass die Gemeindeverwaltung endlich Druck ausüben und auch die Denkmalschutzbehörde einschalten muss, um vernünftige Lösungen in die Wege zu leiten. Was nützt Roßla eine Roßpassage, wenn ringsum Immobilien der Meier KG leerstehen und verfallen?“

Nach Sibylle Calames Absage soll übrigens trotzdem ein Bürger des Jahres gewürdigt werden - in diesem Jahr der 20. Es gebe viele Ehrenamtler in den Ortsteilen, die sich engagierten und es mehr als verdient hätten, findet Pein. „Es ist trotzdem eine schöne Tradition und eine gute Sache.“ (mz)