Walpurgisnacht Wo im Harz die Hexen los sind
Vielerorts wird am Sonnabend gefeiert. Auch in Siptenfelde und Königerode bereiten sich die Vereine auf die Nacht der Nächte vor.
Können wir mal kurz denken?“, ruft Cornelia Müller alias Hexe Conny ihre aufgeregt durcheinander schnatternden Hexenkolleginnen zur Räson und klopft dabei mit dem Besenstiel auf die Holzbohlen. Wozu so ein „Fluggerät“ doch gut ist. Dann holt sie aus: „Die Kinder öffnen das Tor. Dann spricht der Teufel. Aber wo stehen wir? Schon hier? Oder kommen wir erst rein?“ Probe auf dem Festplatz in Siptenfelde. Zum ersten Mal sind die Frauen und auch der Teufel - Ingo Schindler - heute wieder auf dem Gelände am Ortsausgang zusammengekommen, um das, was bisher nur im Kleinen choreographiert wurde, auf die große, gerade erst wieder aufgebaute Tanzfläche zu bringen. Es ist die Woche der Wochen. Und mit Walpurgis am Sonnabend steht die Nacht der Nächte ins Haus.
Am 30. April tanzen der Sage nach Hexen auf dem Blocksberg - also dem Brocken -, um den Winter zu vertreiben. Der Name kommt von der Äbtissin Walpurga, die im frühen Mittelalter lebte und an einem 1. Mai heilig gesprochen wurde. Literarisch bekannt wurden die Feiern in der Walpurgisnacht dank Johann Wolfgang von Goethe, der das Treiben auf dem höchsten Berg Norddeutschlands im „Faust“ verarbeitete. Die Walpurgisnacht, sie ist für alle Hexenwesen im Harz der Höhepunkt im Jahr. Und nachdem sie nun zwei Jahre lang coronabedingt Flugverbot hatten - weil die Besenlänge Abstand nicht Eindämmungsmaßnahme genug war -, sehen sie dem Teufelsspuk noch euphorischer entgegen.
Siptenfelde: Hexenprogramm und Feuershow
Erst Mitte März fiel die Entscheidung, dass es in Siptenfelde wieder eine Walpurgisnacht geben wird. Seitdem laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. „Normalerweise fangen wir sonst immer schon Anfang des Jahres an“, sagt Diana Lindhammer, die wie die anderen Hexen – und Teufel – dem Kulturverein angehört. Der veranstaltet das schaurig schöne Spektakel auch. Das beginnt um 19 Uhr mit einem Umzug ab dem Anger, angeführt vom Faschingspolizei-Musikkorps des Güntersberger Faschingsclubs. Nach einem Zwischenstopp an der Gemeinde, wo der Maibaum aufgestellt wird, geht’s zum Festplatz. Auf ein Hexenprogramm, in das sich auch die Dorfjugend einbringt, die ihrerseits ebenfalls eine Tanz vorbereitet, und eine Feuershow dürfen sich die Besucher unter anderem freuen. Dann wird in den Mai getanzt. „Die Leute wollen einfach wieder zusammenkommen. Wie sehr das alle vermisst haben, haben wir schon zum Osterfeuer festgestellt“, sagt Jacqueline Liedtke.
Auch den Hexen bekam die Isolation nicht besonders gut. Seit 1995 treiben sie schließlich schon ihr Unwesen im Dorf – ununterbrochen bis zum Ausbruch der Pandemie. „Das erste Jahr ohne Walpurgis war komisch. Mein Herz hat geblutet“, sagt Hexe Conny. Der Lockdown hatte sie und die anderen vor zwei Jahren in der Hochphase ihrer Vorbereitungen ausgebremst. Der erste Tanz war durch, mit dem zweiten hatten die Hexen gerade angefangen. Die 2020er Jahre wollten sie willkommen heißen mit viel Bling-Bling, sich eigens dafür in Fransenfummel schmeißen. Nichts, was man jetzt wieder ausmotten könnte. Also wurde das Programm abgewandelt, und bedingt durch die Kürze der Vorbereitungszeit etwas eingedampft. Das aber, glauben sie, werde dem Ganzen keinen Abbruch tun.
Königerode: Hexenspiele und Hexendisco
Improvisiert wird auch in Königerode. Dort richtet der Hexenverein „frei & gesetzlos“ zusammen mit dem Feuerwehrförderverein „Gut Wehr“ eine Walpurgisfeier auf dem Festplatz aus. Und die beginnt diesmal anders als sonst schon am Nachmittag - nach einem Umzug mit der Königeröder Blaskapelle, der sich um 15 Uhr an der alten Schule in Bewegung setzt. Denn am selben Abend startet im Dorfgemeinschaftshaus nebenan mit „Mai’n Beats“ die Clubsaison. Ein Ortswechsel schied für die beiden veranstaltenden Vereine aus logistischen Gründen aus. „Auch wenn wir bei Tageslicht die schaurige Atmosphäre nicht haben: Wir machen das Beste draus und freuen uns“, sagt Oberhexe Kathleen Kautz, die mittlerweile in Harzgerode wohnt. Was die Besucher in Königerode erwartet? Hexenspiele für Kinder, ein Walpurgisfeuer, eine Hexendisco - und Tänze. „Wir sind nicht das Deutsche Fernsehballett und wollen es auch nicht werden, wir möchten aber schon ein Programm abliefern“, sagt Kathleen Kautz. Großhexen und Teufel, Teenies und Kinder sind deshalb schon seit Januar beziehungsweise Februar am Trainieren. Die Zeit um Walpurgis sei die arbeitsintensivste für den Verein, sagt dessen Vorsitzende. Wenngleich der auch noch für andere Veranstaltungen verantwortlich zeichnet: das Oktoberfest und die Hexenweihnacht, die vor Corona stattfanden. Und im vergangenen Jahr gab’s einen „Hexenbeat“ unter freiem Himmel.
Gemeinsam mit anderen etwas fürs Dorf und seine Bewohner zu tun, darum gehe es ihr, sagt Kathleen Kautz. Deshalb schloss sie sich 2016, als sie nach Königerode zurückkam, dem Hexenverein an. Aber auch, „um Spaß zu haben „um Spaß zu haben“, weil das genauso wichtig sei. In Vorbereitung der für die Hexen schönsten Zeit des Jahres, versuchen die Königeröder wie Siptenfelder ihre Mitbürger anzustacheln. In beiden Orten schmücken überdurchschnittlich viele Hexenfiguren Straßenränder, Häuser und Vorgärten. „Ich find’s immer schön, wenn das Dorf bei dem Hexenwahnsinn mitzieht“, sagt Kathleen Kautz.
Und auch in Siptenfelde ist man darüber „schwer begeistert“, weil Tendenz wieder steigend. Der Blick ins Protokoll - seit Jahren wird akribisch Buch geführt - verrät: 47 Figuren sind es in diesem Jahr. Um sie zu begutachten, sind die Hexen am Wochenende schon mal ausgeflogen. Acht Stunden lang (!) waren sie mit der traditionellen „Kontrolle“ beschäftigt. Einen Sieger zu küren? Unmöglich. Am Sonnabend entscheidet deshalb das Los. Dass auch den Hexen das zunehmende Alter - Hexe Conny gibt das ihrige mit 234 an - zu schaffen mache und zu wenige junge Hexen und Teufel nachrückten, lassen sowohl sie als auch Hexe Kathleen anklingen. Der Kulturverein in Siptenfelde, dem Mario Liedtke vorsitzt, hat 22 Mitglieder - darunter zehn Hexen und ein paar Teufel -, und der Hexenverein in Königerode zehn. Mitstreiter, die „Lust und Laune und Bock auf alles“ haben, sind daher hier wie da überaus gern gesehen.
Thale: Walpurgismarkt in der Innenstadt
Wegen des Umbaus des Hexentanzplatzes gibt es kein Großevent; stattdessen findet vom 29. April bis 1. Mai in der Innenstadt ein Walpurgismarkt statt mit mit Bühnenprogramm und Händlermeile bei freiem Eintritt an allen Tagen. Auf der Bühne am Rathausplatz wird der Walpurgismarkt am Freitag, 29. April, um 15 Uhr eröffnet. Mit dabei ist die Funkengarde des Thalenser Carnevals Club. Am Abend spielt dort die Band Rockkantine (19 Uhr), während „Nobody Knows“ auf der Bühne in der Karl-Marx-Straße für Partystimmung sorgt (20.30 Uhr). Am Sonnabend, 30. April, können sich die Besucher unter anderem auf eine Michelle- und Helene-Fischer-Covershow und Enrico Scheffler freuen - ab 14 Uhr auf dem Rathausplatz. Abends steigt dann dort die große Walpurgisparty mit „Atemlos“, Jay Khan und einer Feuershow. Celtic Folk Rock gibts ab 20.30 Uhr in der Karl-Marx-Straße auf die Ohren - mit der Connemara Stone Company. Der Sonntagnachmittag gehört dem Schlager: Sanny, Judith und Mel und Claudia Jung sind dann ab 14 Uhr auf der Bühne am Rathausplatz anzutreffen.
Ermsleben: Walpurgis auf der Konradsburg
Alle Hexen und Teufel, die es rockig mögen, sind am Sonnabend 30. April auf die Konradsburg eingeladen. Einlass ist ab 19 Uhr. 20 Uhr spielt die Band „Invisible“ danach „Inge“. Es gibt eine Feuershow vom Verein Elf.
Schierke: Mittelalter-Stimmung im Kurpark
Nach zwei ruhigen Jahren wird es wieder laut und bunt in Schierkes Kurpark. Vom 29. April bis 1. Mai rechnet die Wernigerode Tourismus GmbH mit bis zu 6.000 Besuchern. Die Veranstaltung findet unter der 3G-Regel statt. Zum Start wird es mit Axel’s Law aus Berlin und Tone Fish aus Hameln irisch im Kurpark. Wenn am Sonnabend das Feuer entzündet wird, sorgen die Folkrocker von Corvus Corax und Nobody Knows für Mittelalter-Stimmung an der Hauptbühne, während die Schierker Feuerstein-Arena zur Partyzone wird. Den Ausklang am Sonntag übernehmen die „Die Tagelöhner“. An allen drei Tagen öffnet um 11 Uhr der Mittelalter-Erlebnis-Markt im Kurpark mit Ritterkämpfen, Feuerspuckern, Gauklern und Musik von Nachtwindheim. Dazu wartet ein mobiler Rätselraum auf Gäste. Unter dem Motto „Hexenring und Teufelskreis“ haben Gruppen von drei bis sechs Personen eine Stunde Zeit, die Welt vor dem Bösen zu retten.
Weitere Infos und Tickets gibt’s im Netz auf https://www.die-walpurgis-schierke.de/