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Bestellungen, Bringdienste Wie sich Lebensmittel-Einkauf in Corona-Krise ändert: Besuch bei Rewe Harzgerode und bei Stadt Ballenstedt

Von Rita Kunze und Susanne Thon 03.04.2020, 09:56
Bodo Mülverstedt sorgt dafür, dass die Lebensmittel aus dem Harzgeröder Rewe-Markt zu den Kunden kommen.
Bodo Mülverstedt sorgt dafür, dass die Lebensmittel aus dem Harzgeröder Rewe-Markt zu den Kunden kommen. Susanne Thon

Harzgerode/Ballenstedt - Zwei Sechserpacks Wasser sind schon im Korb. Daneben liegt Toilettenpapier. Das ist dieser Tage auch im Rewe-Markt in Harzgerode ein begehrtes Gut, die Mitnahmemenge deshalb auf eine Packung begrenzt. Hamsterkäufe, die gab es auch hier.

Jetzt schiebt Marcus Schlese, der Marktleiter, den Korb zwischen den Obst- und Gemüseregalen entlang, packt Tomaten ein, einen Salatkopf, Kartoffeln. Der Zettel auf dem Klemmbrett bestimmt seinen Weg. Schlese kauft hier nicht für sich ein, er arbeitet eine Kundenbestellung ab. Das kann pro Einkauf auch mal eine halbe Stunde dauern, je nachdem, wie viel auf der Liste steht und wie konkret die Kunden ihre Wünsche geäußert haben.

Bestellungen werden per E-Mail, Fax und Telefon angenommen

„Es gibt Kunden, die sagen ganz genau, was sie haben wollen“, da stehe dann nicht nur Mehl auf dem Einkaufszettel, sondern auch welche Sorte es sein soll und die Marke, erklärt Schlese. Die Bestellungen kommen per E-Mail und Fax rein, manche werden auch telefonisch aufgenommen. Was er im Einkaufswagen hat, wird abgehakt.

Dass Rewe auch nach Hause liefert, ist nicht neu. Seit sieben Jahren besteht die Möglichkeit in Harzgerode; eine ganze Reihe von Kunden - Privatpersonen, aber auch Firmenkunden - macht davon schon länger Gebrauch. Beliefert werden die Harzgeröder, die Bewohner der Ortsteile; aber auch aus Breitenstein und Schwenda - die beiden Orte gehören zur Gemeinde Südharz - kommen Bestellungen rein.

In Zeiten der Corona-Pandemie wird der Lieferservice verstärkt nachgefragt. „Vornehmlich von älteren Leuten, die jetzt nicht mehr zum Einkaufen rausgehen“, sagt Schlese, der den Markt im Oktober vergangenen Jahres übernommen hat.

Wer Hilfe braucht in Harzgerode, kann sich ans Bürgertelefon der Stadt wenden

Sie nutzen das Notversorgungsangebot, das die Stadt Harzgerode ihren Einwohnern unterbreitet hat. Wer Hilfe braucht, sei es, weil er unter Quarantäne steht oder älter ist, kann sich bei der Stadt am Bürgertelefon unter 039484/7 476114 melden.

Rewe liefert bis an die Haustür, die Stadt geht in Vorkasse, bekommt vom Markt eine Sammelrechnung. „Das macht’s einfacher“, sagt Schlese, „so umgehen wir die Barzahlung an der Tür“, erklärt er.

Auf Bares gegen Ware setzt allerdings die Ballenstedter Stadtverwaltung, die für Ältere über 70 Jahre, Kranke und Menschen in Quarantäne ein Versorgungstelefon eingerichtet hat. Seit 17. März gibt es dieses Angebot, doch „die Botschaft kommt offensichtlich noch nicht richtig an“, sagt Bürgermeister Michael Knoppik (CDU).

„Es wird nicht so angenommen, wie wir es gerne wollen.“ Noch immer würde man in der Stadt ältere Menschen einkaufen gehen sehen, für die doch eigentlich das Versorgungstelefon eingerichtet ist. „Wir bekommen die Rückmeldung: Danke, uns geht es gut. Solange wir können, gehen wir selbst einkaufen“, sagt Michael Knoppik.

Der Bürgermeister hat deswegen mit den Amtsleitern in einer Telefonkonferenz beraten, wie man noch besser Überzeugungsarbeit leisten kann. Vor allem eine Botschaft soll ankommen, erklärt er: „Ihr könnt ja raus und spazieren gehen. Aber sagt uns, was ihr braucht, wir bringen es euch nach Hause.“

Wer in Ballenstedt bis 12 Uhr mittags bestellt, bekommt seinen Einkauf am nächste Tag geliefert

Wer bis 12 Uhr mittags seine Bestellung per Telefon (039483/96713) oder E-Mail an die Stadt Ballenstedt ([email protected]) aufgibt, bekommt alles am nächsten Tag gebracht. Das Einkaufen und Bringen übernimmt ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung.

Durchschnittlich fünf Lieferungen am Tag gibt es derzeit, dafür wird ein stadteigener Pkw genutzt. „Das sind täglich höchstens 50 Kilometer, und die Fahrtkosten übernehmen wir jetzt schon mal gerne“, so Knoppik.

Soll heißen: Bezahlt wird die Ware, der Lieferservice ist gratis. Auch in Ballenstedt habe man darüber nachgedacht, gegen Rechnung zu liefern, sich dann aber doch für Barzahlung entschieden.

Sollte der Bedarf deutlich steigen, will die Stadt Ballenstedt mit dem Malteser-Hilfsdienst kooperieren

Partner ist wie in Harzgerode der Rewe-Markt. „Weil wir mit ihm ohnehin über die Feuerwehr zusammenarbeiten“, erklärt der Bürgermeister. Daneben steht ein weiterer Partner bereit:

Sollte der Bedarf deutlich steigen und die Auslieferungen mit städtischem Personal nicht mehr zu bewältigen sein, übernehme der Malteser Hilfsdienst diese Aufgabe mit.

In Harzgerode sind es die Mitglieder vom SV Concordia 08, die Feuerwehr und Mitarbeiter vom Harzhotel in Güntersberge - alles in allem um die 50 Helfer -, die im Falle eines Falles Gewehr bei Fuß stehen, um die Notversorgung zu gewährleisten. „Wir haben so viele Hilfsangebote bekommen“, sagt Bürgermeister Marcus Weise (CDU), dankbar darüber.

„Bis letzte Woche haben wir es noch selbst bewältigt“, erklärt Schlese. In dieser Woche kamen dann schon die Concorden zum Einsatz. „Die Nachfrage war am Anfang verhalten, ist aber deutlich gestiegen“, sagt Weise.

Knoppik hofft, dass auch das Ballenstedter Angebot noch stärker genutzt wird. Mehr als 1.200 Briefe hat die Stadtverwaltung an Haushalte verschickt, in denen Menschen leben, die älter als 70 Jahre sind.

„Die breitere Masse haben sie erreicht“, sagt der Bürgermeister, „unser Ziel ist es, dass sich die Älteren nicht unter Menschenmassen begeben, wie es sie in den Supermärkten gibt.“ Knoppik hatte sich damit auch in einer Videobotschaft im Internet an die Bürger gewandt.

Wer den Lieferdienst in Ballenstedt nutzt, muss in bar bezahlen

Mit dem Hilfsangebot geht die Stadt - kurzzeitig - in Vorkasse; nämlich dann, wenn die Verwaltungsmitarbeiter die Einkäufe im Supermarkt bezahlen. Wer eine Bestellung aufgegeben hat, muss sie bei der Auslieferung bar bezahlen. Deswegen, so Knoppik, sollte jeder, der den Lieferdienst in Anspruch nimmt, dafür ausreichend Bargeld bereithalten.

Bargeldverkehr will der Krisenstab in Harzgerode nicht sehen. Wer sich für die Notversorgung entscheidet, bekommt von der Stadt eine Rechnung. Wer das Angebot wahrnehme, mache das nicht grundlos, sagt Weise.

„Das haben auch schon welche genutzt, die mit dem Virus infiziert wurden“, andere veranlasse die Angst sich anzustecken oder eine gewisse Sorge dazu, sich beliefern zu lassen. „Da kann es dann nicht sein, dass abkassiert wird.“ (mz)