Weingut Kirmann Trauben für Beerenauslese im Weingut Kirmann Westerhausen: Süße Beeren mit gesundem Schimmel

Westerhausen - Wer in den Behälter mit den Weintrauben für den Auslese-Wein blickt, wird zunächst erstaunt sein. Neben normalen sind darunter auch verschimmelte Trauben zu erkennen. „Ähnlich wie beim Käse ist dies aber ein gesunder Schimmel“, erklärt Matthias Kirmann und bremst schnell mögliche Hintergedanken.
Allein diese besonderen Trauben ließen den Winzer zum Ende der Saison zufriedener dreinblicken, als er es im Frühjahr nach den Spätfrösten erwarten konnte. Doch mit einem Trick verbesserte er das Ergebnis. „Die etwas höherliegenden Zweitfruchtruten, die unanfälliger gegen Frost sind, haben einen großen Teil der Ernte gerettet“, bilanziert Kirmann.
Auch Waschbären mögen offenbar Trauben
Neben Frost und Feuchtigkeit entdeckte der Westerhäuser allerdings auch noch dreiste Traubendiebe: „Die Waschbären haben scheinbar großen Gefallen am Wein gefunden.“ Das habe ihm einen größeren Schaden verursacht, ohne dass er derzeit wisse, wie er gegen diese Verluste künftig vorgehen kann.
Um solch süße edelfaulen Beeren für die Qualitätsweine überhaupt ernten zu können, müssten vor allem die Witterungsbedingungen stimmen. „Die Feuchte im September und die Wärme im Oktober haben bei meinem Riesling vollreife Früchte ergeben, die gleichzeitig von der Grauschimmelfäule (Botrytis cinerea) befallen wurden“, erklärt er. „Und das führte zu dieser feinen Zugabe zum Leseabschluss.“
„Die Beeren müssen am Stock noch schrumpfen, weshalb dieses ausgesuchte Traubengut bei der normalen Lese im Frühherbst an den Reben verblieb und erst jetzt auf dem Weinberg am Rande Westerhausens nachgepflückt wurde“, erklärt Kirmann den Begriff der „Auslese“.
Weniger Wasser, mehr Zucker
Bei diesem Reifeprozess sei einerseits die Feuchte gesunken, aber der Zuckergehalt enorm angestiegen, der bei der Gärung eine wichtige Rolle spielt. Die Ausbeute ist eher niedrig. „Es werden wohl so rund 150 Kilogramm sein, aus denen vielleicht 50 Liter Wein werden“, schätzt der Winzer im Harz ein. Deshalb sei die Herstellung besonders kostenintensiv, was am Preis für solche Qualitätsweine abzulesen ist.
Mittels eines Refraktometers, einem Gerät, mit dem der Zuckergehalt der Trauben bestimmt wird, hat Kirmann für seine „verschimmelten“ Früchte zwischen 150 und 200 Grad Oechsle gemessen. In dieser Einheit wird das Mostgewicht von unvergorenem Traubensaft ermittelt. Er nennt ein Beispiel: „124 Oechsle entsprechen etwa 300 Gramm Zucker in einem Liter Traubensaft.“
Hoffen auf eine Beerenauslese
Nach der späten Lese werden die „gemischten“ Früchte zunächst eingestampft und drei bis fünf Tage bei wiederholtem Umrühren stehengelassen. „Damit wird auch der Zucker aus den trockenen Früchten extrahiert“, erklärt der Experte, der vor fast 30 Jahren die ersten Weinstöcke am Harzrand pflanzte.
Ist der Saft gepresst, wird er zur Gärung angesetzt. „Die Hefe schafft es jedoch nicht, den Zucker komplett in Alkohol umzuwandeln“, weiß Kirmann, „weshalb letztlich immer süße Weine mit einem höheren Alkoholanteil als die üblichen etwa 12,5 Prozent herauskommen.“ Doch das Ergebnis steht erst im Frühjahr fest.
Der Winzer aus Westerhausen kann sogar auf besonders hochwertige Tropfen hoffen: „Selbst die anderen Beeren haben schon zwischen 80 und 100 Oechsle.“ Weil in Deutschland mindestens 95 Oechsle für die Auslese vorgeschrieben sind, könnte seine Mischung die nächste Qualitätsstufe erreichen: Beerenauslese. Matthias Kirmann kennt die Bedingungen: „Dafür sind mindestens 125 Grad Oechsle erforderlich.“ (mz)
