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Reitsport Springreiterin Michelle Buchholtz übernimmt Pferdehof in Rieder bei Quedlinburg: Klaus-Peter und Ingeborg Gothe haben Betrieb verkauft

Von Rita Kunze 02.02.2021, 14:57
An den Umzug zur 1080-Jahr-Feier 2016 in Rieder denkt Klaus-Peter Gothe heute noch gerne. Damals saß er auf dem Kutschbock.
An den Umzug zur 1080-Jahr-Feier 2016 in Rieder denkt Klaus-Peter Gothe heute noch gerne. Damals saß er auf dem Kutschbock. Jürgen Meusel

Gernrode/Rieder - Klaus-Peter Gothe zeigt ein Foto: Beim Festumzug zur 1060-Jahr-Feier in Rieder sitzt er auf dem Kutschbock seines strohbeladenen Ackerwagens. An diesen Tag denkt der 75-Jährige noch immer sehr gerne und erzählt voller Begeisterung von den historischen Requisiten, die damals, 2016 war das, gezeigt wurden.

Es ist ein Foto von vielen, die er auf seinem Esstisch in Gernrode ausgebreitet hat. Erinnerungen aus 30 Jahren Reiterhof Gothe. Für dessen Inhaber ist das ein sehr emotionaler Moment, denn der 75-Jährige blickt auf sein Lebenswerk, das nun beendet ist. Er hat seinen Reiterhof in Rieder verkauft.

Springreiterin Michelle Buchholtz übernimmt Pferdehof

„Es ging ganz schnell“, sagt seine Frau Ingeborg. „Keine vier Wochen“, und der Verkauf sei abgeschlossen gewesen. Nun wird die nächste Generation den Pferdehof weiterführen, aber ganz anders als bisher. Die Spring- und Vielseitigkeitsreiterin Michelle Buchholtz - zehnmal Sächsische Meisterin und 2010 Vize-Europameisterin - hat mit ihrem Mann Alexander den Betrieb übernommen und will in Rieder ein Reitsportzentrum betreiben.

Auf dem „Buchenhof Ballenstedt“ wollen sie den Pferdesport in den Fokus rücken. Pferdehalter, die ihre Tiere auf dem Reiterhof Gothe eingestellt hatten, können sie auch weiter auf dem Buchenhof lassen, sagt Klaus-Peter Gothe. Auch die Reitlehrerin gehöre weiter zum Team, der Reitunterricht für die mittlerweile 85 Kinder solle beibehalten werden.

Klaus-Peter Gothe nennt es „ein ganz großes Glück“, dass sich alles so gefügt hat. Er sei dankbar, sagt er. Dankbar den Menschen, die mit ihm in den vielen Jahren zusammengearbeitet haben und denen, die ihm ihre Tiere anvertrauten. Dankbar ist er auch den neuen Eigentümern, die ihren eigenen Weg gingen und denen er dafür alles Gute wünsche.

Gothes setzen Schwerpunkt auf Kremserfahrten und Reitunterricht

Pferdesport war nicht das Metier von Klaus-Peter Gothe. Er legte den Schwerpunkt auf die Freizeitgestaltung mit Kremser- und Kutschfahrten, mit Reitunterricht für Kinder und Ferienfreizeiten. Gothe war auch gerne bei historischen Umzügen mit dabei.

Er erzählt vom Harzfest 2005 in Ilfeld und von Sachsen-Anhalt-Tagen, wo er mit Pferd und Wagen teilnahm. Kremserfahrten hat er vor allem für die Älteren organisiert, mit denen er dann Ausflüge etwa zur Harzer Likörfabrik oder zum Kaffeetrinken an den Heiligen Teich unternahm: „Wenn Sie da am Ufer sitzen, denken Sie, Sie sind in Bayern“, schwärmt er.

Dass er einmal einen Pferdehof haben würde, daran hatte er am Anfang seiner beruflichen Selbstständigkeit nicht gedacht. Denn zunächst sah alles so aus, dass der gelernte Fleischer, der sich nach der Wende mit einem Viehhandel selbstständig machte, auch erst einmal dabei bleiben würde.

„Einmal war ein Pferd dabei, und unsere Tochter, sie war damals neun oder zehn Jahre alt, fragte, ob wir das nicht behalten könnten“, erzählt er. Das Pferd blieb. Und dann kam BSE. Die auf den Menschen übertragbare Hirnkrankheit bei Rindern führte zur großen Krise in der Landwirtschaft. Gothes setzten fortan auf Pferde, auf Freizeitgestaltung und Tourismus.

Auf dem früheren Gelände einer Schweinemastanlage wurde der Reiterhof gegründet

Aus einer ehemaligen Schweinemastanlage machte das Ehepaar einen Reiterhof, zum dem auch eine Pension gehören sollte. Das aufzubauen, war ein Kraftakt, dem bald noch ein weiterer, ebenso wichtiger folgen sollte: Auf dem Gelände ließen Gothes 2003 eine Reithalle bauen.

Die anfänglichen Reiterferien für Kinder seien auch von Erwachsenen so gut angenommen worden, dass daraus „Ferien auf dem Bauernhof“ wurden, erzählt Ingeborg Gothe, die sich um die Versorgung der Gäste kümmerte und für die Ferienkinder kochte.

Die konnten sich dabei nicht nur mit Pferden beschäftigen, denn zum Reiterhof gehörte auch ein kleiner Streichelzoo. „Am Wochenende sind die Reiterkinder mit Schaf und Ziege spazieren gegangen“, erzählt Klaus-Peter Gothe, der mit einigen der Tiere auch trainierte - wenn klar war, dass er wieder an einem historischen Umzug beteiligt ist: „Eine Kuh zieht nicht einfach so einen Wagen“, erklärt er.

Harley-Fahrer aus Finnland machten Station in Rieder

Und dann gab es da noch ganz besondere Gäste, sagt Ingeborg Gothe. Eine Gruppe Harley-Davidson-Fahrer aus Finnland hatte während des großen Szenetreffs 2012 auf dem Ballenstedter Flugplatz in ihrer Pension Zimmer gebucht.

Der Aufenthalt hat Eindruck hinterlassen, auf beiden Seiten: Bei einer Tour einige Zeit später änderten sie auf ihrem Weg von Süddeutschland in den Norden die Route: „Sie sagten: Wir machen einen Schlenker und fahren zu Inge und Peter“, erzählt Klaus-Peter Gothe gerührt.

Ihre Feriengäste kamen zum Teil weit her, bis aus Kempten im Allgäu, sagt Ingeborg Gothe. „Sie sagten, es sei immer wieder, als wenn sie nach Hause kommen.“ Denn „es lief immer familiär ab“, setzt sie hinzu.

Für die Kindergärten der Stadt Quedlinburg war der Reiterhof eine feste Adresse: Zuckertütenfeste wurden dort regelmäßig gefeiert, auch die „Waldweihnacht“ in Rieder gehörte fest in den Terminkalender.

Klaus-Peter Gothe ist bekannt auch bei den Jüngsten. „Wenn ich durch den Ort fahre, dann winken mir auch schon mal Kinder zu und rufen: Hallo, Bauer Gothe!“ „Bauer Gothe“, überlegt er, und lacht. (mz)

Ingeborg und Klaus-Peter Gothe sehen sich Fotos von Hoffesten und anderen Veranstaltungen auf ihrem Reiterhof an.
Ingeborg und Klaus-Peter Gothe sehen sich Fotos von Hoffesten und anderen Veranstaltungen auf ihrem Reiterhof an.
Kunze
2003 ein Kraftakt für Klaus-Peter Gothe: der Bau der Reithalle.
2003 ein Kraftakt für Klaus-Peter Gothe: der Bau der Reithalle.
Jürgen Meusel