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Senioren-Wohnpark Thale als Vorreiter Senioren-Wohnpark Thale als Vorreiter: Bewohner dürfen ihre Haustiere mitnehmen

Von Tina Schwarz 17.06.2019, 08:21
Eine Bewohnerin des Senioren-Wohnparks Thale mit dem Hund von Cordula Mathe.
Eine Bewohnerin des Senioren-Wohnparks Thale mit dem Hund von Cordula Mathe. Senioren-Wohnpark Thale

Quedlinburg - Bei einem Umzug in ein Pflegeheim müssen sich viele Menschen nicht nur von ihrer Wohnung, ihrem Alltag und ihrem eigenständigen Leben trennen - sondern oftmals auch unter Tränen von ihren Haustieren.

Auch Detlef W. wäre es fast so ergangen, als er 2003 wegen gesundheitlicher Probleme in die Betreuung musste.

Seinen geliebten Kater Tapsi ins Tierheim zu geben hätte ihm das Herz gebrochen, schließlich sind er und sein grau-brauner Kater schon viele Jahre treue Gefährten.

Doch der Mann hatte Glück: Im Senioren-Wohnpark Thale ist die Haltung von Tieren nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht.

Senioren-Wohnpark Thale: Kontakt zu Tieren muss nicht abbrechen

„Nur weil Menschen ins Pflegeheim ziehen, soll der Kontakt zu Tieren nicht abbrechen“, sagt Manuela Pickert, die Leiterin des Senioren-Wohnparks Thale, der im Jahr 1994 gegründet wurde.

Die Bewohner können hier zusammen mit ihrem Haustier in einem Zimmer leben oder sich in einem Streichelzoo um Meerschweinchen und Kaninchen des Wohnparks kümmern.

Damit es den Tieren auch an nichts fehlt, gibt es Cordula Mathe.

Die Tierbeauftragte des Senioren-Wohnparks leitet die Unterbringung und Pflege der Heimtiere, organisiert Futter, Medikamente, Tierarztbesuche und sogar einen Hundefriseur. Die Kosten trägt der Tierbesitzer selbst.

Senioren-Wohnpark Thale: Doch was passiert, wenn der Bewohner stirbt?

„Das Besondere an unserer Einrichtung ist, dass wir die Tiere auch über den Tod des Tierhalters hinaus betreuen“, erklärt Cordula Mathe.

Wenn sich kein Familienmitglied findet, das das Tier nehmen kann, wird es entweder an einen anderen Pflegeheimbewohner oder in Zusammenarbeit mit dem Tierheim Quedlinburg in ein neues Zuhause vermittelt.

„Solange wir keins gefunden haben, bleibt es aber hier“, sagt Cordula Mathe. „Uns ist wichtig, dass kein Tier ins Tierheim muss.“

Senioren-Wohnpark Thale: Eine der wenigen Einrichtung mit Erlaubnis

Der Senioren-Wohnpark Thale ist eine der wenigen Pflegeeinrichtungen in Sachsen-Anhalt, bei denen die Haltung von Haustieren erlaubt ist.

Eine Auflistung solcher Häuser gibt es allerdings nicht, da die Haltung von Tieren nicht meldepflichtig ist.

Warum sich manche Pflegeeinrichtungen gegen Haustiere entscheiden, können sich Manuela Pickert und Cordula Mathe allerdings nur schwer erklären.

„Viele meinen, dass sie Tiere aus hygienischen Gründen verbieten“, sagt Cordula Mathe. „Wir schaffen es allerdings auch so, die Auflagen einzuhalten.“

Senioren-Wohnpark Thale: Personal hilft jederzeit

Zwar würden die Haustiere mehr Aufwand für das Pflegepersonal bedeuten, gibt die Leiterin Manuela Pickert zu.

„Doch alle meine Mitarbeiter ziehen an einem Strang. Und es ist ja nicht so, dass sich die Betreuung der Tiere nicht in den Pflegealltag integrieren ließe“, fügt sie hinzu.

„Wenn der Bewohner zum Beispiel nicht mehr alleine mit seinem Hund Gassi gehen kann, wird er einfach mitgenommen, wenn der Pfleger mit dem Bewohner spazieren geht“, erklärt Manuela Pickert.

Senioren-Wohnpark Thale: Hemmungen und Barrieren werden gelöst

Auch die beiden Berner Sennhunde von Cordula Mathe sind regelmäßig zu Gast im Senioren-Wohnpark.

„Viele Bewohner freuen sich, wenn sie die Hunde sehen“, sagt die Tierbeauftragte. Sie habe dabei beobachtet, dass die Tiere Hemmungen und Barrieren bei den Bewohnern lösen.

„Sobald die Hunde da sind, fangen die Leute an, miteinander zu sprechen.“

Viele Bewohner würden außerdem die Berührungen beim Streicheln des Felles genießen.

Auch ihre Haustiere weiterhin zu betreuen tue vielen Bewohnern gut. „Sie können sich noch um etwas kümmern, viele blühen dadurch wieder auf.“

Senioren-Wohnpark Thale: Positive Auswirkungen auf die Gesundheit

Dass sich Tiere positiv auf die Gesundheit eines Menschen auswirken, hat auch Silke Storz, Vorsitzende des Vereins „Tiere helfen Menschen“, beobachtet.

Seit mehr als 17 Jahren arbeitet sie mit Tieren. Mit ihren Hunden besucht sie regelmäßig Pflegeeinrichtungen, die keine Tiere halten.

„Viele Heimbewohner sind oft nicht in der Lage, ihr Haustier alleine zu versorgen. Doch in vielen Heimen haben die Pflegekräfte eine große Zeitnot. In den sowieso straffen Arbeitsablaufplan müsste dann die Tierversorgung mit untergebracht werden, auch durch Schichtpläne hindurch. Das ist nicht so einfach, und stößt oft auf Widerstand“, erklärt sie.

Doch trotz des Aufwandes würde sie sich wünschen, dass noch mehr Einrichtungen die Haltung von Tiere erlauben.

„Eine Aufnahme in ein Pflegeheim geht mit vielen Beziehungsabbrüchen einher: Gewohnheiten, vertraute Umgebung und Selbstbestimmung gehen verloren.“

Senioren-Wohnpark Thale: Oft der letzte Vertraute

Das Heimtier sei oft der letzte Vertraute. „Wenn ihm dieser auch weggenommen wird, findet die Verunsicherung und Vereinsamung häufig noch schneller statt“, sagt Silke Storz.

Zuerst wurden in Thale nur Tiere in der Therapie von Demenzerkrankten eingesetzt. Vor fünf Jahren wurde das Tierkonzept dann auf die gesamte Einrichtung erweitert.

Zurzeit leben hier eine Katze, Kaninchen und Meerschweinchen. „Wir haben einfach gespürt“, sagt die Tierbeauftragte Cordula Mathe, „dass dies der richtige Weg für uns ist.“ (mz)

(Der Artikel erschien erstmals im Mai 2018.)