Schloss Ballenstedt Schloss Ballenstedt: Warum ein DDR-Holzschutzmittel die Sanierungsarbeiten erschwert

Ballenstedt - Gearbeitet wird hier nur in Schutzanzügen. Darüber hinaus sind teilweise auch Atemschutzmasken Pflicht. Zum Beispiel, wenn Bauschutt aus dem Dachstuhl abtransportiert wird.
Diese außergewöhnlichen Sicherheitsvorkehrungen sind absolut notwendig. Denn alles hier ist kontaminiert. Kontaminiert mit giftigen Holzschutzmitteln.
Zu DDR-Zeiten wurden die Hölzer des Dachstuhls im Nordflügel des Ballenstedter Schlosses damit behandelt. Der ist seit Jahren dringend sanierungsbedürftig.
Jetzt laufen die Arbeiten. „Unter erhöhten Schutzbedingungen“, wie Wilfried Dette, Bauamtsleiter der Stadt Ballenstedt, sagt.
Dachstuhl einsturzgefährdet
Eigentlich sollte die Sanierung bereits Ende 2016 beginnen. Das Holzgutachten kam aber dazwischen. Es ergab die Kontaminierung der Dachstuhl-Hölzer mit den giftigen Mitteln Lindan und DDT. Dadurch musste vor Beginn der Arbeiten zunächst ein umfassender Sicherheitsplan her. Dieser forderte neben der Schutzkleidung auch, Schleusen mit Warnhinweisen - „Betreten verboten! Kontaminierter Bereich“ einzurichten.
Zudem „darf das Holz nur in geschlossenen Containern abtransportiert und als Sondermüll entsorgt werden“, sagt Dette. Wegen dieser Sondermaßnahmen verzögerte sich der Baustart um mehrere Wochen.
Dabei drängte die Zeit. Denn der Dachstuhl ist schon seit Jahrzehnten stark einsturzgefährdet. Wenn auch lange unbemerkt. „Das Schloss wurde früher als Forstfachschule genutzt. Dafür wurde der Dachstuhl ausgebaut, und Internatszimmer wurden eingerichtet“, erklärt Dette.
Das Problem: Um Raum für die Zimmer zu schaffen, wurden einfach tragende Balken aus dem Dachstuhl entfernt. „Vor ein paar Jahren hat sich das dann ein Statiker angeschaut. Der hat gesagt, dass er nicht weiß, warum das Dach überhaupt noch steht. Eigentlich hätte es schon längst krachen müssen“, sagt Dette.
Sanierung war längst überfällig
Gekracht hat es nicht. Eine Sanierung war aber dennoch lange überfällig. Bisher fehlte aber das Geld. Erst jetzt erhielt Ballenstedt aus dem Bund-Länder-Programm „Städtebaulicher Denkmalschutz“ die notwendigen 130.000 Euro für die Sanierung.
Seit Februar tragen Mitarbeiter einer Chemnitzer Firma kontaminierten Bauschutt aus dem Dachstuhl ab, ersetzen die für den Ausbau herausgenommenen Balken und tauschen morsche Hölzer aus. „Damit wollen wir die Stabilität des Dachstuhls für die nächsten Jahrzehnte sichern“, sagt Dette.
Von der Nutzung des Dachstuhls verabschiedet
Ambitionen zur Nutzung des Dachstuhls gibt es hingegen keine mehr. Die entdeckte Kontaminierung der Hölzer hat sie begraben. „Der Schlossverein, der den Nordflügel für sein Filmmuseum nutzt, wollte das Dachgeschoss eigentlich wieder ausbauen. Davon haben wir uns aber verabschiedet“, sagt der Bauamtsleiter.
Der Dachstuhl wird nun nur soweit begehbar gemacht, dass er regelmäßig kontrolliert werden kann. Dazu bauen die Zimmerleute auch permanente Sicherheitsschleusen ein. Die trennen dann den kontaminierten Bereich vom restlichen Schlossflügel.
Zehn Wochen sind veranschlagt
Zehn Wochen sind für die Arbeiten veranschlagt. Dann soll neben der wiederhergestellten Stabilität des Dachstuhls auch eine Dämmung angebracht sein. „Der Schlossverein möchte gerne, dass der Flügel beheizt wird“, erklärt Dette. „Daher haben wir uns gesagt, wenn wir schon mal da oben arbeiten, dann packen wir auch eine Dämmung rein.“
Weitere Arbeiten geplant
Damit die Dämmung auch ihren Zweck erfüllt, bräuchte es im Nordflügel erst einmal eine betriebswirtschaftlich praktikable Heizungsanlage. Die gibt es derzeit nicht. „Nur riesige Kessel, die unwahrscheinlich viel Gas verbrauchen“, sagt Dette.
Deshalb hat die Stadt vor, eine kleinere Heizungsanlage zu installieren. Außerdem will sie die Fassaden erneuern und die Zufahrtsstraße zum Schloss vollenden. „Dafür brauchen wir aber noch Finanzmittel“, so der Bauamtsleiter. Die Anträge dafür sind gestellt. Ausgang ungewiss.
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Die barocke Residenz setzt sich aus drei Flügeln zusammen. Der Nordflügel des Schlosses, dessen Dachstuhl derzeit saniert wird, beherbergt ein Filmmuseum. Es zeigt Exponate aus Kino- und Filmgeschichte. Im Südflügel befinden sich die fürstlichen Repräsentationsräume. Hier wird auch die Ausstellung „Die frühen Askanier“ über die Geschichte des Fürstengeschlechts gezeigt. Zudem befindet sich dort eine Kunstgalerie. Im schmalen Westflügel wird der einstige Speisesaal des Schlosses vom Restaurant „Klosterstuben“ genutzt. (mz)