Langenstein-Zwieberge Langenstein-Zwieberge: Was Schüler vom Sohn eines KZ-Häftlings erfahren

Langenstein-Zwieberge - George Petit hat Victoria Trepczyk aus Gernrode stark beeindruckt. Der heute 96-Jährige überlebte die Hölle von Langenstein-Zwieberge. „Ich habe ihn im April bei den Tagen der Begegnung hier kennengelernt“, erinnert sich die Schülerin der Gemeinschafts- und Sekundarschule Hagenberg.
Ihre Lehrerin Hanka Rosenkranz, langjährige Gedenkstättenpädagogin, deren Abordnung an die Gedenkstätte 2018 vom Kultusministerium nicht verlängert wurde, und Vorsitzende des dortigen Fördervereins, habe sie für das Thema sensibilisiert.
„Ich mag Geschichte und nehme darum an diesem Projekt teil.“ Das trägt den Titel „Ges(ch)ehen im Harzkreis“, wird vom Netzwerk „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ getragen und von der Magdeburger Landeszentrale für politische Bildung gefördert.
Jennifer Fulton, die Regionalkoordinatorin der Netzwerkes „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“, das im Quedlinburger Dachverein Reichenstraße seinen Sitz hat, gehört ebenso zum Betreuer-Team der fünftägigen Projektfahrt wie Anna Schwindack.
Schwerpunkt des Projekts liegt auf regionaler Geschichte
Die junge Frau erläutert: „Wir hätten natürlich bei einer Tour in die große deutsche Geschichte durch die Welt schweifen können. Aber wir wollten uns auf die regionale Geschichte fokussieren.“
Die Gernröder Lehrerin Hanka Rosenkranz meinte zum Projekt: „Wir sollten genau hinsehen, Orte, an denen wir möglicherweise jeden Tag mit einem flüchtigen Blick vorüberstreifen, auf ihre Historie abklopfen. Hausinschriften, Stolpersteine, Gedenktafeln, Gebäude - sie alle erzählen ebenso wie Zeitzeugen von der Geschichte.“
Auch Hausinschriften, Stolpersteine und Gedenktafeln sind Geschichte
Das tun die rund 20 jungen Leute, die sich zumeist schon länger im Netzwerk „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ engagieren. Sie kommen aus Gernrode, aus der Bosse-Schule Quedlinburg und der Seelandschule Nachterstedt, aber wie Benjamin Kutz auch vom Wolterstorff-Gymnasium Ballenstedt.
Er kennt den Stollen, den die Häftlinge in harter Knochenarbeit über ein Jahr in den Berg gruben. „Unglaublich, die 13 Kilometer lange Strecke, ein trauriger Rekord.“ Die Schüler, die die Projekt-Woche über im Naturfreundehaus Blankenburg wohnen, erkunden das ehemalige Lagergelände, gehen in den Stollen und treffen sich mit Zeitzeugen.
Schüler treffen André Baud, Sohn eines KZ-Häftlings aus Langenstein
So sprachen sie mit André Baud, Sohn eines Häftlings und Vertreter der „Gruppe der 2. Generation“, das sind Angehörige der Opfer des Konzentrationslagers Langenstein-Zwieberge. In dieser Woche setzten die jungen Leute das Erlebte, Gehörte, Erlesene künstlerisch in drei Workshops um.
Begleitet werden sie vom Klangkünstler und Musiktherapeuten Peter Filter und dem Gernröder Maler Michael Zeitzmann sowie der Jung-Dramaturgin Anna Schwindack.
Filmproduktion aus Zitaten und Erinnerungen ehemaliger Häftlinge
In ihren Händen liegt die Koordination einer ganz besonderen Filmproduktion. „Wir wollen aus Zitaten und Erinnerungen ehemaliger Häftlinge einen experimentellen Streifen gestalten. Dazu waren wir mit der Kamera im Stollen, werden die mit Peter Filter entstandene Musik und unsere eigenen Bilder und Gedanken einfügen.“
So entsteht kein klassisches Filmwerk, aber eine sehr individuelle 15-Minuten-Collage über regionale Historie. Dazu entwickeln die Schüler ein Booklet für die DVD, die künftig den Schulen zur Verfügung stehen wird. (mz)