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Nordharzer Städtebundtheater Landrat macht dem Verwaltungsdirektor Druck

Vereinsvorsitzender Balcerowski fordert Quartalsabschluss und regt an, die einen Dienstleister mit der Buchhaltung zu beauftragen.

Von Uwe Kraus 08.05.2021, 15:00
Ein Mann radelt an einem Aufsteller des Nordharzer Städtebundtheaters vorbei.
Ein Mann radelt an einem Aufsteller des Nordharzer Städtebundtheaters vorbei. Foto: dpa

Halberstadt - Die große Abrechnung im Großen Haus erwarten am Donnerstag viele Beteiligte und Besucher. Ging es doch bei der 124. Tagung der Zweckverbandsversammlung des Nordharzer Städtebundtheaters im Kern um die Jahresrechnung 2018. Zu diesem Tagesordnungspunkt vertagte sich die Verbandsversammlung bereits mehrfach.

Nun soll Jörg Heyne, der Verwaltungsdirektor des Theaters, Antwort auf 30 Fragen geben, die ihm das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises gestellt hat. Landrat Thomas Balcerowski (CDU), seit einigen Wochen Vorsitzender des Zweckverbandes, spricht bereits zum Auftakt von „umfangreichen und erheblichen Mängeln“ und legt dann nach: „Es gibt erhebliche Beanstandungen. Das sind keine Lappalien. Die Buchführung des Theaters ist nicht zufriedenstellend.“ Er macht dann allen Anwesenden klar: „Wir reden hier über uns anvertrautes Geld.“

Doch genau das passiert dann doch nicht. Entgegen der Erwartungen und begleitet vom heftigen Kopfschütteln der Mitarbeiter des Rechnungsprüfungsamtes im Saal, wollte der mit Aktenstapeln erschienene Jörg Heyne zu Antworten ansetzen.

Doch Vertreter der Verbandsversammlung hätten sich bei solch umfangreichen Fragestellungen gern vorher mit der Causa befasst und erwarteten dafür einen schriftlichen Bericht. „Hier alle 30 Fragen mündlich abzuhandeln, das sprengt den Rahmen und dürfte Stunden dauern“, argumentiert Quedlinburgs Oberbürgermeister Frank Ruch (CDU). „Wir sind so nicht in der Lage, über Vollständigkeit, Rechtmäßigkeit und Richtigkeit abzustimmen“, stellt der Landrat fest. „Ich setze Ihnen jetzt eine Frist.“

„Wir sind so nicht in der Lage, über Vollständigkeit, Rechtmäßig- und Richtigkeit abzustimmen. Ich setze Ihnen jetzt eine Frist.“

Landrat Balcerowski (CDU), Vorsitzender des Zweckverbands

Die Zweckverbandsversammlung folgt ihm einstimmig: Die Abstimmung wird abgesetzt, der 2018 zuständige Geschäftsführer des Zweckverbandes wird nicht entlastet, und auch der Beschluss zu einem „finanziellen Nachschuss für Defizite 2018“ wird vertagt.

Doch wie steht es aktuell um die finanzielle Lage des Nordharzer Städtebundtheaters? „Es gibt bis Juni keine Liquiditätsprobleme“, versichert der Verwaltungsdirektor. 2021 wurde noch keine Vorstellung gespielt. „Wenn unser Haus gewöhnlich 13 Prozent der Kosten selbst erwirtschaftet, bringt es uns aber schon in eine finanzielle Schieflage, wenn wir diese Erlöse nicht haben.“

Im Vorjahr habe das Theater ab 15. Mai eine Kurzarbeiterregelung genutzt. „Doch für die ersten vier Monate 2021 stehen noch rund 400.000 Euro beantragtes Kurzarbeitergeld aus.“ Thomas Balcerowski, Vorsitzender des Zweckverbandes, verlangt einen aktuellen Quartalsabschluss und regt an, aufgrund der vielen Beanstandungen des Rechnungsprüfungsamtes darüber nachzudenken, die gesamte Abrechnung an einen Dienstleister auszulagern.

Heyne begrüßt es ausdrücklich, gerade für die Jahresabschlüsse „externe Hilfe durch Wirtschaftsprüfer“ ins Haus zu holen. In der Buchhaltung existierten massive Personalprobleme. Dazu sei das verwendete Programm aus dem Jahr 2009 und seither nicht gepflegt worden.

Scheitert eine korrekte Buchhaltung an dem seit 2009 nicht erneuerten Programm?

Leichtem Kopfschütteln darüber im Saal folgte noch heftigeres, als bekannt wird, dass das Update für 5.000 Euro daran scheitert, dass dieses durch die Personalvertretung zustimmungspflichtig sei. Was Finanzexperten des Landrates bestätigen.

Landrat Balcerowski beauftragt Christian Fitzner, ehrenamtlicher Geschäftsführer des Zweckverbandes, und Intendant Johannes Rieger, sich Modellprojekte zu überlegen, um das kulturelle Leben im Harz wieder anzukurbeln. „Ich bin sicher, in sechs Wochen ist die Pandemie vorbei.“ Er wisse, „wir können hier Modellprojekte“.

„Wir haben ja in der Kreisstadt nicht mal einen Raum für den Neujahrsempfang“

Einen richtigen Treffer landet der Landrat, als er die Halberstädter Kulturseele streichelt und fragt, warum nicht endlich in Halberstadt ein „Mehrzweckbau mit Theaternutzung“ entsteht. „Wir haben ja in der Kreisstadt nicht mal einen Raum für den Neujahrsempfang.“ Johannes Rieger freut sich, dass der neue Landrat solche Pläne nun forciert.

Der SPD-Politiker Jörg Felgner habe mit dieser Idee vor Jahren Wahlkampf gemacht. „Ich dachte, mit Felgners Abgang ist das Projekt tot“, sagt der Intendant. Auch Halberstadts CDU-Oberbürgermeister Daniel Szarata wirkt begeistert. „Mit mir an der Stadtspitze ist alles machbar.“

Symbolisch schickt er einen Händedruck zu Parteifreund Balcerowski. „Zusammen können wir das wuppen.“ Der CDU-Landrat sagt das, was er im öffentlichen Teil der Versammlung bereits elfmal gesagt hat: „Wer nichts beantragt, der kriegt auch nichts.“ (mz)