Hoteliers fürchten um Geschäft Hoteliers fürchten um Geschäft: Waldsterben im Nationalpark Harz nimmt kein Ende
Halle (Saale) - Die sich ausbreitenden Waldschäden im Harz bereiten der Tourismuswirtschaft Sorgen. „Viele Besucher reagieren mit Unverständnis und Bestürzung auf das, was sie sehen“, sagt Carola Schmidt, Geschäftsführerin des Harzer Tourismusverbandes.
Vor allem das großflächige Baumsterben durch den Borkenkäfer im Nationalpark Harz „verstöre einige Gäste regelrecht“. Das „Waldbild“ sieht dort aktuell so aus: An vielen Hängen stehen nur noch braune Fichten. Einige Bäume sind bereits komplett kahl und werden beim nächsten Sturm wahrscheinlich umknicken.
Baumsterben im Harz: Hotels fürchten um Wanderer
Vor allem der beliebte Urlauberort Schierke sieht sein Tourismusgeschäft bedroht. „Wir haben hier viele Stammgäste, die unsere Region nicht mehr wiedererkennen“, klagt Ortsbürgermeisterin Christiane Hopstock. Sie fürchtet, dass „einige künftig nicht mehr wiederkehren“. „Ein Gast meinte, so sieht es wohl nach einem Atomunfall aus“, berichtet Hotelier Jens Weidlich vom Brockenstübchen.
Stürme, Dürre und Borkenkäfer haben in den vergangenen 18 Monaten vor allem die Fichtenwälder im Harz stark beeinträchtigt. Während private Waldbesitzer und Landesforst durch das Fällen der geschädigten Bäume versuchen, die Ausbreitung des Borkenkäfers zu verhindern, greift die Verwaltung des Nationalparks nur begrenzt ein.
„Wir setzen auf eine natürliche Verjüngung, der Wald wird danach stabiler und vielfältiger sein“, sagt Nationalparkleiter Andreas Pusch. Er zeigt sich jedoch auch überrascht, wie schnell sich die Schäden ausbreiten. Pusch schätzt, dass im Vorjahr etwa 800 Hektar Wald abgestorben sind. Die Gesamtschäden würden im Nationalpark, der sich auf etwa ein Fünftel der Fläche des Harzes erstreckt, bei etwa 3 500 Hektar liegen - das sind umgerechnet knapp 5 000 Fußballfelder.
Baumsterben im Harz: Wann erholt sich der Wald wieder?
Nach Schätzungen von Pusch wird es „etwa zehn Jahre dauern, bis neuer Wald angewachsen ist“. Er verweist auf eine ähnliche Situation im Nationalpark „Bayerischer Wald“ in den 90er Jahren. Heute habe sich dort ein vielfältiger und widerstandsfähiger Wald entwickelt. Das sehen auch die Umweltschutzverbände BUND und Nabu so, die künftig mehr Artenreichtum erwarten.
Es gibt aber auch kritische Expertenstimmen: „Ich halte das für den falschen Weg“, sagt Matthias Zscheile vom Holzimpulszentrum in Rottleberode (Landkreis Mansfeld-Südharz). Es werde eine Verjüngung geben, doch die werde aus Birken, Fichten und Buschwerk bestehen. „Dieser Wald wird weder für die Holzwirtschaft noch den Tourismus interessant sein.“ Durch die Dürre 2018 seien viele Jungpflanzen abgestorben. „Die Mondlandschaft könnte länger anhalten, als einige glauben“, meint Zscheile.
Baumsterben im Harz: Tourismusverband will informieren
Der Harzer Tourismusverband erarbeitet nun ein Konzept, um die Urlauber besser zu informieren. „Wir müssen erklären, was gerade im Nationalpark geschieht und dass sich die Situation auch wieder verbessern wird“, sagt Verbandschefin Schmidt. Umso wichtiger ist es aus ihrer Sicht, dass der Landesforst und die privaten Waldbesitzer „alles unternehmen, um ihre Wälder zu erhalten“. „Die brauchen wir jetzt als Erholungsgebiet“, so Schmidt.
Der Harz hat in den vergangenen Jahren von einer Zunahme des Tourismus und der Kurzzeit-Reisen profitiert. In Wernigerode stiegen die Übernachtungen 2018 um acht Prozent auf gut 970.000. In Schierke - einem Ortsteil - fiel die Steigerung mit 18 Prozent auf 224.000 gewerbliche Übernachtungen noch deutlicher aus. Insgesamt verbuchte die Harz-Region laut Verband zehn Millionen Übernachtungen - etwa 40 Prozent davon entfallen auf Sachsen-Anhalt. (mz)