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Schmalspurbahn unter Druck Harzer Schmalspurbahnen unter Druck der Gesellschafter: Harzgerode und Quedlinburg fordert Reformen

Von Susanne Thon 22.11.2019, 15:14
Eine Dampflokomotive der Harzer Schmalspurbahnen (HSB) verlässt den Bahnhof Wernigerode.
Eine Dampflokomotive der Harzer Schmalspurbahnen (HSB) verlässt den Bahnhof Wernigerode. dpa-Zentralbild

Harzgerode/Quedlinburg - Geld gegen Leistung. Das ist - auf den Punkt gebracht - die Forderung, die einige Gesellschafter der Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) nun auch Schwarz auf Weiß aufmachen. Harzgerodes Bürgermeister Marcus Weise (CDU) hat es in den vergangenen Monaten mehrfach betont und die Aussage am Dienstag erneut bekräftigt:

„Wir werden keinen Blankoscheck unterschreiben“, sagte er im Stadtentwicklungsausschuss. Die Verwaltung brachte eine Beschlussvorlage ein, die zwar eine Zahlung vorsieht, im ersten Drittel aber einem Forderungskatalog gleichkommt.

Die Stadt Harzgerode soll als HSB-Gesellschafter bald doppelt soviel bezahlen wie bisher

Hintergrund: Das Unternehmen braucht mehr Geld, um seine Kosten zu decken - alles in allem rund 15,5 Millionen Euro -, und will die Gesellschafterzuschüsse erhöhen. Harzgerode - die Stadt hält 5,4 Prozent - soll ab 2020 und bis 2034 jährlich knapp 83.000 Euro bezahlen, doppelt so viel wie bisher. „Das ist eine erhebliche Belastung, die wir zu schultern haben“, sagt Weise.

Harzgerode ist nicht der einzige Gesellschafter, der die Zahlung eines höheren Zuschusses an Bedingungen knüpfen will. Gleichlautende Beschlussvorlagen liegen den Stadträten in Quedlinburg sowie den Kreistagsmitgliedern vor. Sie können auf den Websites eingesehen werden.

Quedlinburg ist mit sechs Prozent an der HSB beteiligt; damit werden ab dem kommenden Jahr rund  92.000 Euro fällig. Und der Landkreis ist mit 42 Prozent der größte Gesellschafter; auf ihn kommen Kosten in Höhe von 644.000 Euro zu.

Marcus Weise kritisiert steigende Zahlungen bei gleichzeitigem Anstieg der Zugausfälle

„Wir können es keinem erklären, wenn wir mehr Geld geben und wieder Zugausfälle in Größenordnungen erleben“, sagte Weise. Das Selketal war in der Hinsicht in der Vergangenheit besonders gebeutelt: Dampf- wurden durch Dieselloks ersetzt, Triebwagen waren vermehrt im Einsatz, vor zwei Jahren fuhr ein historischer Bus statt der Züge. „Wenn ich mit Dampf werbe, muss ich mit Dampf fahren“, fordert der Bürgermeister.

Die Vorlage, die im Dezember beschlossen werden soll, enthält eine ganze Reihe konkreter Forderungen an die HSB: So sollen etwa auf der gesamten Strecke ganzjährig Dampfloks eingesetzt werden und die Fahrpläne mit denen der Harzer Verkehrsbetriebe und Abellio in Einklang gebracht werden - „für kürzere Warte- und Übergangszeiten“.

Die Gesellschafter wollen barrierefreie Zustiege zu den Zügen, Veranstaltungen, wie es sie mit der Rockoper „Faust“ auf dem Brocken gibt und mit den „Harzschützen“ im Harzgeröder Schlosshof mal gab, auf allen Streckenabschnitten. Auch die Belebung der leerstehenden Bahnhöfe fordern sie.

Harzer Schmalspurbahnen sollen bis Ende Juni 2020 ein Konzept vorlegen

Der Alexisbader Bahnhof sei als ortsbildprägendes Gebäude in einem miserablen Zustand, so Weise. All diese Punkte sollen sich in einem „Zukunftskonzept“ widerspiegeln, das bis zum 30. Juni 2020 von der HSB ausgearbeitet werden soll.

Eine weitere Bedingung für die Zahlung ist der Abschluss eines Verkehrsvertrages mit dem Land Sachsen-Anhalt. Verkehrsverträge regeln unter anderem Umfang und Qualität der von einem Verkehrsunternehmen erbrachten Leistungen.

Sowohl Sachsen-Anhalt als auch Thüringen - die beiden Länder sind die größten Geldgeber der HSB, tragen 90 Prozent der Gesamtfinanzierung - signalisierten bereits, ihre Beiträge erhöhen zu wollen, wenn sich die anderen Gesellschafter anschließen.

Dem will sich Weise auch gar nicht verweigern: „Wir kommen an der Finanzierungsverpflichtung nicht vorbei.“ Mit dem Beschluss habe man die Möglichkeit, auf die Entwicklung einzuwirken. „Der Einnahmeverlust, den die Stadt hätte, würde das Angebot ganz wegfallen, wäre deutlich größer“, räumt er ein.

In Harzgerode entscheidet der Stadtrat am 12. Dezember über den höheren Zuschuss an die HSB

Die HSB hat neben Harzgerode, Quedlinburg und dem Landkreis Harz noch sechs weitere Gesellschafter: Landkreis (20 Prozent) und Stadt (10 Prozent) Nordhausen, die Stadt Wernigerode (13 Prozent) und die Gemeinde Harztor (0,6).

Sie stimmten den höheren Zuschüssen bereits zu. 0,5 Prozent hält die Braunlage Tourismus GmbH. Bei der Stadt Oberharz am Brocken sind es 2,5 Prozent. Dort steht ein Beschluss zum Thema HSB-Zuschuss noch aus.

In Harzgerode entscheidet der Stadtrat am Donnerstag, 12. Dezember, darüber, ob er sich - unter den genannten Bedingungen - mit einem höheren Zuschuss, den die Stadt der HSB zahlen muss, abfinden kann. Am selben Tag steht die Finanzierung der HSB auch in Quedlinburg auf der Tagesordnung.

Der Kreistag befindet bereits am Mittwoch, 11. Dezember, darüber. Zuvor wird das Thema allerorts in den Ausschüssen beraten.

Nachdem alle Beschlüsse gefasst worden sind, soll es - ebenfalls noch im Dezember - eine Gesellschafterversammlung geben. Bei der HSB wollte man sich am Mittwoch noch nicht konkret zu den Vorlagen, die derzeit die Gremien passieren, äußern: Wenn es Forderungen gebe, müssten Gespräche geführt werden, sagte HSB-Sprecher Dirk Bahnsen. „Das sind alles Themen, über die geredet werden muss.“ (mz)

Die HSB braucht Geld. Die Gesellschafter wollen zahlen, aber nur unter bestimmten Bedingungen.
Die HSB braucht Geld. Die Gesellschafter wollen zahlen, aber nur unter bestimmten Bedingungen.
dpa