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Schmalspurbahn Harzer Schmalspurbahnen: Moderne Werkstatt soll ab 2021 Touristen anlocken

Von Uwe Kraus 05.10.2019, 12:55
Blick in die alte HSB-Werkstatt in Wernigerode - sie soll 2022 durch eine neue ersetzt werden.
Blick in die alte HSB-Werkstatt in Wernigerode - sie soll 2022 durch eine neue ersetzt werden. dpa

Wernigerode - Kein erster Spatenstich am Freitag, aber ein Baustart mit Minister, Kommunalpolitik und vor allem Schmalspurfreunden, die aus mehreren Bundesländern angereist waren. Schon seit Tagen tut sich etwas auf dem im Herzen von Wernigerode gelegenen Ochsenteichgelände. „Das freut uns nach

der langen Vorlaufzeit“, sagt Matthias Wagner, Geschäftsführer der Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB). Bagger räumen das Baufeld frei, die Baugrube ist bereits über einen Meter tief. Die neue Dampflokwerkstatt wächst bis 2021 aus dem hydrologisch schwierigen Terrain.

So drücken Verkehrsminister Thomas Webel (CDU), Wagner und HSB-Aufsichtsratsvorsitzender Peter Gaffert (parteilos) auf einen roten Knopf, der zum Pfeifen einer Dampflok eine Ramme in Betrieb setzt, die Spundwände in die Erde schlägt, um dem Bau Stabilität verleihen und das Grundwasser fernzuhalten.

Der Neubau soll die HSB unabhängig machen von Fremdfirmen

Die 10,5-Millionen-Euro-Investition - das größte Bauprojekt in der 28-jährigen Geschichte der HSB - soll das Unternehmen unabhängig von Fremdfirmen machen, wenn es um die Wartung der Lokomotiven geht. Alle acht Jahre sei eine Revision nötig. Dabei werden Dampflokomotiven bei der „schweren Instandhaltung“ umfassend untersucht und in über 4.000 Einzelteile zerlegt.

„Wir wollen Zeit und Kosten sparen“, so Wagner. Die Kosten in der Meininger Lokwerkstatt hätten sich in den vergangenen 25 Jahren verzehnfacht. Seit 2011 habe man in der Gesellschafterversammlung das Vorhaben diskutiert.

Und gerade bei den Thüringer Partnern in Nordhausen, Erfurt und Meiningen nicht nur Jubel geerntet. Nun erlebe nach der Entscheidung der Solidargemeinschaft aus heute neun Gesellschaftern - Kommunen und zwei Landkreise - „die HSB einen Tag für die Zukunft“.

Touristen soll schon bald die Reparaturarbeiten in der gläsernen Galerie verfolgen können

Touristen und Bahnenthusiasten werden die Möglichkeit haben, die Arbeiten in der gläsernen Galerie zu verfolgen. Diese gelungene Kombination mache die HSB noch attraktiver. Die bisherige Fahrzeugwerkstatt aus dem Jahre 1926 am Bahnhof Wernigerode-Westerntor zu erweitern, galt von vornherein als keine Option.

Der HSB-Fahrplan steht: 2020 Richtfest der 13,7 Meter hohen Werkstatt, in der auf 2500 Quadratmetern Fläche vier Gleise und drei Kräne Platz finden, Fertigstellung der neuen Dampflokwerkstatt im Frühjahr 2021, ab 2022 sollen die ersten Dampflokomotiven vollständig auseinandergebaut und entsprechend den rechtlichen Vorschriften untersucht und gewartet werden.

Wernigerodes OB macht auf das Problem des fehlenden Personals aufmerksam

„Für mich ein Doppelfreudentag“, jubelt Gaffert. „Als HSB-Aufsichtsratsvorsitzender und Oberbürgermeister von Wernigerode.“ Er wisse, die Entscheidung für Wernigerode sei schwierig gewesen. „Doch sie ist richtig. Schließlich sind wir das touristische Kraftzentrum des Landes, wie es der Wirtschaftsminister stets betont.“

Sein Stadtrat habe die Signale der Zeit verstanden und beschlossen, seine Zuschüsse für die HSB zu erhöhen. Doch Gaffert treibt noch eine andere Sorge um. Die HSB-Mitarbeiter müssten auskömmlich bezahlt werden. Es sei offensichtlich viel attraktiver, „im sauberen Anzug bei anderen Bahnunternehmen in den Triebwagen zu steigen, als in dunkler Kleidung Kohlen schaufeln zu müssen“.

Leider seien einige HSB-Mitarbeiter dem Lockruf gefolgt und von der historischen Lok gestiegen. Linke-Landtagsabgeordnete Monika Hohmann, die wie Angela Gorr, Frank Scheurell (beide CDU) und der SPD-Abgeordnete Andreas Steppuhn sowie die CDU- und Grünen-Fraktionsschefs des Kreistages den Baubeginn verfolgte, sorgt, dass eine hochmoderne Werkstatt entstehe, aber in der Perspektive fachkundiges Personal fehlen könnte: „Schon jetzt muss begonnen werden, das Personal zu qualifizieren.“

Verkehrsminister Webel kündigt neuen Vertrag zwischen den HSB, Thüringen und Sachsen-Anhalt an

Landesverkehrsminister Thomas Webel (CDU) hebt den Tourismus- und Wirtschaftsfaktor Schmalspurbahn hervor. „Wir arbeiten an einem neuen Vertrag mit der HSB. Klar ist aber, dass dabei auch unser Nachbarland Thüringen mitspielen muss.“ Er betont, dass sich die HSB keineswegs komplett von Meiningen abwende. Der CDU-Politiker stellt auch klar, dass für eine erfolgreiche Zukunft der HSB die Lohnstruktur stimmen und angepasst werden müsse. Wenn die Dampflokfreunde aus aller Welt in den Harz gelockt werden sollen, müssten die Züge auch zuverlässig fahren. (mz)

Oberbürgermeister Peter Gaffert, HSB-Chef Matthias Wagner und Verkehrsminister Thomas Webel drücken zum Start den roten Knopf.
Oberbürgermeister Peter Gaffert, HSB-Chef Matthias Wagner und Verkehrsminister Thomas Webel drücken zum Start den roten Knopf.
Uwe Kraus